Hörbuch-Tipp Das Werk ist episch lang - und nur bedingt empfehlenswert

Homburg · Im Hörbuch „Die Tyrannei des Schmetterlings“ thematisiert Frank Schätzing die Gefahren von Künstlichen Intelligenzen. Das ist in Teilen unterhaltsam – doch kaum eines seiner bisherigen Werke verzeichnet so viele Schwächen.

 Die Tyrannei des Schmetterlings von Frank Schaetzing

Die Tyrannei des Schmetterlings von Frank Schaetzing

Foto: Der Hörverlag

Dass Frank Schätzing das Treiben des Menschen auf der Erde kritisch sieht, hat er in seinem Großwerk „Der Schwarm“ schon vor 15 Jahren deutlich gemacht. Dort rebellierten intelligente Meeresbewohner gegen den Homo sapiens. In seinem jüngsten Werk „Die Tyrannei des Schmetterlings“ ist es ein von Menschen gemachtes Computerprogramm, das seine Schöpfer tilgen will. Damit greift Schätzing eine Idee auf, die in der Science-Fiction immer populärer wird. Schließlich hat auch der inzwischen verstorbene Star-Physiker Stephen Hawking vor künstlicher Intelligenz gewarnt, die den menschlichen Intellekt übertreffen könnte.

Schätzing startet sein mit einer Hördauer von fast 22,5 Stunden regelrecht episches Werk erst als kurzen Abstecher nach Afrika. Dort werden die Truppen eines Warlords von Insekten niedergemetzelt. Dann tritt der Held Luther Opoku auf den Plan – allerdings in Kalifornien – wo der Sheriff aufzuklären versucht, wie die Mitarbeiterin einer IT-Firma mit ihrem Fahrzeug in den Bergen verunglücken konnte.

Nach einem Besuch in der Firma, in deren Verlauf er in deren Katakomben gelangt und über eine mysteriöse „Brücke“ läuft, ist nichts mehr so wie es war: Seine gestorbene Ex-Frau lebt noch, die Verunglückte ebenfalls und er ist seiner Zeit scheinbar einen Tag voraus. Doch das ist nur der Vorgeschmack, auf das was kommt.

Schätzings Werk verbaut Elemente der TV-Serien „Sliders“ und „Stargate“, füllt das mit ganz eigenwilligen Beschreibungen aus dem Horrorgenre an und entwickelt dabei eine Geschichte über Paralleluniversen, ausufernde künstliche Intelligenzen und deren Gefahren und das, was passiert, wenn man zu ungeniert im Genom von Insekten herumpfuscht. Dabei verarbeitet er altbekanntes zum Thema

Das ist gemessen an Schätzings „Schwarm“ oder „Limit“ mindestens ebenso Hollywood-tauglich, fällt aber im Gesamtvergleich ab und spannt lange extrem auf die Folter. Gerade weil Schätzing mit Schachtel- und Bandwurmsätzen und gar zu übertriebenen Synonymen und schiefen Bildern den Hörspaß und Lesefluss im ersten Drittel so schädigt, dass man schnell zum Aussteigen geneigt ist. Vor allem Vorleser Sascha Rotermund (die Synchronstimme etwa von Benedict Cumberbatch) kann einem leidtun, wenn er dauerhaft Sätze zum Leben erwecken muss, die so lauten: „Da, was im einen Moment anmutet wie die monochrome Innenfläche einer Kugel, im nächsten alles Stoffliche verliert, sich vielmehr zum schwindelerregenden Nichts dehnt. Ein trügerisches Nichts, übervoll, sobald man den Blick nur um wenige Grad abwendet. Amorphe Verläufe am Rande des Gesichtsfelds, die von kolossalen, in ständiger Selbsterschaffung und -vernichtung begriffenen Strukturen zeugen, ein lautloses Mäandern, Wabern, Kräuseln, sich Blähen, Annihilieren, Kochen und Überquellen des Eventuellen.“

So ein Sprachstil überfordert und ermüdet und sorgt auch lange dafür, dass die Handlung schwer in die Gänge kommt. Zumal die zugrunde liegenden Theorien wild zusammengestückelt wirken. Man versteht insbesondere nicht, warum zahlreiche, scheinbar total nebensächliche Randfiguren so episch beschrieben werden.

Später haben diese noch ihren großen Auftritt. Wenn auf einer Parallelwelt-Insel von einer KI gezüchtete Monster-Libellen zum finalen Schlag ausholen. Die K.I. handelt dabei übrigens aus Angst vor der Abschaltung – was wiederum sehr an HAL 9000 aus Kubricks Weltraumepos „2001 – Odyssee im Weltraum“ erinnert.

Frank Schätzing: Die Tyrannei des Schmetterlings, der Hörverlag, gekürzte Fassung, 1350 Minuten, vorgelesen von Sascha Rotermund

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