Musiksommer Schnelle Finger auf dem Griffbrett

Homburg · Das Joscho-Stephan-Quartett begeisterte beim Musiksommer die Zuhörer auf dem Homburger Marktplatz mit virtuosem Gypsy-Swing.

  Wenn der Vater mit dem Sohne: Günter Stephan (rechts) begleitete seinen Sohn, den Gitarrenvirtuosen Joscho Stephan zusammen mit Bassist Volker Kamp und Geiger Sebastian Reimann.

 Wenn der Vater mit dem Sohne: Günter Stephan (rechts) begleitete seinen Sohn, den Gitarrenvirtuosen Joscho Stephan zusammen mit Bassist Volker Kamp und Geiger Sebastian Reimann.

Foto: Sebastian Dingler

Normalerweise ist das ja so in den berühmten Sinti-Musikerfamilien: Da werden die Jungs schon früh ans Instrument gesetzt – und es wird schon früh eine Talentauslese betrieben. Das könnte man auch bei Joscho Stephan vermuten, der als typischer Gypsy-Jazzgitarrist in die Fußstapfen des großen Django Reinhardt tritt. Allerdings ist das bei ihm anders, obwohl Vater Günter mit ihm auf der Bühne steht. „Wir sind keine klassische Musikerdynastie“, sagte Stephan senior im Pausengespräch, „mein Vater war zwar Roma, aber kein Musiker“. Den sechsjährigen Joscho habe er in den Gitarrenunterricht geschickt, aber damals sollte der Sprössling Klassik lernen. Weil Vater Günter die Schwierigkeiten des Profimusiker-Daseins kannte, musste Joscho zunächst eine Lehre absolvieren.

Aber der Chef saß in der Concorde, die in Paris abstürzte – das tragische Unglück half dann mit, dass Joscho Stephan ganz auf die Musik setzte. „Talent hatte er schon als Kind, das ist angeboren. Der kann einfach nicht falsch spielen – weil das nicht geht“, meinte der Vater mit Nachdruck. Als der Angesprochene später zu dem Gespräch stieß, sagte er mit einem Lachen: „Alles, was mein Vater gesagt hat, stimmt!“. Er habe einfach das Glück gehabt, dass er zu Hause jemanden hatte, der ihn an der Rhythmusgitarre begleitet. Erst mit 13, 14 Jahren habe er sich auf den Gypsy-Jazz konzentriert. Dass Joscho Stephan keine falschen Töne spielt, hörten die etwa 300 Zuschauer auf dem Homburger Marktplatz, wo er mit seinem Vater, Kontrabassist Volker Kamp und Geiger Sebastian Reimann jetzt zum ersten Mal beim Musiksommer auftrat.

„Es war Zeit, dass wir den mal zeigen in Homburg“, sagte der Kulturbeigeordnete Raimund Konrad. In der Tat stellte der Gitarrist aus Mönchengladbach ein besonderes Erlebnis dar. Seine Finger wanderten mit sagenhafter Geschwindigkeit übers Griffbrett, meisterten die virtuosesten Passagen mit Bravour und schienen nie zu ermüden. Zumindest sah man da keinerlei Anzeichen in Stephans Gesicht. Spielte das Quartett im ersten Teil noch einige eigene Gypsy-Nummern, so kamen im zweiten Teil zwei „Ausreißer“ zu Gehör: Einmal eine Adaption von Mozarts Rondo alla turca, zu der sich Stephan die wunderbar bizarre Geschichte von Mozart als türkischem Zuckerbäcker ausgedacht hatte.

Zum anderen den in der Version von Jimi Hendrix bekannten Song „Hey Joe“, dem das Quartett einen Gypsy-Anstrich verpasste. Mozart und Hendrix, zwei große Virtuosen ihrer jeweiligen Zeit, das passte gut zum Können von Joscho Stephan, für dessen Soli immer wieder heftiger Applaus aufbrandete.

Dem größten Gypsy-Virtuosen, Django Reinhardt, huldigte Stephan am Ende mit dem berühmten Minor Swing. Viele seiner Kollegen wollten ja dieses Stück nicht mehr spielen, erzählte er in der Pause. Es sei einfach zu abgelutscht. „Ich glaube aber, das ist der falsche Weg. Man muss die Leute ja auch begeistern für die Musik. Den Minor Swing verbindet man mit Django Reinhardt, wieso sollte man den dann weglassen?“.

Die Zuhörer hatten teilweise wegen Stephan einen längeren Weg auf sich genommen. So etwa Jürgen Renner aus Dudweiler: „Ich fand es ausgezeichnet und habe ihn schon öfter gehört. Aber heute, finde ich, hat er Weltklasse gespielt. Im Quartett war das noch besser als im Trio. Heute herzukommen war für mich ein Muss.“ Auch Winfried Raab aus dem Mandelbachtal war gezielt zu dem Konzert gekommen: „Ich kannte ihn schon von einem anderen Konzert am Schloss in Saarbrücken. Da war ich so begeistert, dass ich nicht umhin konnte, heute hierher zu kommen. Er hat die Erwartungen mehr als erfüllt. Ich war auch überrascht, dass das Konzert so lange ging. Am Schloss war das höchstens eine Stunde, hier doch deutlich mehr.“ Peter Babst war aus der Lebacher Ecke nach Homburg gereist. „Ich fand das sehr angenehm und beruhigend. Ich schalte da zwei, drei Stunden ab, vergesse links und rechts alles und kann mich da ganz drauf konzentrieren.“ Ein generelles Lob für den Musiksommer hatte Peter Wegner aus Bexbach parat: „Das ist mit Abstand das schönste, was Homburg zu bieten hat.“

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