Stimmungsvolle Feier in Homburg In Gedanken bei den Sternenkindern

Homburg · In Homburg wurde in der Kirche St. Fronleichnam Abschied genommen von den Kindern, die zu früh gestorben sind, den so genannten „Sternenkindern“.

 Am vergangenen Samstag wurde mit einer stimmungsvollen Andacht in der Kirche St. Fronleichnam der „Sternenkinder“ gedacht.

Am vergangenen Samstag wurde mit einer stimmungsvollen Andacht in der Kirche St. Fronleichnam der „Sternenkinder“ gedacht.

Foto: Thorsten Wolf

Sie tragen eine poetischen Namen, die „Sternenkinder“. Und dass es genau ein solches Wort ist, dass für zu früh verstorbene Kinder gewählt wurde, das zeigt: Trotz dieses schweren und für Außenstehende nicht nachvollziehbaren Schicksalsschlages für die Eltern ist es auch Hoffnung, die da mitschwingt – Hoffnung auf einen besseren Ort, an dem die Kinder nun weilen. Der Begriff „Sternenkinder“ ist dabei auch ein Gegenpol, ein wörtlicher Gegenentwurf zur fast schon kalten Bürokratie, die hier greift. Denn: Stirbt ein Kind mit einem Gewicht von weniger als 500 Gramm, so spricht Verwaltungsdeutschland nicht von einem Leichnam. Und lange Zeit bestand auch nicht das Recht, ein so früh verstorbenes Kind ins Personenstandsregister eintragen zu lassen. Da verschwand ein Leben schlicht zwischen Verwaltungsvorschriften und Gesetzesvorgaben. Heute ist es nach einer entsprechenden Gesetzesänderung immerhin möglich, die so genannte „Ausstellung einer beurkundeten Bescheinigung“ nach der Personenstandsverordnung zu erwirken. Für die Eltern bleibt ab drängend: wohin mit der Trauer, wohin mit dem Schmerz?

Das Gesetz sieht vor, dass Kinder, die während der Schwangerschaft oder bei der Geburt mit einem Gewicht von unter 500 Gramm versterben, nicht der Bestattungspflicht unterliegen. Sie können auf Wunsch der Eltern aber bestattet werden – sofern dies in der jeweiligen Gemeinde möglich ist. Bei Kindern bis 1000 Gramm und im Falle eines so genannten „Fetozids“, und das ist im Saarland eine Besonderheit, ist das jeweilige Krankenhaus zur Bestattung verpflichtet – es sei denn, die Eltern nehmen ausdrücklich davon Abstand. Wer sich durch den entsprechenden Gesetzestext des „Bestattungsrechtes im Saarland“ hindurchliest, der begreift schnell, dass da Rechtslage auf Emotionen im Ausnahmezustand treffen. Und genau dann ist es wichtig und gut, wenn Betroffene Eltern Hilfe finden.

In Homburg gibt es eben die bei der Selbsthilfegruppe „Sternenkinder“ um Andrea Heisler, Silke Eisler und Birgit Bimperling. Und noch etwas zeichnet Homburg aus, hier gibt es einen ganz besonderen Ort auf dem Hauptfriedhof, ein Urnengrabfeld für Sternenkinder mit einem ganz besonderen, schön fast fröhlichen und buntem Charakter. Dort findet jährlich eine offizielle Bestattungsfeier statt, immer am letzten Sonntag im November. Dann finden die Sternenkinder und ihre Eltern den Moment und den Ort, um Abschied zu nehmen – und eine ganz zauberhafte Erinnerung zu schaffen.

Hinter all dem steht eben die Selbsthilfegruppe. Wir treffen Heisler und Bimperling am vergangenen Samstag in der Kirche St. Fronleichnam. Anlass ist eine Andacht zum „Worldwide Candle Lighting 2019“: Weltweit ist der zweite Advent der Tag, an dem betroffene Eltern mit einer Kerze im Fenster an ihre verstorbenen Kinder erinnern.

Was im Gespräch mit Heisler und Bimperling schnell klar wird: Da sind zwei, die sich aus ganz unterschiedlichen Motivationen heraus dem Schicksal der Sternenkinder und ihrer Eltern verschrieben haben. Andrea Heisler ist selbst Betroffene, Birgit Bimperling kümmert sich als Mitatbeiterin des Universitätsklinikums in Homburg (UKS) schon seit Jahren um das Schicksal der Sternenkinder, leistet am UKS Trauerarbeit mit den Eltern, bereitet die Kinder auf ihre Bestattung vor, bietet in der Zeit bis dahin übers Jahr hinweg Müttern und Vätern die Möglichkeit, ihr Kind zu sehen. Was die Arbeit der Selbsthilfegruppe auch auszeichnet ist, dass man sich nicht mit der rein rechtlichen Abgrenzug des Begriffs „Sternenkind“ zufrieden gibt. „An unserer Gedenkwand findet sich auch ein Kind, das mit zwei Jahren verstorben ist“, erzählt Andrea Heisler. So gehe es darum, mit der Gruppe denen Beistand zu geben, die Hilfe bei der Bewältigung eines solchen Schicksalsschlags bräuchten, auch jenseits von „Grammzahlen“. Bimperling hingegen muss sich bei ihrem Engagement innerhalb der Vorgaben des Gesetzes bewegen. Dabei ist ihr Einsatz für die Sternenkinder „eine Herzensangelegenheit. Weil es für mich eine Möglichkeit ist, den letzten Weg dieser Kinder einfach würdevoll zu begleiten“. Andrea Heisler nennt Bimperling deswegen einen „Engel auf Erden“. Und wenn man Bimperling so zuhört, dann mag man Heislers Worten durchaus zustimmen. Dabei ist es vor allem die Art und Weise, mit der Bimperling von dem spricht, was sie tut: würdevoll.

Das Schicksal der „Sternenkinder“ und der betroffenen Eltern ist eines, das von der Gesellschaft nicht wirklich wahrgenommen wird, dem stimmt Bimperling zu. „Man spricht nicht drüber. Wenn eine Frau ein Kind verloren hat, spricht sie nicht drüber, sie leidet vor sich hin.“ Gerade dann sei es gut, wenn Betroffene noch einmal über den Verlust sprechen könnten, „wenn sie Abschied nehmen können“.

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