Mehr als 300 Betroffene und Angehörige Mutmaßlicher Missbrauch-Skandal an Homburger Uni-Klinik: Jetzt startet Expertenkommission mit der Aufarbeitung

Homburg · Nach dem Tod des Mediziners, der an der Uni-Klinik in Homburg Kinder missbraucht haben soll, stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ein. Damit ist der Fall aber für die möglichen Betroffenen längst nicht erledigt. Ein Expertengremium will sich nun mit der Aufarbeitung befassen.

 An der Kinder- und Jugendpsychiatrie sollen Patienten von einem mittlerweile verstorbenen Mediziner missbraucht worden sein.

An der Kinder- und Jugendpsychiatrie sollen Patienten von einem mittlerweile verstorbenen Mediziner missbraucht worden sein.

Foto: dpa/Oliver Dietze

An die 300 Menschen könnten von den mutmaßlichen Missbrauchsfällen an der Universitätsklinik in Homburg zwischen 2010 und 2014 betroffen sein. Erst 2019 war der Skandal ans Tageslicht gelangt. Seitdem ist auch der saarländische Landtag damit befasst: Ein Untersuchungsausschuss bemüht sich um Aufklärung.

Auch die Saarbrücker Staatsanwaltschaft ermittelte, stellte das Verfahren aber nach dem Tod des beschuldigten Mediziners Matthias S. an der Kinder- und Jugendpsychiatrie ein.

Damit ist all das jedoch nicht zu den Akten gelegt. Jetzt sollen externe Experten in einer Kommission die Vorkommnisse aufarbeiten. Sie beginnt am Dienstag, 2. November, mit einer öffentlichen Auftaktveranstaltung ihre Arbeit. Zwischen 14 und 16 Uhr kommt sie dazu im Saalbau der saarpfälzischen Kreisstadt zusammen.

Der Aufarbeitungskommission mit Geschäftsstelle in Saarbrücken gehören sechs Fachleute an. Die Leitung hat Jörg Ziercke, ehemaliger Präsident des Bundeskriminalamtes und heute Bundeschef der Opferbetreuungsorganisation Weißer Ring. Des Weiteren sind unter anderem Richter, Betroffene und Vertreter der Kinder- und Jugendpsychiatrie dabei. Ärzte sollen im Laufe der Arbeit Patientenakten analysieren.

Dazu sollen seitens der Aufarbeitungskommission die 300 möglichen Betroffenen und deren Angehörige geladen worden sein. Wichtig für die Arbeit: Ohne deren Einwilligung haben die Experten keine Chance, Einblick in die entsprechenden Patientenakten zu nehmen. Das ist allerdings Voraussetzung, um die Fälle zu durchleuchten. Darum habe das Gremium bereits im Vorfeld geworben, die Patientenakten freizugeben, von der ärztlichen Schweigepflicht zu entbinden.

Nach bisherigen Plänen wollen die Experten im Auftrag des Uni-Klinikums bis Ende 2022 arbeiten. Dem Gremium gehört nach eigenen Angaben ein Beirat mit neun Mitgliedern an. Diesen leitet die ehemalige Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (SPD).

Die Veranstaltung wird auch im Internet übertragen. Hier geht es zum Livestream.

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