Nah beim Itzenplitzer Weiher Eine Hommage an ein altes Handwerk

Das Hufbeschlag-Museum in Heiligenwald ist eines von dreien, die es weltweit zu diesem Thema gibt. Nach dem Beispiel der gläsernen Manufaktur bei Mercedes wurde der Ausstellungsraum konzipiert.

 Hochmodern oder antik – Andreas und Matthias Müller halten zwei überaus verschiedene Varianten in die Kamera. Rechts: Lädt zum Verweilen ein: Die Vielfalt aus aller Herren Länder und aus den unterschiedlichsten Epochen.

Hochmodern oder antik – Andreas und Matthias Müller halten zwei überaus verschiedene Varianten in die Kamera. Rechts: Lädt zum Verweilen ein: Die Vielfalt aus aller Herren Länder und aus den unterschiedlichsten Epochen.

Foto: Merkel Carolin/Carolin Merkel

In unmittelbarer Nachbarschaft zum Itzenplitzer Weiher im Schiffweiler Ortsteil Heiligenwald gelegen lädt eine ganz besondere Sammlung längst nicht nur Pferdefreunde zu einem Besuch ein. Auf den ersten Blick scheint das Museum, in dem Andreas und Matthias Müller die zahlreichen Hufeisen zusammengetragen haben, sehr speziell zu sein. Wobei, längst nicht alle Exponate sind aus Eisen, das Museum zeigt die Vielfalt, aber auch die Historie des Hufbeschlags.

„Wir selbst müssen manchmal schmunzeln, wenn wir sagen: ‚Gib mir mal das Alu-Hufeisen’“, erzählt Andreas Müller. Er ist der ältere Bruder, hat wie Matthias die Liebe zum Hufbeschlag vom Vater und Großvater geerbt. Inzwischen sind die Gebrüder Müller in der fünften Generation als Hufschmiede tätig. Fast wäre die Familientradition nicht fortgeführt worden: „Unser Großvater hat es unserem Vater verboten, Hufschmied zu werden. Die Arbeit sei viel zu schwer und es sei schwer verdientes Geld“, erzählt Andreas Müller.

Das Meisterstück von Opa Eduard Müller aus dem Jahr 1955 hat einen Ehrenplatz im Museum gefunden. Ebenso viele Schriften, Hufbeschläge und -nägel sowie zahlreiche Raritäten, die in Familienbesitz sind. Vieles hat Andreas Müller bereits in seiner Jugend akribisch gesammelt. „Am Ende war mein Jugendzimmer vollgestopft, für die Freundin war das nicht so schön“, erinnert er sich. Schließlich reifte die Idee heran, einen Ausstellungsraum zu schaffen. Sie seien damals dabei gewesen, die Schmiede zu bauen, und dachten, „wenn wir schon bauen, dann so, wie es sonst keiner hat“, sagt Andreas Müller. Die Idee dahinter, ergänzt Matthias Müller, entstammt der gläsernen Manufaktur bei Mercedes. „Bei uns kommen die Leute nicht mit einem Wagen, sondern mit ihrem Pferd. Es ist immer schwierig, Halter und Tier zu trennen. Mit der Schmiede und dem angegliederten Museum hier vor Ort können wir den Besitzern alles erklären. Es handelt sich um ein archaisches Handwerk“, sagt Andreas Müller.

Weit mehr als ein perfekter Zeitvertreib ist beim Besuch der Schmiede der Blick in die Ausstellung. Andreas Müller nennt es im Gespräch scherzhaft „alten Krempel angucken“ – doch es ist sehr viel mehr, was die beiden in den Vitrinen zusammengetragen haben. Wie viele Exponate sie mittlerweile ausgestellt haben, können die beiden nicht beantworten, allein rund 400 Schriften über das Handwerk haben sie gesammelt. „Ich habe mal bei den ersten Vitrinen mit einer Tabelle begonnen, aber das würde viele Monate dauern, bis ich alles erfasst habe“, sagt Andreas Müller.

Schwere braune Ledersessel, dazu ein dunkler Holztisch, sie fallen beim Betreten der Museumsräume gleich ins Auge. Bei einem Kaffee können es sich Pferdebesitzer hier gemütlich machen. Doch viel zu verlockend sind die Exponate, die in den Vitrinen warten. So erhält der Besucher gleich zu Beginn einen beeindruckenden Überblick über den Aufbau eines Pferdebeines, mal als echtes anatomisches Präparat, mal aus dem 3D-Drucker. Längst Vergangenes gepaart mit Hochmodernem, das findet sich im Museum an vielen Stellen.

So sind die ältesten Exponate wohl die Hippo-Sandalen aus der Römerzeit, ultraleichte und hochmoderne Hufbeschläge aus Kunststoff oder Titan, einmal gar mit Swarovski-Steinen besetzt, liegen gleich in der Vitrine nebenan.

Was es in die Ausstellung schafft, entscheiden die beiden spontan. Doch eines ist klar: Es muss zum Thema Hufbeschlag passen und selbst dann müssen sie beide die Reißleine ziehen und mit Bedacht auswählen. „Wir bekommen oft Dinge rund ums Pferd angeboten, doch das würde das Museum sprengen. Wir wollen in unserer Sammlung den Hufbeschlag in all seinen Facetten abbilden“, sagt Andreas Müller. Für eine Führung durch die Ausstellung sollte man etwas Zeit mitbringen, das Fachwissen ist enorm, der Berufsalltag der beiden Hufschmiede spielt immer wieder in die Erläuterungen.

Der Hufbeschlag, damals wie heute, hat zwei Ziele: „Zum einen hilft er bei orthopädischen Problemen, zum anderen ist er immer dann angesagt, wenn ein Tier seinen Huf stärker abnutzt, als er nachwächst“, erklärt Matthias Müller. Dass Hufbeschläge längst nicht nur bei Pferden, sondern auch bei Nutztieren wie Ochsen und Kühen genutzt wurden, auch darüber berichten die Exponate. Am höchsten geschätzt waren Hufschmiede in den beiden Weltkriegen, davon zeugen zahlreiche Exponate. Wie es den Pferden als Fluchttier auf dem Schlachtfeld ergangen sein muss, das macht Andreas und Matthias Müller betroffen.

Wie eng die Bindung zu einem Pferd war, dokumentieren die zahlreichen Hufe, die als Ehrerbietung unter anderem als Aschenbecher mit gravierter Einschrift gearbeitet wurden. In die Sammlung aufgenommen hat Andreas Müller bewusst auch eine Gasmaske und einen Tierschutzkasten für das Pferd. Das zeigt er sehr oft den jungen Hufschmieden in den Seminaren, die im Obergeschoss des Museums angeboten werden.

Kein Krieg, aber doch Konkurrenzkampf herrscht bei den Tüftlern, die immer wieder versuchen, mit neuem Material auf den Markt zu drängen. Viele Prototypen, die es nicht geschafft haben zu überzeugen, haben die beiden Müllers gesammelt und ausgestellt. „Die Probleme sind ja nicht neu, immer wieder wird etwa versucht, die Beschläge mit Gummi oder Ähnlichem zu modifizieren oder es wird geklebt statt genagelt“, erläutert Andreas Müller. Zu sehen gibt es auch Hufnägel, mittlerweile schon mal aus Kunststoff. Sorge bereitet Andreas Müller ein wenig der Handel aus China, hier drängen immer mehr Hufbeschläge auf den europäischen Markt, erklärt er.

Die Zeit beim Besuch des Museums vergeht wie im Flug, es gibt so viel zu entdecken, gerade auch für Besucher, die sich bisher nicht mit Hufbeschlägen auseinandergesetzt haben, bieten Andreas und Matthias Müller einen sehr spannenden Einblick in ihr jahrhundertealtes Handwerk. Und ganz nebenbei erwähnt Andreas Müller: „Gerade mal drei Museen weltweit widmen sich diesem Thema. In Oklahoma wurde die Sammlung gerade an die Universität übergeben, in England gibt es einen privaten Sammler. Mit ihm stehen wir im regen Kontakt.“

Hufbeschlagmuseum Andreas und Matthias Müller, Am Itzenplitzer Weiher 22, 66578 Schiffweiler, Tel: (0 68 21) 6 47 37

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Foto: Merkel Carolin/Carolin Merkel
 Diese Hufnägel gehören zu den Raritäten im Museum in Heiligenwald.

Diese Hufnägel gehören zu den Raritäten im Museum in Heiligenwald.

Foto: Merkel Carolin/Carolin Merkel
 Eines der ältesten Exponate: die Hippo-Sandale aus römischer Zeit.

Eines der ältesten Exponate: die Hippo-Sandale aus römischer Zeit.

Foto: Merkel Carolin/Carolin Merkel
 Schon früh hat man sich Gedanken darüber gemacht, wie ein Hufeisen dem Pferd helfen kann.

Schon früh hat man sich Gedanken darüber gemacht, wie ein Hufeisen dem Pferd helfen kann.

Foto: Merkel Carolin/Carolin Merkel
 Eine Ehrerbietung: Der Huf eines Pferdes als Erinnerung für den Reiter.

Eine Ehrerbietung: Der Huf eines Pferdes als Erinnerung für den Reiter.

Foto: Merkel Carolin/Carolin Merkel
 Raritäten wie diese Ehrerbietungen gibt es in den Vitrinen zu sehen.

Raritäten wie diese Ehrerbietungen gibt es in den Vitrinen zu sehen.

Foto: Merkel Carolin/Carolin Merkel

Alle Serienteile finden sich im Netz: www.saarbruecker-zeitung.de/museen-im-saarland

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