Vernissage Willi Spiess wieder neu entdecken

Homburg · Am kommenden Montag wird im Saalbau die Eröffnung zu einer Werkschau des bekannten Homburger Künstlers stattfinden. Wir sprachen vorab mit seiner Tochter Sibylle und der Kuratorin Françoise Mathis-Sandmaier.

  Kuratorin Françoise Mathis-Sandmaier (links) und die Tochter des Malers, Sybille Spiess-Deckert, wollen im Saalbau die Vielfalt im Werk des Homburgers Willi Spiess zeigen.

Kuratorin Françoise Mathis-Sandmaier (links) und die Tochter des Malers, Sybille Spiess-Deckert, wollen im Saalbau die Vielfalt im Werk des Homburgers Willi Spiess zeigen.

Foto: Sebastian Dingler

Der Homburger Maler Willi Spiess (1909-1997) hat ein riesiges Werk hinterlassen. Die meisten werden das von ihm geschaffene Mosaik kennen, das früher im Hallenbad hing und jetzt einen neuen Platz im neuen Gebäude I-Med an der Uniklinik gefunden hat. Dafür ist Sybille Spiess-Deckert dem kaufmännischen Direktor des Uniklinikums, Ulrich Kerle, sehr dankbar.

Die Tochter des Malers ist derzeit dabei, eine weitere Willi Spiess-Ausstellung im Saalbau vorzubereiten. 2009 hatte es zum 100. Geburtstag des Künstlers bereits eine solche gegeben. Unterstützt wird Spiess-Deckert von der Kuratorin Françoise Mathis-Sandmaier. Die Tochter traf die Vorauswahl, die Kunstexpertin half bei der endgültigen Entscheidung, welche Bilder aus dem umfangreichen Nachlass gehängt werden. „Malerische Abstraktion – Von der Figuration bis zum Informel“ nennt sich die Ausstellung, die zum einen zeigen soll, wie Willi Spiess sich künstlerisch immer weiter entwickelte und zum anderen, welche Vorreiterrolle er in der damaligen Kunstlandschaft eingenommen hatte.

Der Begriff „Figuration“ ist zwar wenig gebräuchlich, aber dennoch gut verständlich: Das figürliche Malen ist damit gemeint. In der Ausstellung werden die Zeichnungen von Landschaften oder Menschen, die Spiess auch während der Jahre an der Front des Zweiten Weltkriegs anfertigte, nur eine kleine Rolle einnehmen. Bedeutend war der Maler für die Stilrichtung des Informel: „Nicht gegenständlich, aber auch nicht abstrahierend“, definiert Mathis-Sandmaier diese Richtung, die ihren Ursprung im Nachkriegs-Frankreich hatte. „Das war eine eigenständige, noch nicht da gewesene Form.“

Spiess hatte gute Kontakte nach Frankreich und stellte schon in den Fünfzigerjahren mehrmals dort aus. „Dort hätte er vielleicht bleiben sollen“, meint Mathis-Sandmaier, denn: „Französische Kritiker sagten ihm eine große Karriere voraus.“ Sybille Spiess-Deckert erzählt davon, dass ihr Vater und sie oft darüber geredet haben, was gewesen wäre, wenn er ganz nach Frankreich gezogen wäre (ein Jahr verbrachte er in Paris).

„Er war aber sehr heimatverbunden und er hatte ja auch mich und seine Frau. Er hätte ein paar Jahre sich erstmal allein in Frankreich aufhalten müssen, dafür hat er zuviel Heimweh.“ Also gründete Spiess im Saarland mit anderen die Neue Gruppe Saar, nahm Lehr- und Malaufträge an und versuchte sich und seine Familie über Wasser zu halten. In der Robert-Bosch-Schule arbeitete er als Werkserzieher, parallel dazu kamen die ersten Aufträge, ganze Wände zu gestalten - wie etwa im Hallenbad. „Das hat uns das Leben gerettet“, ist Sybille Spiess-Deckert heute noch froh über die finanzielle Wende in ihrem Elternhaus. Die Ausstellung zeigt nicht nur den Wandel in Spiess’ künstlerischem Schaffen, sie demonstriert auch die enorme Vielfalt seiner Bilder. Die könnten auch von ganz unterschiedlichen Malern stammen, so sehr dachte sich Spiess immer wieder in neue Stilformen und Maltechniken hinein. Titel haben die meisten Bilder keinen. Wieder erzählt die Tochter: „Ich sagte immer, Mensch, schreib doch mal einen Titel drauf. Aber er sagte, wozu? Er hat halt aus dem dem Empfinden heraus gestaltet. Er sagte auch, er wolle einen Betrachter nicht einschränken in seiner Phantasie.“

Interessant ist auch, wie Spiess die eigenen Werke zuweilen wieder herauskramte und an ihnen weiterarbeitete - das sieht man auf einem Foto, das den Maler mit einem Bild in den 70er Jahren zeigt. Daneben hängt dasselbe Bild, jedoch fast komplett übermalt in den 90er Jahren. „Das ist nicht fertig, da hat was gefehlt“, habe er dazu gesagt. „Die Bilder sind nicht Produkt des Zufalls“, meint Mathis-Sandmaier, „Spiess führt Regie und lässt bewusst den Zufall an bestimmten Stellen gewähren. Es ist eine Mischung aus Spontaneität und Kalkül.“

Zur Ausstellungseröffnung am Montag, 25. März,  18.30 Uhr, wird die Kuratorin ins Werk einführen, außerdem werden Wollie Kaiser und Udo Lovisa auf zwei Basssaxofonen musizieren.

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