Kinowerkstatt Eine Feier der überbordenden Fantasie

Homburg/St. Ingbert · Die Kinowerkstatt zeigt den André Heller- Film „Wie ich lernte, bei mir selbst Kind zu sein“.

 Eine Szene aus dem Film „Wie ich lernte, bei mir selbst Kind zu sein“, der am Wochenende in der Kinowerkstatt in St. Ingbert läuft.

Eine Szene aus dem Film „Wie ich lernte, bei mir selbst Kind zu sein“, der am Wochenende in der Kinowerkstatt in St. Ingbert läuft.

Foto: Piffl Medien/Anjeza Cikopano

Die Kinowerkstatt im benachbarten St. Ingbert zeigt an diesem Wochenende – Freitag , 19. Juli, am Samstag, 20. Juli, und am Montag, 22. Juli jeweils um 20 Uhr – den André-Heller- Film „Wie ich lernte, bei mir selbst Kind zu sein“ (Österreich 2019) von Regisseur Rupert Henning mit Karl Markovics, Valentin Hagg, Sabine Timoteo und André Wilms.

André Heller greift in seiner Biographie Szenen und Begebenheiten seiner Kindheit auf und verwandelt sie in die Geschichte eines Jungen mit funkelnder Fantasie. In einem Asbest-Anzug als erster Mensch in das Innere des Vesuvs hinabzusteigen, um in der glühenden Lava nach Feuerfischen zu suchen, das ist einer von Pauls Plänen. Ein anderer: Weltmeister im Unsichtbarsein. Doch zuvor muss er dem erzkatholischen Internat entfliehen. Als Pauls Vater, der Süßwarenfabrikant und Kommerzialrat, Roman Silberstein, zu Tode kommt, darf der Junge in das Elternhaus zurückkehren. Zugleich reisen die jüdischen Onkel aus Übersee zum Begräbnis an und übertreffen einander im Schildern von Anekdoten aus dem merkwürdigen Leben der Silbersteins, einer mondänen und sonderbaren Familie, in der die versunkene kaiserlich und königliche Welt weiterlebt. André Heller schreibt eine poetische Erinnerung an ein Kind, eine Industriellendynastie und die schillernde Gesellschaft des Wiener Großbürgertums.

André Wilms, Udo Samel und Werner Friedl haben in der Begräbnis-Sequenz schöne Rollen als schrullige Silberstein-Onkel, die ihrem Neffen Paul wundersame frische Blicke auf die Welt (und seinen Vater) eröffnen. Marianne Nentwich als gütige Tante Tuva hilft Paul, das Rätsel um den unnahbaren Vater besser zu verstehen. Robert Seethaler und Harald Schrott demonstrieren als Geistliche, wie unbarmherzig der Katholizismus sein kann. Gerti Drassl und Petra Morzé gestalten kleine Szenen, in denen es auf sehr unterschiedliche Weise um Lust und Seelenqual geht, zu großen Momenten. Sigrid Hauser darf aufblitzen lassen, wie großartig sie singen und spielen kann.

So wird die filmische Lebensgeschichte des jungen André Heller alias Paul Silberstein zu einer Art Episoden-Drama; mit einem starken roten Faden, der aus der Fantasie und der Poesie der Zentralfigur gesponnen wurde. Auch daran lässt es der Film nicht fehlen: In einer in jeder Hinsicht zauberhaften Sequenz führt Regisseur Rupert Henning vor, wie der kleine Paul jene Talente vorsichtig zeigt, mit denen später der erwachsene André Heller seine künstlerische Laufbahn in Angriff nehmen wird.

Am Sonntag, 21. Juli, um 20 Uhr läuft in der Kinowrkstatt der Oscar-Film „The Favourite - Intrigen und Irrsinn“ von von Yorgos Lanthimos mit Olivia Colman, Rachel Weisz, Emma Delves, Faye Daveney und Emma Stone. Dieser ist ein köstlich unterhaltsamer, ironisch beißender und entlarvender Blick auf eine Gesellschaft von „damals“, die der von heute gar nicht so entfernt scheint. „Zehnmal für den Oscar nominiert, und jedes Mal zu Recht“, schrieb ein Kritiker.

Im 18. Jahrhundert herrscht die kranke und aufbrausende Königin Ann am englischen Hof. Weder ihre Gesundheit noch die politische Lage des Landes hat sie unter Kontrolle. Ihre engste Vertraute Lady Sarah kümmert sich um die launische Königin. Als deren Cousine Abigail, welche ihren Adelstitel verloren hat, an den Königshof kommt, wird Königin Anne bald auf sie aufmerksam. Zwischen den beiden Frauen entbrennt eine erbitterte Rivalität um die Gunst der Königin.

 „The Favourite- Intrigen und Irrsinn" von Yorgios Lanthimos ist am Sonntag zu sehen.

„The Favourite- Intrigen und Irrsinn" von Yorgios Lanthimos ist am Sonntag zu sehen.

Foto: AP/Atsushi Nishijima

Weshalb ist es so faszinierend, drei Frauen dabei zuzusehen, wie sie sich zu Beginn des 18. Jahrhunderts am englischen Hofe einen Kampf um Macht, Gunst und Zuneigung liefern? Vielleicht weil Macht, Gunst und Zuneigung in Yorgos Lanthimos’ Film „The Favourite“ einander bedingen und miteinander im Widerstreit stehen. Weil hier Gefühle lauern und lodern.

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