Jubiläum Auf Zeitreise durch Kirrberg

Kirrberg · Schlagbäume und ein Grenzhäuschen erinnerten zum 70. Jahrestag am Dienstag an die Angliederung an das Saarland.

 Unter den Augen der „Zöllner“ aus den Reihen der „Freunde Kerbricher Fasenacht“ zersägten Theophil Gallo, Markus Uhl, Manuel Diehl und Michael Forster (von links) den symbolischen Schlagbaum.

Unter den Augen der „Zöllner“ aus den Reihen der „Freunde Kerbricher Fasenacht“ zersägten Theophil Gallo, Markus Uhl, Manuel Diehl und Michael Forster (von links) den symbolischen Schlagbaum.

Foto: Thorsten Wolf

Nein, an Symbolträchtigkeit haben die Kirrberger bei ihrer Feier zum 70. Jahrestag der Rückkehr des Ortes ins Saarland am Dienstag wahrlich nicht gespart: Ein Zollhaus am Kreisel in Höhe des Marktplatzes, Schlagbäume mit der Aufschrift „Zoll – Douane“ auf den bekannten rot-weißen Schildern und „Zöllner“, die in französischen Uniformen nach Schmuggelware suchten. So glich der Nachmittag in „Kerbrich“ einer Reise in die Zeit, in der man beim Übertritt vom pfälzischen Kirrberg ins Saarland Grenzkarten und Ausweise benötigte. 70 Jahre ist das nun schon her. „Das bin ich und das ist meine Mutter“, erzählte Gertrud Backes, die mit einem Pass und einer so genannten „Grenzkarte“ aus der damaligen Zeit zum großen Fest am Kreisel gekommen war. „Mein Vater kommt aus Kübelberg. Und Kübelberg war ‚über der Grenze‘. Und wenn man über die Grenze musste, dann musste man ein Visum haben.“

Als Gedächtnis der Feier fungierte am Dienstag Ortsarchivar Friedel Dejon, der zum einen beim offiziellen Teil der Feier an die Geschichte erinnerte, zum anderen im ehemaligen Bürgermeisteramt auch eine kleine Ausstellung mit Dokumenten vorbereitet hatte. Was nun die Symbolik des Nachmittags anging, würdigten die Redner – Kirrbergs Ortsvorsteher Manuel Diehl, Homburgs Bürgermeister Michael Forster, Saarpfalz-Landrat Theophil Gallo und der Bundestagsabgeordnete Markus Uhl – die Rückkehr Kirrbergs zum Saarland und den Wegfall der damaligen Grenze für Kirrberg vor allem vor dem Hintergrund des europäischen Gedankens und auch der anstehenden Europawahl. Wobei man fairerweise sagen muss, dass die Grenze vor 70 Jahren ja nicht wirklich wegfiel, sondern nur von „vor Kirrberg“ an den neuen Platz „hinter Kirrberg“ verlegt wurde. Nichts desto Trotz beschworen alle Offiziellen den Geist der Gemeinsamkeit, der hinter dem Wegfall des Schlagbaums vor 70 Jahren stehe – nicht ohne Grund, machte der symbolisch reaktivierte „Grenzübergang“ doch klar, was ein Europa der Schlagbäume heute bedeuten würde. „Unser Gedanke war, hier mit einem symbolischen Akt ein Zeichen zu setzen und einfach mal den Leuten zu zeigen, wie gut es uns geht – weil die Grenzen und Mauern in Europa gefallen sind und das wir uns in Europa frei bewegen können“, so Manuel Diehl, „das ist keine Selbstverständlichkeit.“ Ziel des Tages sei es auch, zu zeigen, dass man selbst vor Ort ein Stück weit verantwortlich sei für Europa, „dass wir selbst das Geschehen in der Hand haben.“

Während die „Zöllner“ aus den Reihen der „Freunde Kerbricher Fasenacht“ an der symbolischen Grenze ihren Dienst versahen und den Verkehr nach „Schmuggelwaren“ kontrollierten, griffen Forster, Gallo und Uhl die pro-europäischen Gedanken Diehls auf. Aber natürlich gab’s auch Lokalkolorit mit einem Augenzwinkern. „Seit die Kerbricher in Homburg sind, machen sie uns natürlich viel Freude. Aber das eine oder andere Mal machen sie uns auch ein bisschen Ärger und Kummer.“ Was Michael Forster damit wohl gemeint haben könnte? „Spaß bei Seite: Ich bin froh, dass Kirrberg dem Weg nach Homburg gefunden hat, wenn man weiß, dass Grenzen und Schranken wie vor 70 Jahren, zum täglichen Hindernis wurden.“ Vor diesem Hintergrund, so Forsters Überzeugung, sei es wichtig, dass ein offenes Europa ohne Grenzen weiterhin existiere. „Denn ein besserer Austausch unter den Menschen führt zu einer besseren Verständigung untereinander.“

Landrat Gallo bezeichnete den 23. April 1949 und die Rückkehr des Ortes ins Saarland als „Kerbrichs Wiedergeburt“. Er erinnerte an die 90-prozentige Zustimmung, mit dem die Kirrberger sich damals für diesen Schritt entschieden hatten. Mahnend warnte er vor der Idee eines „Europas der Nationalstaaten. Von diesem Gedanken sollten wir uns frei machen. Wir sollten an das Vereinigte Europa denken, an die Vereinigten Staaten von Europa“. Schlussredner Markus Uhl schließlich zeigte sich froh darüber, dass die Zeit der Schlagbäume in Europa überwunden sei. Dafür zu sorgen, dass diese Zeit nicht mehr zurückkomme, sei Motivation genug für die Europawahl. „Wir wollen offene Grenzen!“

Abseits so vieler europäischer Gedanken entwickelte sich, musikalisch begleitet von der Pfarrkapelle Kirrberg, ein buntes Fest. Und um der Symbolik des Nachmittags abschließend Genüge zu tun, zersägten Diehl, Forster, Gallo und Uhl am Ende des offiziellen Teils dann auch noch unter dem Motto „Kirrberg im Herzen – Europa im Sinn. 70 Jahre grenzenlos. 1949 bis 2019“ den Schlagbaum.

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