Kammemusiktage Viel musikalische Überraschungseier bei Kammermusiktagen

Homburg · Vogler Quartett, Gyldfeldt Quartett und das Concert dans l’oeuf glänzten am Montag und Dienstag. Abschlusskonzert am Samstag.

 Das Vogler Quartett ist Initiator der Kammermusiktage in Homburg.

Das Vogler Quartett ist Initiator der Kammermusiktage in Homburg.

Foto: Marco Borggreve

Wie das Eröffnungskonzert am Sonntag, so wurde auch das Konzert am Montag vom jungen Gyldfeldt Quartett und vom arrivierten Vogler Quartett gestaltet.

Das junge Gyldfeldt Quartett stellte sich im Eröffnungskonzert mit dem 3. Streichquartett von Alfred Schnittke vor, aus dem sie die vielen Zitate zwischen Beethovens Großer Fuge und dem c-Moll-Quartett von Schostakowitsch herzhaft herauspickten. Für den Primarius August Magnusson, für Jonas Reinhard (2. Violine), für die Bratscherin Sarah Praetorius und für die impulsive Cellistin Anna Herrmann hätte man das Festivalmotto „Appassionato“ ergänzen müssen mit „Energico e testo“.

Ihre Leidenschaft, gepaart mit angespannter Energie, machte auch das 1979 entstandene Werk von Hans Zender „Hölderlin lesen I“ für Sprechstimme und Streichquartett zum besonderen Erlebnis. Hölderlins zwischen 1802 und 1806 notierte Skizzen zum geplanten, doch nie vollendeten Hymnus „An die Madonna“ wurden von Wolfgang Korb vorgetragen. „Testo“ wurden sie von den spannungsgeladenen Klangaktionen und -visionen der Streicher in all ihrer Gedankentiefe kommentiert.

Wie Heine in seiner von Schumann vertonten „Dichterliebe“ das Antlitz der Liebsten im Madonnenbildnis des Kölner Doms wiedererkannte, so projizierte Hölderlin seine Geliebte Susanne Gontard als „Diotima“ in Göttinnen der Antike, aber hymnisch auch in die Mutter Jesu. „Energico testo“ zeichnete auch die Wiedergabe der „Großen Fuge“ op. 133 von Beethoven aus.

„Con brio“ heißt es oft in den Spielanweisungen des Meisters. An der Brillanz, an der unglaublichen Virtuosität der vier Musiker hätte der ertaubte Nörgler sicher seinen Gefallen gefunden.

Aber auch die „Alten Hasen“ Tim Vogler (Primarius), Frank Reinecke (2. Violine), Stefan Fehland (Viola) und Stephan Forck (Cello) schlugen ihre Haken auf den Feldern der musikalischen Königsklasse mit Temperament und Brillanz. Die rasante Fuge im Finalsatz des dritten „Rasumowsky-Quartetts“ C-Dur op. 59/3 von Beethoven glitzerte nur so davon.

Sie war am Ende des Programms ebenso lautstark umjubelt wie die elegische, über den Cello-Pizzicati dahin fließende „Mélodie russe“ im langsamen Satz oder die Grazie des Menuetts, dessen Trio-Episode das Vogler Quartett zum burlesken Scherzo umdeutete.

In eine ganz andere Klangwelt entführte das ebenfalls noch recht jugendliche Ensemble „Le Concert dans l‘oeuf“ sein Publikum am Dienstagabend. Nein, das riesige Ei aus dem Namen gebenden Hieronymus-Bosch-Gemälde wurde nicht auf die Saalbaubühne gehievt, damit die drei Ensemblemitglieder Arthur Cambreling (Cello, Viola da Gamba), Mariona Mateu Carles (Kontrabass, Violone) und Simon Wallinger (Cembalo) darin musizieren sollten.

Ihr musikalisches Filigran auf historischen Instrumenten entfaltete sich stilecht vor der prachtvollen Barockkulisse der Budapester Oper. Da hinein passten die Canzoni und Triosonaten älterer Meister wie Girolamo Frescobaldi, Jean Barrière, Johann Sebastian Bach oder Luigi Boccherini. Behutsam fanden sie ihr Echo in der Musik unserer Tage wie in den für eine Spieluhr komponierten Tierkreiszeichen von Karlheinz Stockhausen oder in den „Harmonies from the Apartment House“, aus dem ein elegisches Duett von Gambe und Kontrabass zu hören war. In Solostücken zeigten die Ensemblemusiker, wie virtuos sie ihre historischen Instrumente beherrschen.

Arthur Cambreling erwies sich in der letzten Gambensonate g-Moll BWV 1029 von Johanns Sebastian Bach als Meister seines intim klingenden Instrumentes, aber auch als versierter Cellist in der Cellosonate von Luigi Boccherini. Frenetischen Beifall mit lauten Zurufen erntete zum Schluss die Sinfonia von Giovanni Battista Costanzi. Vielleicht weil Le concert dans l‘oeuf sie in eine höfische Liebesszene verwandelte mit der ersten Begegnung im „Adagio assai“, mit der stürmischen Werbung im „Allegro“, mit dem schmachtenden Duett im „Amoroso“, das schließlich von den anmutigen Tanzfiguren im „Minuetto amoroso“ abgelöst wurde. Das begeisterte Publikum wünschte sich das Menuett als Zugabe.

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