Open-Air-Altar ist besondere Attraktion Geistige Stärkung für unterwegs am Altar in Beeden

Beeden · Die hintere Kirchhofstraße in Beeden ist auch in Zeiten der Corona-Pandemie hoch frequentiert. Die einen besuchen ihre Verstorbenen auf dem Friedhof und wässern in Zeiten der Trockenheit die Pflanzen auf den Gräbern.

 Ingeborg und Dieter Oberkircher an ihrem Hofaltar in Beeden.

Ingeborg und Dieter Oberkircher an ihrem Hofaltar in Beeden.

Foto: Cordula von Waldow

Die anderen erholen und stärken sich auf dem dort beginnenden Bliesgau-Rad- und Wanderweg in Mutter Natur. Sie alle jedoch passieren das Haus der Familie Oberkircher in der Kirchhofstraße 19.

Seit im Rahmen der Corona-Schutzmaßnahmen das Sozialleben zurückgefahren, die Gottesdienste verboten wurden, sorgt das Ehepaar Ingeborg und Dieter Oberkircher in seiner Hofeinfahrt, gegenüber dem Kirchhof, für ein christliches Erlebnis und das Gefühl des „Umsorgt-Seins“. Jeden Sonntag von 9 bis 21 Uhr ist dort ein „Altar“ aufgebaut. Der liebevoll geschmückte Tisch mit dem von der roten Herzchenkette umrankten Kreuz vermittelt jede Woche den Inhalt der Tagespredigt aus der Perikopen-Ordnung. Christliche, nachdenkliche Texte, Psalmen, Gedichte, die die pensionierte Deutsch- und Religionslehrerin im Zweibrücker Hofenfels-Gymnasium als erfahrene Predigerin verfasst hat, sollen dabei die Herzen der Passanten berühren. Viele bleiben stehen, verinnerlichen die Texte und greifen gerne zu den kleinen Geschenken, die Ingeborg Oberkircher jede Woche dazu legt. Am Palmsonntag waren es Muscheln, die das mittlerweile betagte Ehepaar bei seinem Nordseeurlaub in Sankt Peter-Ording persönlich bei zahlreichen Strandgängen gesammelt und seitdem aufbewahrt hat. Zu Ostern warteten Teelichter darauf, das (individuelle) Licht in die Welt zu tragen. Eine Woche später erinnerten ebenfalls selbst gesammelte Walnüsse daran, dass wir alle mit Corona die eine oder andere harte Nuss zu knacken haben. Rund 30 der kleinen Geschenke haben bis zum Abend die Besitzer gewechselt. Ein Zeichen dafür, dass der „Corona-Altar“ gut angenommen wird. Nur eine persönliche Begegnung wäre noch schöner. Doch das rührige Ehepaar freut sich, auf diese Art die frohe Botschaft zu verkünden und die aktuelle Zeit der Einschränkungen und Einsamkeit für viele zu erleichtern, wie es erzählt. Handgeschriebene Tages-Psalmen und Gedanken dazu zeugen von ebenso großem Engagement, wie liebevoll bepflanzte Schalen, Schafe und Hirte, wie die zuckerfreien Kräuterbonbons als „Erquickung auf grüner Au“ für den Sonntag. Diese Wochenende, zu Jubilate, geht es um die Schöpfung. Der Jubel wird sich, neben Blumen und anderen Zeugnissen von Gottes herrlichem Wirken auf der Erde, auch in Form von einem Lied-Notenblatt widerspiegeln.

Zu den „Stammkunden“ gehört Andy Gruß. Mit seinem Mischlingshund Maurice kommt der Beeder täglich bei Oberkirchers vorbei, auf dem Weg zur „Gassi-Runde“ über den Bliestalweg und rund ums Biosphärenreservat. Wenngleich sich der Rentner nicht zu den treuen Kirchengängern zählt, liest er doch jeden Sonntag die „frohe Botschaft“ von Ingeborg Oberkircher. „Ich habe auch schon Walnüsse mitgenommen, und Muscheln“, berichtet er und greift lieber in dieses Körbchen, als zu den Bonbons. Bis wieder Gottesdienste stattfinden dürfen, wollen der ehemalige Zweibrücker Dekan und seine Frau das geistliche Angebot in der Hofeinfahrt aufrecht erhalten. „Die Leute kommen nacheinander vorbei, da gibt es keine Ansammlung“, wissen beide aus Erfahrung. Dafür Mut und Stärkung in dieser anspruchsvollen Zeit.

Der Altar der Familie Oberkircher ist zu finden in der Kirchhofstraße 19 im Homburger Stadtteil Beeden, und zwar an jedem Sonntag von 9  bis  21 Uhr, so auch an diesem Sonntag, 3. Mai.

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