„Hausarzt ist meine Berufung“

Homburg · „Hausarzt werden“ lautet das Thema des 29. saarländischen Hausärztetages an diesem Samstag. Angesichts leerstehender Praxen sind die Erwartungen an den neuen Professor für Allgemeinmedizin an der Homburger Uniklinik, Johannes Jäger, groß, Studierende für den Hausarztberuf zu motivieren. Mit ihm sprach SZ-Redakteurin Ute Klockner.

 Im August wurde das Zentrum für Allgemeinmedizin an der Uniklinik eröffnet. Foto: Maack

Im August wurde das Zentrum für Allgemeinmedizin an der Uniklinik eröffnet. Foto: Maack

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Über 20 Hausarztpraxen im Saarland sind nicht besetzt. Warum ist es so schwierig, einen Nachfolger zu finden?

Jäger: Es gibt im Moment bundesweit zu wenig Medizinstudenten , die sich für die Berufung Hausarzt entscheiden, noch viel weniger, die dies im Saarland werden möchten. Die Medizinstudenten werden auch immer jünger, viele sind erst 17 Jahre alt. Die wenigsten haben Ärzte in der Verwandtschaft, die ein Vorbild sein könnten. Ihr Ärztebild ist oft geprägt von Arztserien wie Scrubs, Emergency Room und Dr. House. Da ist es auf den ersten Blick nicht sexy, wenn ich dann von Erkältungskrankheiten erzähle. Ich wusste auch erst im späteren Verlauf des Studiums, dass Hausarzt meine Berufung ist. Das muss wachsen. Wir Hausärzte müssen - möglichst von Anfang des Studiums an - die jungen Leute begeistern.

Neben Ihrem Lehrauftrag sind Sie noch aktiv in einer Praxis. Schreckt die Selbstständigkeit des Hausarztes Studenten ab?

Jäger: Es gibt tatsächlich zwei große Ängste, die junge Kollegen beim Gedanken an Selbstständigkeit haben: zum einen die Angst vor wirtschaftlichem Schiffbruch, aber noch viel mehr die Furcht, ihre Vorstellung von "work-life-balance" nicht verwirklichen zu können. Sie wollen Familie und Beruf unter einen Hut zu bekommen und Zeit haben, ihr Geld auszugeben. Das scheint einfacher mit geregelten Arbeitszeiten. Die Anästhesie, in der im Schichtdienst gearbeitet wird, ist daher besonders bei Frauen sehr beliebt. Da ist dann um 12 Uhr Schluss. Das geht in der Hausarztpraxis nicht, wenn kurz vor Schluss noch ein Herzinfarkt kommt.

Was sollte sich an den Rahmenbedingungen des Hausarzt-Berufs ändern?

Jäger: Die Arbeitsform der Zukunft ist nicht die Einzelpraxis, sondern sind Zusammenschlüsse von Ärzten. Ein wichtiger Schritt war die Neustrukturierung des Bereitschaftsdienstes durch die Kassenärztliche Vereinigung. Dadurch wird die Zahl der nächtlichen Notdienste, die ein Arzt leisten muss, erheblich reduziert. Daneben sind auch die Kommunen gefordert, eine attraktive Infrastruktur, etwa mit Kitas, bereitzustellen. Die meisten Medizinstudenten sind heute Frauen, von denen die meisten auch Familie wollen. Die gehen dann nach dem Studium oft dorthin, wo ihre Rückdeckung am größten ist, also die Eltern und Verwandten leben. Und das ist bei den Homburger Medizinstudenten oft nicht das Saarland.

Wie wollen Sie es am neuen Zentrum für Allgemeinmedizin schaffen, dass junge Mediziner sich für den Beruf des Hausarztes entscheiden?

Jäger: Mein Team und ich verfolgen seit Jahren eine Strategie: Erstens, den Studierenden eine gute Lehre geben in Theorie und Praxis. Es müssen mehr praktische Elemente in die Lehrveranstaltungen, so möchte ich praktische Prüfungen mit Simulationspatienten einführen und nicht nur Wissen abfragen. Zweitens, ihnen Vorbilder abgeben und sie begleiten; drittens, sie "infizieren" mit unserer Begeisterung für die Allgemeinmedizin. Mit dem neuen Zentrum für Allgemeinmedizin haben wir endlich eine Basis, um unsere Arbeit auszubauen und zu intensivieren!

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