HomBuch in Homburg Schwester Grimm vernetzt den Wald

Homburg · Viele kleine, aber feine Lesungen bot die Hom-Buch bis zum Sonntag; zwei davon auch in der Galerie von Julia Johannsen, die dazu eine passende Ausstellung mit mehreren Künstlern komponiert hatte. Verbindendes Thema war dabei der Wald.

 Nicht Schwester Grimm, aber immer eine brillante Vernetzerin von Gedanken, Menschen und Geschichten: Die Künstlerin und Galeristin Julia Johannsen. In ihrer Galerie fanden Bildende Kunst und Literatur zur HomBuch zusammen.

Nicht Schwester Grimm, aber immer eine brillante Vernetzerin von Gedanken, Menschen und Geschichten: Die Künstlerin und Galeristin Julia Johannsen. In ihrer Galerie fanden Bildende Kunst und Literatur zur HomBuch zusammen.

Foto: Thorsten Wolf

Es gibt Ereignisse, da fügen sich aus ganz unterschiedlichen Richtungen Dinge perfekt zusammen, Vordergründiges und Hintergründiges, gewollt und gekonnt ungewollt. Die Austellungseröffnung der Homburger Künstlerin und Galeristin Julia Johannsen am Samstag war da genau eines dieser Ereignisse. Und was in Johannsens Domizil in der Saarbrücker Straße 7 in einen vielschichtigen Dialog trat, das umspannte bildhaft mühelos die vergangenen Corona-Monate, um sie am vergangenen Wochenende mit Hilfe beispielhafter Charakteristika zu beschreiben: Eben das Virus mit den von ihm ausgelösten Lebens-Einschränkungen, der Wald als Rückzugsort in Krisenzeiten, das Buch als ansteckungsfreier Begleiter, die Hom-Buch in der Pandemie-Edition – um nur einige Aspekte ohne weitere Querverbindungen aufzuzählen.
Rein formal war die Ausstellungseröffnung Teil der besagten diesjährigen HomBuch. Für die Schau hatte sich Johannsen, ganz in ihrem Duktus, weitere Künstlerinnen und Künstler an die Seite gestellt: Petra Jung, Sandra Bergemann, Steven Gläser, Hans-Jürgen Leyes, Wolfgang Noelke, Alexander Palm und Sebastian Voltmer, durchaus bekannte Fixsterne in Johannsens Universum. Mit ihnen entdeckt oder wiederentdeckt Julia Johannsen einen Ort, der eben in den zurückliegenden Monaten als Rückzugsraum in Corona-Zeiten eine Renaissance erlebt hat: den Wald.

Folgerichtig präsentieren alle Künstlerinnen und Künstler ihre Sicht auf diesen mystischen Ort. Der Titel der Ausstellung: „Bin im Wald, kann sein, dass ...“. Das ließ natürlich schon im Vorfeld der Ausstellungseröffnung trefflich darüber spekulieren, was sich hinter dem besagten „dass“ nun entpuppen könnte. Aus künstlerischer Perspektive natürlich ein vielteiliger Blick in Malerei, Fotografie und Objektkunst auf des tiefen Waldes Grün – mal fotografisch-gegenständlich, mal erzählerisch, mal abstrakt.

Bildete nun diese Ausstellung das blätterhafte Beiwerk zu den Lesungen der Hom-Buch in Johannsens Galerie am Samstag oder Sonntag? Oder waren es die Lesungen, die den Wald von Johannsen, Jung, Bergemann, Gläser, Leyes, Noelke, Palm und Voltmer mit sagenhaftem Leben füllten? Passen würden wohl beide Beschreibungen, denn: Immerhin ging es am Samstag mit dem Auftritt von Hans Sarkowicz und seinem Werk „Der fremde Ferdinand“ um wieder entdeckte Märchen und Sagen des unbekannten Grimm-Bruders Ferdinand Philipp. Und am Sonntag sollte Volker Hildisch aus seinem „Als Rotkäppchen Frankreich verlassen musste“ Einiges zum Besten geben – eine Geschichte zwischen Champagner und Prickelwasser, ein Zeitdokument über deutsch-französische Beziehungs-Kapriolen, aus der eleganten Schlürf-Perspektive betrachtet. Dass Rotkäppchen, wenn nicht gerade in Flaschen abgefüllt, auch zentraler Bestandteil der etablierten Grimms war und ist, das war am Wochenende nur eine der seltsamen Querverbindungen, die Johannsen da schuf.

Aber Johannsen ist eben nicht nur Künstlerin und Galeristin, sondern auch eine unglaubliche Vernetzerin von Menschen, Geschichte, Gedanken. Dass nun die HomBuch, nicht zum ersten Mal Gast in Johannsens Galerie, auf das Thema Wald traf, war eine weitere, wohl eher kuriose Querung, ist doch der Baum die Wertwurzel des Buches. Und dass man in Corona-Zeiten unter Corona-Bedingungen in einem künstlich-künstlerischen Raum und Rahmen einer Lesung folgen kann - da schloss sich dann quasi der Kreis.

Ohne Zweifel: Die Ausstellung Johannsens ohne die mehrfache Verwendung des Wortes „dass“ zu beschreiben, fällt nicht leicht. So hätte Julia Johannsen wohl kaum einen besseren Ausstellungstitel finden können. „Bin im Wald, kann sein, dass ...“ ließ einem als Betrachter und als Akteur alle Möglichkeiten offen.

Und Johannsen wäre nicht Johannsen, hätte sie nicht mit ihrem Werk „Not Schwester Grimm“ dem Ganzen noch einen ordentlichen Verbindungs-Knoten verschafft. Doch was macht eine Johannsen nun im Wald und mitten im Grün? Zumal es ja eigentlich die Farbe Blau ist, die das Werk der Künstlerin bestimmt. Die Antwort Johannsens ist entwaffnend einfach: „Ich bin gerne im Wald. Ich liebe ihn gerade hier. Er ist einer der schönsten Orte, den wir haben.“ Ein guter Ort sei dass, wann man nach einem Farbrausch einfach mal durchatmen müsse. Und so sei sie schon vor dem Corona-Waldspaziergangs-Boom im Wald unterwegs gewesen. „Das ist eine der wenigen Möglichkeiten, ohne Handyverbindung zu sich selbst zu finden. Ich mag das einfach.“

„Bin im Wald, kann sein, dass ...“ liefert als Ausstellung dann zumindest eine Antwort auf die Frage, was aus dem „kann sein“ dann tatsächlich wurde: Eine vielperspektivische Schau, die weit mehr zeigt als des Deutschen derzeit liebstes Ausflugsziel. Und das mit Bestandswert über die Zeiten einer weltweiten Pandemie hinaus.

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