Phase-IV-Konzert überzeugte Gehaltvolle Musikkost im Kunststall Altstadt

Altstadt · Phase IV mit Christof Thewes bot ein Konzert der ungewöhnlichen Art – mit Eigenkompositionen voller Wild- und Schrägheit.

 Phase IV, die Formation von und mit Christof Thewes an der Posaune (rechts), spielte ein fulminantes Konzert im Altstadter Kunststall.

Phase IV, die Formation von und mit Christof Thewes an der Posaune (rechts), spielte ein fulminantes Konzert im Altstadter Kunststall.

Foto: Sebastian Dingler

„Das hier ist wirklich ein Ort der alternativen Kunst“, sagte Christof Thewes während des Konzerts seiner Band Phase IV im Altstadter Kunststall. Damit traf er ins Schwarze, denn das, was Sybille Spiess im einstigen Wohnhaus und Atelier ihres Vaters Willi betreibt, ist fernab des Mainstreams und des üblichen Kulturbetriebs.

So war das eben auch beim Phase-IV-Konzert, wiewohl diese Formation unter den vielen, in denen Thewes mitmischt, noch die eingängigste Musik machen dürfte. Aus der Perspektive des Posaunisten, der sich ja auch gerne mit Freejazz und Neuer Musik beschäftigt, ist der Stil von Phase IV sogar Pop. Dieses Urteil wäre aber wahrscheinlich sonst keinem der 30 Besucher des Konzerts über die Lippen gekommen. Die von Thewes komponierten Stücke beinhalten nämlich immer eine gewisse Wild- und Schrägheit, ausgelebt durch ihn selbst sowie Martial Frenzel am Schlagzeug, Jan Oestreich am Kontrabass und Hartmut Oßwald an der Bassklarinette.

Wenn etwas an Phase IV im weitesten Sinne an Popmusik erinnerte, dann war das Sängerin Sabine Noß, die aus der alternativen Rock-Szene Saarbrückens stammt. Sie sang völlig unprätentiös klare und einfache Linien über das wilde Gebrodel ihrer männlichen Mitmusiker. Von diesem schönen Kontrast lebte die Musik von Phase IV. Natürlich gab es im Kunststall auch längere Instrumentalpassagen, in denen sich vor allem Thewes und Oßwald solistisch auslebten, manchmal auch beide zugleich. Die beiden mussten bisweilen aber auch in Ermangelung eines Klaviers oder einer Gitarre die Harmonien unter den Gesang legen. Erstaunlich gut funktionierte das – mit dem Kontrabass zusammen waren es drei Instrumente, die gleichzeitig nur einen Ton ablieferten, was also maximal zu Dreiklängen reichte.

Aber da fehlte nichts, im Gegenteil: Das schaffte Raum und Klarheit. Schön auch, dass Oßwald ganz auf den wunderbar sonoren Klang der Bassklarinette setzte und seine Saxofone zu Hause ließ. Textlich bewegte sich die Band in den Vereinigten Staaten. Noß sang ins Englische übertragene Gedichte von Alfred Gulden, die dieser bei diversen Aufenthalten jenseits des großen Teichs verfasst hatte. Um „bag people“ ging es da, Leute, die ihr Hab und Gut in einem Einkaufswagen mit sich führen, oder um das Reisen in den Greyhound-Bussen, die quer durch das riesige Land fahren.

Hätte man die Gedichte aber nicht auf Deutsch belassen können? „Nein“, meinte Thewes, „Englisch passt für diese Musik einfach besser.“ Zumal er auch den musikalischen Stil von Phase IV im amerikanischen Kontext sieht, mit Einflüssen von Lou Reed, John Cage oder Frank Zappa. Der 56-Jährige schreibe die Stücke ganz bewusst für diese Band, wiewohl sich jeder der Musiker beim Proben noch mal mit seinem eigenen Stil einbringe. So etwa Schlagzeuger Martial Frenzel, der rhythmisch eine recht moderne Basis legte mit viel Drum ’n’ Bass-Stilistik. Immer wieder überraschte der Saarländer, der jetzt in Berlin lebt, mit Beats, die normaler­weise nur von einer Software erzeugt werden können. Auffällig, dass er dabei eine sehr kleine Basstrommel benutzte, die ihm Hartmut Oßwald mit einem Spanngurt auf eine Bananenkiste montiert hatte – das reichte völlig aus im ausgewogenen Klangbild. Thewes komme schon über Jahre immer wieder hierher, er finde den Raum von der Akustik her toll, meinte Sybille Spiess. Da konnten sich die Zuhörer glücklich schätzen, denn: Auf dem Land und zu den Konditionen einer Hutsammlung ist solch hochkarätige Musik nur ganz selten zu finden.

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