Homburg Gedenken an die Pogromnacht 1938

Homburg · In Homburg ist seit vielen Jahren das Gedenken an die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus eine wichtige Tradition. So auch am Freitagabend.

 80 Jahre nach der Reichspogromnacht vom 9. November 1938 setzten ausgesprochen viele Besucher am Freitag in der protestantischen Stadtkirche ein deutliches Zeichen des Gedenkens und Mahnens.

80 Jahre nach der Reichspogromnacht vom 9. November 1938 setzten ausgesprochen viele Besucher am Freitag in der protestantischen Stadtkirche ein deutliches Zeichen des Gedenkens und Mahnens.

Foto: Thorsten Wolf

Der 9. November gilt als Schicksalstag der Deutschen: 1918 rief der SPD-Politiker Scheidemann die erste deutsche Republik aus, 1989 fiel die Mauer und damit auch die deutsche Teilung. Zwischen diesen beiden Geschichtsmarken allerdings steht mit dem 9. November 1938 ein Tag, der mit seiner Brutalität und Menschenverachtung vor allem für die jüdische Bevölkerung Deutschlands ein Schicksalsschlag war: Die Reichspogromnacht, vom damaligen Terrorregime der Nationalsozialisten mit dem Begriff „Reichskristallnacht“ verbrämt. Im Rückblick konnte man in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 erkennen, welches Ausmaß die Verachtung von jüdischen und schlicht „nicht-deutschen Leben“ die Jahre danach bringen sollten – verbunden mit einem Vernichtungswillen, der in seiner maschinellen Kälte und buchstäblichen deutschen Gründlichkeit in der Geschichte seines Gleichen sucht.

In Homburg nun ist seit vielen Jahren das Gedenken an die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus eine wichtige Tradition, so auch wieder am Freitag, als die protestantische Stadtkirche erneut zum Schauplatz der Erinnerung und Mahnung wurde – in Zeiten, in denen politische Gruppierungen und Parteien, eher beschönigend als „rechtspopulistisch“ beschrieben, weltweit wieder Einfluss gewinnen, in einer Zeit, in der autoritäre und ausgrenzende Regierungen wieder als attraktive Alternative gesehen werden und Juden in Deutschland wieder Angst haben müssen.

Diesen leider wieder aktuellen Bezug stellte auch Pfarrerin Petra Scheidhauer in ihrer Begrüßung her – nachdem sie nachdrücklich die ausgesprochen große Resonanz auf die städtische Gedenkveranstaltung würdigte. „Sie glauben gar nicht, was für eine große Freude es uns ist, dass so viele da sind“, so Scheidhauer in Richtung der bis nahezu auf den letzten Platz gefüllten Kirchenbänke. „Wir gedenken heute der Pogromnacht. Heute vor 80 Jahren wurden hier in Homburg, wie überall in Deutschland, jüdische Geschäfte geplündert und zerstört, Menschen mit roher Gewalt angegriffen und die Synagoge, unter genauer Beobachtung der Feuerwehr, kontrolliert abgebrannt“, verdeutlichte Scheidhauer das Maß an staatlicher gelenkter Gewalt, kanalisiert und befeuert im Hass vermeintlich ganz normaler Menschen. Dass eine aktuelle Studie besage, dass fast ein Drittel der Deutschen heute schon wieder Ressentiments gegenüber Ausländern habe, ließ Scheidhauer nicht unerwähnt – und setzte so auch den Rahmen für das weitere Gedenken am Freitagabend, an der auch die Konfirmanden aus Bruchhof-Sanddorf ihren Anteil hatten. Musikalisch gestaltet wurde das Programm vom Chor des Saarpfalz-Gymnasiums und von einem weiteren Vokalensemble. Ans Mikrofon gingen, wie in den Jahren zuvor, Schülerinnen und Schüler der Geschichts-AG des Saarpfalz-Gymnasiums unter der Leitung von Lehrer Eberhard Jung. Die Jungen und Mädchen fanden dabei deutliche Worte für die Schrecknisse der Dritten Reichs, aber auch für die aktuellen Entwicklungen in der ganzen Welt.

„Was nun gebraucht wird, ist eine globale Vernunft. Eine Solidarität der Gleichgesinnten, der Tüchtigen und Weitsichtigen. Wir sollten Optimisten bleiben, nicht immer nur lamentieren, sondern auf den großen Erfolgen aufbauen“, schrieben die Schüler den Gästen ins Stammbuch. Man dürfe die Schreckenstaten nicht vergessen, sondern müsse aus der Geschichte für die Zukunft lernen. Und: „Unsere Demokratie braucht aktive Unterstützer, mit viel Zivilcourage.“ Die Forderung der Schüler des Saarpfalz-Gymnasiums: „Demokraten aller Länder, vereinigt euch!“

Als Referentin für den Freitagabend konnte Sandra Schatzmann, seitens der Stadt verantwortlich für die Organisation der Gedenkveranstaltung, die Lehrerin und Autorin Sabine Grittner gewinnen, die ihre Rede nach Gotthold Ephraim Lessing unter das Leitbild „Allein ein Mensch!“ stellte – bevor es dann nach der Gedenkstunde in der Kirche in einem Schweigemarsch zur ehemaligen Synagoge ging.

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