Glaskunst im Blickpunkt Kunst zwischen Form und Funktion

Homburg · Der Künstler Wilhelm A. Kurz hat sich mit zahlreichen Arbeiten im öffentlichen Raum einen Namen gemacht; heraus- ragende Werke von ihm sind in Homburg und Bexbach zu finden: in der Klinikkapelle und der Kirche St. Martin.

 Fenster in der Klinikkapelle: „Barmherziger Samariter“

Fenster in der Klinikkapelle: „Barmherziger Samariter“

Foto: Jennifer Klein

Da bewundert man im Urlaub die farbigen Fenster der Kathedralen und Kirchen in aller Welt, dabei gibt es vor der Haustür durchaus Vergleichbares. Obwohl: Ein wenig Entdeckerfreude gehört für den, der die katholische Klinikkapelle sucht, schon dazu. Hinter der großen  I-Med-Baustelle auf dem Gelände des Uniklinikums liegt halb versteckt das Gebäude 51, wo ein Treppenaufgang zur Klinikkapelle führt. Und hier ist die Baustelle und der Klinikalltag mit dem oft hochtechnisierten Medizinbetrieb plötzlich ganz weit weg.

Von Willi A. Kurz stammen die bleiverglasten Fenster (1986) und die Kreuzweg-Wandfriese (1988), sowie Altar, Ambo, Tabernakel und Sedilien (Sitze im Altarraum). Die fünf großen, farbigen Fenster im Altarraum tauchen den Raum in ein grünlich schimmerndes Licht. Die Bilder bestechen durch die Klarheit der Szenen, die reduzierte Farbigkeit – grün mit gelben und blauen Akzenten – und den feierlich-ernsten Ausdruck der Figuren.

 Fenster in St. Martin Bexbach

Fenster in St. Martin Bexbach

Foto: Jennifer Klein

Im Zentrum Christus als Todesüberwinder, der der Schlange auf den Kopf tritt; die Strahlen, die von ihm ausgehen, leiten über zur Heilung der Blinden und Lahmen, flankiert nach außen hin von den Szenen „Der leidende Hiob“ und „Der barmherzige Samariter“. Die Fenster finden in Thema und künstlerischer Gestaltung ihre Entsprechung in den drei großen Wandreliefs, die aus gebrannter Keramik bestehen und in friesartigen Darstellungen den Kreuzweg zusammenfassen. Noch heute hat Kurz in seinem Atelier die Musterkacheln, deren Farben er selbst gemischt hat – die Farbenlehre des Bauhaus-Meisters Johannes Itten gehört mit zum wichtigsten „Handwerkszeug“ des Künstlers. Die Keramik sollte schließlich farblich zu den transparenten Glasfenstern passen.

Die Szenen erzählen von Krankheit, Leid und Kummer, aber auch von Nächstenliebe und Hoffnung. Ähnlich wie die anrührenden Bitten und Segenswünsche im Fürbittenbuch, das in der Kapelle ausliegt, und in dem Menschen um Genesung oder Erlösung für ihre Angehörigen bitten. Deshalb sei es  schon etwas Besonderes gewesen, für eine Klinikkapelle zu arbeiten, erzählt Kurz. Bewusst habe er den grünen Hintergrund gewählt, „weil diese Farbe dem Auge am wohlsten tut“ – und weil die Farbe als Symbol für Hoffnung stehe. Im Gegensatz zur Malerei, als er quasi vor der weißen Leinwand saß und völlig frei in der Gestaltung war, seien die Arbeiten im öffentlichen Raum Auftragsarbeiten gewesen. „Ich habe mich da den Gegebenheiten des Baus angepasst“, erklärt Kurz. So habe man zum Beispiel in die Klinikkapelle keinen Altar aus Stein hineinstellen können – „der wäre durch den Boden gebrochen“. Außerdem greife das Material Holz das Thema des Kreuzes, aber auch des Lebensbaumes (an den die stilisierte Formgebung erinnert) auf.

 Willi A. Kurz ist gelernter Glasmaler und Künstler.

Willi A. Kurz ist gelernter Glasmaler und Künstler.

Foto: Jennifer Klein

Eine Auftragsarbeit war auch die Gestaltung der Rundbogenfenster in der katholischen Kirche St. Martin in Bexbach (1961-63). Der damalige Pfarrer Abel gab das Thema vor: die Werke der Barmherzigkeit.  „Die Kirche ist neoromanisch, und an diesen Stil sind auch die Figuren angelehnt“, erklärt Kurz – statuarisch, ausgestattet  mit den typischen Attributen, wie Petrus mit dem Schlüssel, aber modern interpretiert. Der Schutzpatron der Kirche, St. Martin, ist neben Christus im Chorraum zu finden, auf der anderen Seite die Schutzpatronin Bexbachs, die Heilige Barbara – ein Verweis auf die Berg-
bauvergangenheit der Stadt. Die Farbgestaltung ist dabei ebenso klar und geradlinig wie die Figurenzeichnung.

Dabei bedinge die Technik der Bleiverglasung schon eine gewisse Stilisierung, erklärt Kurz. Im Mittelalter war es noch nicht möglich, flüssiges Glas in einer größeren Fläche abzukühlen, ohne dass es reißt. So blieb den Glasmachern nur die Möglichkeit, kleine Glasscheiben herzustellen und diese mittels Bleiruten zu verbinden. Dabei bilden die Blei-Linien ein besonderes grafisches Gestaltungsmittel.

Das kommt insbesondere auch zum Tragen bei den nicht figürlich gestalteten Fenstern, die teils transparent, teils opak, mit Weiß- und Grautönen spielen – damals eine geradezu revolutionäre Gestaltung. Die den Vorteil hatte, mehr Licht in den Raum zu bringen – ein weiteres Beispiel dafür, wie der Künstler es versteht, die Gegebenheiten des Baus und künstlerischen Anspruch zu einer Einheit zu verbinden. Er habe sich da ja nicht selbst ein Denkmal setzen wollen, meint Kurz schlicht: „Mir ging es immer nur um die Sache.“ Und wenn dann zum Beispiel jemand kommt und sagt, „ich war in der Klinikkapelle, ich habe mich da wohlgefühlt, es hat mir viel gegeben“, dann ist wohl die Mission erfüllt, wonach die Kunst idealerweise Form und Funktion zusammenführt.

 Im neoromanischen Stil gehalten ist die katholische Kirche St. Martin in Bexbach.

Im neoromanischen Stil gehalten ist die katholische Kirche St. Martin in Bexbach.

Foto: Jennifer Klein
 Eine Szene aus dem Kreuzweg in der Klinikkapelle.

Eine Szene aus dem Kreuzweg in der Klinikkapelle.

Foto: Jennifer Klein

Weitere Arbeiten von Willi A. Kurz sind in Homburg im Gymnasium Johanneum (Altar, Ambo, Tabernakel, Sedilien) sowie an der Einsegnungshalle in Niederbexbach (Fenstergestaltung mit Glasbeton) zu finden. Der Verkehrsverein Neunkirchen würdigt mit der Ausstellung „Polarität“ das Lebenswerk des Künstlers und Glasmalers - sowohl die Arbeiten im öffentlichen Raum als auch das bislang wenig bekannte malerische Werk - zu sehen im Kulturzentrum KULT, Marienstraße 2, Neunkirchen. Vernissage ist am Freitag, 25. August, 19 Uhr.

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