Heiraten ist immer ein Risiko

Homburg · Zwei geldgierige Gattenmörder schließen den Bund fürs Leben. Dass sie möglichst bald versuchen, sich gegenseitig um die Ecke zu bringen, ist keine Überraschung. Doch das Potenzial der Story wurde nicht ausgenutzt.

 Lydia Barbent (Vera Müller) und Oberst John Brocklesby (Peter Groeger) beim mörderischen Pas de Deux rund um eine nur vermeintlich giftige Pilzsuppe: Der Tod ist eine Lösung, es muss ja nicht der eigene sein. Foto: Thorsten Wolf

Lydia Barbent (Vera Müller) und Oberst John Brocklesby (Peter Groeger) beim mörderischen Pas de Deux rund um eine nur vermeintlich giftige Pilzsuppe: Der Tod ist eine Lösung, es muss ja nicht der eigene sein. Foto: Thorsten Wolf

Foto: Thorsten Wolf

Eine englische Krimikomödie? Das verspricht einen Jungbrunnen schwarzen Humors und Skurrilitäten. So gesehen war "Inspektor Campbells letzter Fall" in der Inszenierung des Berliner Kriminaltheaters viel - aber keine englische Krimikomödie. Dabei hätte die Idee aus der Feder des Dramatikers Peter Hacks durchaus Potenzial gehabt.

Die Story in aller Kürze: Inspektor Campbell (Gert Melze) steht kurz vor seiner Pensionierung. Aber ihm fehlt der Abschluss von zwei Fällen, die ihn seit Jahren nicht ruhen lassen. Campbell kennt die Mörder , kann ihnen aber nichts nachweisen. Und so können Oberst John Brocklesby (Peter Groeger) als Mörder seiner wohlhabenden Ehefrauen - immerhin sechs an der Zahl - und sein weibliches Mords-Pendant Lydia Barbent (Vera Müller), ihrerseits Totengräberin von sechs nicht minder wohlhabenden Ehemännern, ihr Luxusleben in Freiheit genießen. Das wurmt Campbell, und er ersinnt einen nahezu genialen Plan. Kurzerhand "verkuppelt" er die beiden Gattenmörder, die sich geldgierig und mordlüstern auf eine Ehe einlassen.

Dieser Plot ist reizvoll, könnte man doch jetzt als Zuschauer in aller Genüßlichkeit erleben, was zwei Mörder alles anstellen, um sich in Unwissenheit über die tödlichen Absichten des Gegenübers ums Leben zu bringen. Das entscheidende Wort ist allerdings "könnte". Denn was das Ensemble unter der Regie von Wolfgang Rumpf und Matti Wien am Donnerstagabend im Homburger Kulturzentrum Saalbau auf die Bretter beförderte, war selten lustig, nie zum Lachen und in der Regel bemüht. Die wenigen Zuschauer, die sich im großen Saal fast verloren, wurden selten wirklich wachgerüttelt - zu offensichtlich, zu wenig spritzig und - das ein großes Manko - zu wenig schlüssig dümpelte "Inspektor Campbells letzter Fall" durch die Kulissen. Viele Handlungs-Nebenstränge verwirrten gerade zu Beginn mehr, als dass sie sich tatsächlich in ein stimmiges Gesamtbild einfügten.

Das führte gerade in den ersten beiden Bildern der Inszenierung zu einigem Unverständnis bei den Zuschauern. Wie kommt es, dass sich Inspektor Campbell und der mörderische Oberst im ersten Aufzug zu Beginn wie gut gelaunte Senioren unterhalten, um dann in gegenseitiger Feindseligkeit zu enden? Welchen örtlichen Rahmen hat das Ganze? Was soll die Co-Geschichte mit dem Heim für schwer erziehbare Jugendliche? Eine Besucherin gestand offen ein: "Ich habe bis zur Pause überhaupt nicht kapiert, worum es eigentlich ging." Auf der Habenseite der Inszenierung: eine schöne Sprache, routinierte Schauspielerinnen und Schauspieler. Aber das Soll war deutlich im Übergewicht - und das war auch die teilweise Über-Inszenierung von Zwischenelementen. So als Butler Perkins (Kai-Peter Gläser) in einer gefühlt minutenlangen Slapstick-Einlage den Tisch für das Mörderpaar mit einer vermeintlich giftigen Pilz-Suppe deckte. Da hoffte wohl so mancher im Saal, die beiden würden sich schon jetzt "um die Ecke bringen" und den Theaterabend damit angenehm verkürzen. Doch auf diesen Moment musste man, realisiert mit Treppensturz und Stromschlag, noch eine ganze Weile warten.

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