Homburger Projektpfarrei ist Vorreiter

Homburg · Das Bischöfliche Ordinariat des Bistums Speyer unterstützt die Projektpfarreien bei der Entwicklung ihrer pastoralen Konzepte. Zuständig ist die Abteilung Seelsorge in Pfarrei und Lebensräumen, die auch eine eigene Arbeitshilfe herausgegeben hat. Leiter ist Thomas Kiefer. Mit ihm sprach SZ-Redakteur Jürgen Neumann.

 Pfarrer Pirmin Weber (links) und Pfarreiratsvorsitzender Christian Anstäth bei der Analyse des Pastoralkonzepts, das die Homburger Projektpfarrei erarbeitete. Foto: Bistum Speyer

Pfarrer Pirmin Weber (links) und Pfarreiratsvorsitzender Christian Anstäth bei der Analyse des Pastoralkonzepts, das die Homburger Projektpfarrei erarbeitete. Foto: Bistum Speyer

Foto: Bistum Speyer

"Es war schon eine riesige Baustelle, die wir nun hinter uns haben. Es war viel, viel Arbeit", erklärt Pfarrer Pirmin Weber gleich zu Beginn unseres Gesprächs über das von der Projektpfarrei Homburg 1 erarbeitete Pastoralkonzept. "Und es lief nicht immer harmonisch. Doch wir haben uns in den vergangenen zweieinhalb Jahren zusammengerauft und ein Ergebnis geschafft, auf das wir stolz sind und mit dem wir uns identifizieren und wir künftig im Alltag arbeiten können."

Die Projektpfarrei Homburg 1 besteht aus den vier Gemeinden Maria vom Frieden in Erbach , St. Remigius in Beeden, St. Josef in Jägersburg und St. Andreas in Erbach mit Reiskirchen mit rund 9000 Mitgliedern. Vergangene Woche hat das Projektteam um Pfarrer Weber und Pfarreiratsvorsitzender Christian Anstäth ihre Ergebnisse im Bischöflichen Ordinariat in Speyer vorgelegt (wir berichteten) - als erste Prtojektpfarrei im Bistum überhaupt. Das rund 60 Seiten umfassende Konzept beinhaltet eine Vielfalt an empirischer Datenerhebungen ("in empirischen Stichproben") und soziale Milieustudien. Es ist eine aktuelle Gesamtschau über die Bereiche Caritas , Katechese , Ökumene, Kindertagesstätten und Jugend. Bei der Vorstellung des Konzepts sagte der Speyerer Bischof Karl-Heinz Wiesemann: "Von der Erfahrung des Projektteams können die anderen 69 Pfarreien im Bistum profitieren. Aus Homburg kommen Tipps, wie man die Sache anpacken kann." Es sei über das Gemeindeleben in der Pfarrei viel diskutiert worden, erklärte Christian Anstäth, der als Pfarreiratsvorsitzender an dem pastoralen Konzept mitgewirkt hat. "Wir kennen unsere Pfarrei nun viel besser und wissen, wo wir Schwerpunkte setzen wollen."

Vom besonderer Bedeutung seien die Milieustudien, so Pfarrer Weber. Über manche Zahlen und Prozente sei das zehnköpfige Projektteam "geradezu gestolpert, und wir haben uns gewundert, dass wir doch sehr viel, oft verdeckte Altersarmut haben. Das war uns so nicht bewusst." Das Analyseteam staunte nicht nur über die hohe Altersarmut in Erbach , Reiskirchen, Beeden und Jägersburg, sondern auch über die hohe Zahl an alleinstehenden Männern über 60 Jahre. Für Weber und sein Team stellen sich nun wichtige Fragen: Wie sieht Ihr Leben aus? Wie können wir als Kirche Ihnen beistehen und sie in die Gemeinschaft einbinden? Eine erste Sofort-Maßnahme war die Gründung eines "Caritas-Ausschusses", der sich der "pastoralen Männerarbeit" annimmt. Weber: "Nach und nach sollen mit den Alleinstehenden zu Hause Gespräche geführt werden, um zu erfahren, wie es ihnen geht - und nicht zuletzt um sie ins kirchliche Leben der Pfarrei (wieder) einzubinden."

Ein anderes Ergebnis will das Team ebenfalls schnell in die Tat umsetzen: Jugendliche wieder für Kirche gewinnen. "Es geht hierbei nicht um die Messdienergruppen und Pfadfinder. Da haben eine große Anzahl an Jugendlichen, die sich engagieren", so Weber. Es gehe darum, die Jugendlichen für die unterschiedlichen Angebote in der Kirche zu gewinnen. Es soll Spaß machen, in der Kirche mitzumachen.

Eine "Zielplanung" hat das Projektteam nicht nur für den Bereich Caritas und Jugend, sondern auch für die Bereiche Liturgie, Katechese , Kindertagesstätten, Öffentlichkeitsarbeit, Ökumene und Immobilien erstellt. "Mit den vielen Daten, Zahlen und Fakten wäre ich allein überfordert gewesen", sagt Pfarrer Weber, und fügt an, "gut, dass ich in unserem Analyseteam viele Fachleute hatte, die das Konzept auf den Weg brachten".Was zeichnet die Homburger Arbeit aus. Wie würden Sie das pastorale Konzept charakterisieren?

Thomas Kiefer: Den Homburgern ist es gelungen, aufgrund einer gründlichen Analyse konkrete Ziele zu formulieren und dann in Folge konkrete Maßnahmen zu planen. Sehr schön sieht man dies beim Grunddienst Caritas : Die sehr hohe Zahl von alleinstehenden Senioren mit dem Schwerpunkt Männer hat zur Folge, dass hier ein neues Seelsorgefeld entstehen soll. Obwohl die Vorgaben und Schritte zur Konzepterstellung von uns im Bischöflichen Ordinariat erstellt worden waren, war ich dann doch erst einmal sehr beeindruckt: beeindruckt von der Mühe und Arbeit, die investiert worden sind, aber auch von dem Ertrag.

Was bringt es Ihrer Ansicht nach einer Pfarrei, ein pastorales Konzept zu haben?

Kiefer: Ein solches Konzept hilft wirklich, den vielfältigen Alltag in der Seelsorge anzugehen. Der erste Schritt besteht in einem vertieften Sehen: Auf welcher Grundlage engagieren wir uns in der Seelsorge ? Für welche Menschen mit welchen Bedürfnissen, Sorgen und Hoffnungen sind wir da? Nur auf der Grundlage dieses Sehens kann ich dann fragen: Was würde wohl Jesus Christus heute von uns erwarten? Und dann gilt es zu überlegen, welche Ziele künftig im Vordergrund stehen sollen. Gerade in einer unübersichtlicheren Gesellschaft wird auch die Seelsorge in gewisser Weise unübersichtlicher. Klare Zielformulierungen helfen dann, auf der Spur zu bleiben. Außerdem lässt sich dann auch festlegen, was wichtiger und weniger wichtig ist. Wir erhoffen von uns durch das Konzept eine Hilfe zur Konzentration und damit letztendlich auch zur Entlastung. Auch wenn die Erstellung des Konzeptes auch erst einmal Arbeit bedeutet.

Was wünschen Sie sich bei der Umsetzung des pastoralen Konzepts von den anderen Pfarreien im Bistum?

Kiefer: Ich wünsche mir, dass sie das Konzept als ein wertvolles Arbeitsinstrument entdecken können. Und ich wünsche mir dann, dass die positiven Erfahrungen ausstrahlen auf die vielen anderen Pfarreien. Immerhin haben inzwischen 26 der zukünftig 70 Pfarreien ihre ersten Schritte in Richtung pastorales Konzept gemacht.

 Die Mitarbeiterteams der Projektpfarreien im Bistum Speyer tauschten ihre Erfahrungen im Geistlichen Zentrum Maria Rosenberg in Waldfischbach-Burgalben aus. Foto: Bistum Speyer

Die Mitarbeiterteams der Projektpfarreien im Bistum Speyer tauschten ihre Erfahrungen im Geistlichen Zentrum Maria Rosenberg in Waldfischbach-Burgalben aus. Foto: Bistum Speyer

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HintergrundDas Bistum Speyer gehört zu den ältesten Bischofssitzen in Deutschland. Im Jahr 346 wird erstmals ein Bischof Jesse von Speyer erwähnt. 614 wird auf der Synode in Paris mit Bischof Hilderich erstmals Speyer als Teilnehmer aufgeführt. In seiner heutigen Gestalt besteht das Bistum allerdings erst seit dem Jahr 1817 , als es in den Grenzen des bayerischen "Rheinkreises" neu errichtet wurde. Das Gebiet umfasst heute die Pfalz und den Saarpfalz-Kreis. Von den 1,4 Millionen Einwohnern dieser Region sind rund 560 000 Katholiken. Im Dekanat Saarpfalz gibt es die drei Pfarrverbände Homburg , Blieskastel und St. Ingbert mit 46 Pfarreien, fünf Kuratien und 82 475 Katholiken. Dekan ist Pfarrer Pirmin Weber (Homburg ). Prodekan ist Pfarrer Eric Klein (Blieskastel-Lautzkirchen, Kirkel-Neuhäusel, Limbach). Unter dem Titel "Gemeindepastoral 2015" hat die Diözese Speyer im Herbst 2009 ein Zukunftsgespräch begonnen, an dessen Ende im Jahr 2015 ein neues Konzept für die Seelsorge sowie eine Neustrukturierung der Pfarreien im ganzen Bistum Speyer stehen sollen. jkn

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