Hörspiel-Tipp Wie schnell Europa ohne Strom im Chaos versinken würde

Homburg · „Blackout“ von Marc Elsberg behandelt die Gefahr eines Angriffs auf unsere Energie-Infrastruktur, etwa Atomkraftwerke, in Thrillerform.

 „Blackout – Das Hörspiel“ von Marc Elsberg.

„Blackout – Das Hörspiel“ von Marc Elsberg.

Foto: Randomhouse Audio

Der Strom kommt aus der Steckdose, mehr zählt für viele nicht. Doch was wäre, wenn er plötzlich nicht mehr fließt? Wie abhängig wir im täglichen Tun aber auch unsere Gesellschaft von Energie sind, das sieht man immer dann, wenn der Strom mal ausfällt. So geschehen etwa am 23. Juli in Venezuela oder am 14. Juli in New York. Einzelfälle von eher kürzerer Dauer.

Marc Elsberg geht in seinem Thriller „Blackout“ deutlich weiter. Da wird ganz Europa im Winter plötzlich der Strom ausgeknipst. Es beginnt an einem kalten Februartag mit Störmeldungen in den Kraftwerken der Energiebetreiber – und schon bald geht nichts mehr. Tanken ist unmöglich, weil ohne Strom kein Benzin gepumpt werden kann. Die Leute sitzen in der Kälte und bald geht auch die Lebensmittelversorgung aus. Toilettenspülungen funktionieren nicht mehr, Kühe können nicht mehr gemolken werden, Tiefkühlware verdirbt. Und dann beginnen die Atomkraftwerke zu kollabieren und atomare Wolken über Europa zu ziehen.

Elsberg beleuchtet 23 Tage im stromlosen Europa und bald auch Amerika, das mit Verzögerung auch von einem Blackout betroffen ist. Es dauert nur wenige Tage, bis Europa ins Mittelalter zurückfällt. Das Recht des Stärkeren gilt, wer Essen will, muss dafür teuer bezahlen. Wütende Mobs ziehen durch die Städte, die Ordnungskräfte verlieren die Kontrolle. All das erzählt Elsberg sehr überzeugend.

Dass der Strom ausfällt, ist natürlich kein Zufall, sondern hat mit einer Gruppe von Kriminellen zu tun, die einen perfiden Plan verfolgt. Diesem wiederum kommt der italienische Informatiker Piero Manzano auf die Spur. In der ersten Szene des Buches wird er in einen Autounfall verwickelt, nachdem die Ampeln ausgefallen sind. Auch später wird er gebeutelt: Man schießt ihn an, hält gar ihn für den Täter, jagt ihn. Dennoch lässt er sich nie davon abbringen, das Blackout-Rätsel zu lösen und die Drahtzieher zu entlarven. Unterstützt wird er dabei von einer amerikanischen Journalistin und einer Angestellten der Europäischen Union, die er eher zufällig in einem Skigebiet während der Krise kennenlernt.

Das Ganze funktioniert in der vorliegenden Hörspielfassung besonders gut. Gerade mit der Hauptbesetzung hat Randomhouse-Audio eine gute Wahl getroffen: Manzano wird gesprochen von Sven Hasper, der früheren Synchronstimme von Michael J. Fox. Dem skeptischen Europol-Ermittler Francois Bollard haucht Christoph Maria Herbst (Stromberg) eindrucksvoll Leben ein. Auch Matthias Koeberlin als harter Kriminalbeamter Jürgen Hartland, Kathrin Heß als hartnäckige US-Journalistin Lauren Shannon und Daniel Craigs Synchronstimme Dietmar Wunder als Erzähler machen ihren Job gut.

Elsberg, dessen Werke „Zero“, „Helix“, und „Gier“ ebenfalls bekannt sind, fährt in „Blackout“ enormes und detailreiches Fachwissen auf. Sei es über das Funktionieren von Computer- und Schadcodes, die Arbeitsweise von Stromzählern („Smart-Meter“) und das von Energiekraftwerken. Beeindruckend ist seine Demonstration, wie vernetzt unsere heutige Welt ist. Obwohl er das Buch schon vor sieben Jahren geschrieben hat, ist es aktueller denn je. Gerade auch im Saarland – ist doch wenig überraschend in Elsbergs Fiktion auch der Gau von Cattenom irgendwann Thema.

Die Hörspielfassung dieses vollauf überzeugenden Werks reißt auch deshalb trotz seiner enormen Länge mit, weil außer der überzeugenden, clever gestrickten Kriminalhandlung auch die privaten Schicksale der Hauptfiguren Beachtung finden. Allen voran Bollards, dessen Eltern und Schwiegereltern er zu Beginn wegen des Stromausfalls ins Loire-Tal schickt – wo dann das erste Atomkraftwerk hochgeht.

Marc Elsberg: Blackout, 1130 Minuten, Hörspiel, ungekürzt, Randomhouse Audio.

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