Kolumne Unsere Woche Homburg Sexueller Missbrauch gehört härter bestraft

Vor knapp zwei Wochen deckte die Polizei Münster einen Fall des schweren sexuellen Missbrauchs mehrerer Kinder auf, seitdem hat die Debatte um höhere Strafen für solche Triebtäter Fahrt aufgenommen.

 Eric Kolling

Eric Kolling

Foto: SZ/Roby Lorenz

Diese Forderungen gehören dringend umgesetzt, Kindesmissbrauch muss in jedem Fall als Verbrechen eingestuft, die Strafen erhöht werden. Auch eine Verjährung gerade schwerer Taten sollte wegfallen. In diese Diskussion passt ein hiesiger Fall, der diese Woche bekannt wurde und sich vor rund zehn Jahren in Jägersburg abgespielt hat. Ein Mann, von Beruf Lehrer und aktiv im Presbyterium, hat vor Gericht gestanden, mehrfach ein 11- bis 13-jähriges Kind im Rahmen der Jugendarbeit der evangelischen Kirche missbraucht zu haben. Ein Fall, der Fragen aufwirft. Natürlich die, ob der Junge, der sich erst ein Jahrzehnt nach den Taten an Kirche und Polizei wandte, wirklich das einzige Opfer war? Die protestantische Kirche in Speyer vermittelt den Eindruck, schnell nach Bekanntwerden des Falles im Juni 2019 reagiert und mit der Staatsanwaltschaft kooperiert zu haben. Recherchen auch nach möglichen weiteren Opfern habe man der Ermittlungsbehörde mit ihren weitreichenderen Möglichkeiten überlassen. Doch erfolglos.

Auch stellt sich hier die Frage nach der Angemessenheit der Strafe von einem Jahr auf Bewährung. Sicher, der Täter hat auch seinen Job und seine Position im Presbyterium verloren, ist sozial gebrandmarkt. Dennoch: Sexueller Missbrauch kann eine Strafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren nach sich ziehen. Die untere Grenze wurde hier nur gering überschritten. Dass die Justiz dafür etwa anführt, die Tat sei lange her, befremdet. Profitieren also Täter davon, wenn ihre Opfer sich erst nach langen Jahren trauen, an die Öffentlichkeit zu gehen? Das darf nicht sein! Die sexuell Missbrauchten werden gleich ein zweites Mal zum Opfer, wenn ihre Täter mit solch niedrigen Strafen belegt werden.

Und welche Lehren zieht die evangelische Kirche vor Ort aus den Taten? Pfarrer Wilfried Bohn hält sich sehr bedeckt. Auf eine öffentliche Entschuldigung wartet das Opfer bisher vergeblich. „Schockiert“ sei Bohn gewesen. Kommentiert die Nachwehen des sexuellen Missbrauchs als „blöde Situation“, mit der er sich lieber nicht befasst und die er auch dem Täter nicht gewünscht hätte. Man könne so etwas aber „nicht zu 100 Prozent kontrollieren“. Vertrauen bilden solche Worte nicht.

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