Fast keiner rechnet mehr um

Homburg/Bexbach/Kirkel · Zum Jahreswechsel hat das Euro-Bargeld seinen 15. Geburtstag gefeiert. Ein Grund für unsere Zeitung, sich einmal umzuhören, wie die Menschen diese Umstellung in Erinnerung haben, was sie davon halten und ob manchmal immer noch in D-Mark umgerechnet wird.

 Vor 15 Jahren wurde das Euro-Bargeld eingeführt. Foto: Jens Schierenbeck/dpa

Vor 15 Jahren wurde das Euro-Bargeld eingeführt. Foto: Jens Schierenbeck/dpa

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Ungewohnt war es am Anfang und auch ein bisschen spannend, denn der 1. Januar 2002 brachte nicht nur den üblichen Kater und gute Vorsätze mit sich, sondern auch neue Geldscheine und -münzen. Denn vor 15 Jahren lag nicht mehr die gewohnte D-Mark im Portemonnaie, sondern der Euro . Offiziell wurde dieser bereits am 1. Januar 1999 eingeführt. Allerdings war er in den ersten drei Jahren eine "unsichtbare", virtuelle Währung (siehe Infobox). Bevor er dann auch für den Otto-Normal-Europäer zum Alltag wurde, gab es ihn in kleinen Begrüßungspäckchen vorab, zum "Drangewöhnen". Daran erinnert sich etwa der Sprecher der Homburger Stadtwerke , Jürgen Schirra. Sein Gefühl damals: "Ich bin jetzt im Urlaub, hier gibt's eine fremde Währung", nur dass diese nun bleibe. Für das Unternehmen Stadtwerke sei die Umstellung natürlich mit Aufwand verbunden gewesen, wie für alle anderen auch, erinnert er sich. Preise mussten umgerechnet und Preislisten neu erstellt werden. "Aber das wussten wir ja vorher."

Bei der Stadt Homburg sei die Umstellung auf den Euro "sehr unproblematisch verlaufen", berichtet Stadt-Presseprecher Jürgen Kruthoff. Durch entsprechende Programme und auch die Vorbereitung durch die EDV sei alles relativ einfach abgelaufen. Beim Eintragen der Finanzpositionen in die Excel-Tabellen musste in der Übergangszeit und in der Anfangszeit des Euro immer genau auf die richtige Währung geachtet werden. Die Umrechnung habe das Programm gemacht. Ein Kollege hatte heute noch den genauen Umrechnungsfaktor bis auf mehrere Stellen nach dem Komma im Kopf.

Ans Umzeichnen erinnert sich auch Michael Koch, Mitinhaber des früheren Sport Klees in Homburg. Die Kunden hätten am Anfang alles umgerechnet. Der Prozess habe schon so vier bis fünf Jahre gedauert.

Und wie sieht es heute mit dem Gefühl fürs damals neue Geld aus? Jürgen Schirra etwa, rechnet hin und wieder immer noch mal in D-Mark um, wenn er unsicher sei, ob eine Sache das wirklich Wert sei. Das geht auch Dorothee Rouget vom Geschäft "Crea Doro" ab und zu so, wenn Sachen besonders teuer sind. Marion Wagner vom Laden "Welt der Wolle" hat sich das mit dem Umrechnen in D-Mark gar nicht erst angewöhnt, nachdem sie es beim ersten Autokauf 2002 noch angewendet hatte. Bei ihren Kunden beobachten beide Frauen den D-Mark-Vergleich nicht mehr. Im Reformhaus Escher bekommen die Mitarbeiterinnen den Satz "Das würde jetzt in D-Mark soviel kosten" zwar selten, aber doch manchmal noch zu hören, vor allem von älteren Leuten, sagt Sarah Götz. Und Ulla Schmidt rechnet zwar selbst nicht mehr um, ihre Mutter aber doch. Was ihnen von der Funktionalität nicht gefällt: 20- und 50-Cent-Münzen müsse man umdrehen, um sie unterscheiden zu können, sagt Nicole Morcombe. Das Umrechnen sei lange Thema gewesen, noch bis vor fünf bis sechs Jahren, berichtet Dirk Hoffmann, Inhaber des Reisebüros Sonnenklar. Wobei, sagt er, die Reisepreise nach der Umstellung im Durchschnitt ein bisschen angezogen seien. Der Reiselust der Deutschen habe das jedoch keinen Abbruch getan.

Ob der Euro jetzt eher gut oder schlecht zu bewerten ist, darüber gingen die Meinungen bei unserer Mini-Rundfrage auseinander. Stadtwerke-Sprecher Jürgen Schirra hält den Euro etwa immer noch für eine richtig gute Sache, er trauere der D-Mark nicht nach. Und Dorothee Rouget kann der Gemeinschaftswährung ebenfalls Positives abgewinnen, da man einfach in andere europäische Länder fahren könne, ohne erst Geld umtauschen zu müssen.

Bei Michael Koch klingt Kritik an: Damals habe es geheißen, dass sich alle Preise quasi halbieren, ein Euro habe ja in etwa zwei D-Mark entsprochen, im Laufe der Zeit habe sich das Verhältnis aber in Richtung eins zu eins verändert. Und auch Nicole Morcombe moniert, dass durch die Umstellung vieles teurer geworden sei. Zu ihrem 15. Geburtstag ist die Währung also immer noch nicht rückhaltlos beliebt. Aber sie ist ziemlich verbreitet. Nach Angaben der Europäischen Kommission verwenden derzeit nahezu 337,5 Millionen EU-Bürger den Euro als Währung

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 Der Euro stößt auch heute nicht auf ungeteilte Zustimmung, von manchen wird er doch ziemlich kritisch beäugt. Foto: Achim Scheidemann/dpa

Der Euro stößt auch heute nicht auf ungeteilte Zustimmung, von manchen wird er doch ziemlich kritisch beäugt. Foto: Achim Scheidemann/dpa

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Hintergrund Nach der Einführung des Euro am 1. Januar 1999 wurde er zunächst in elf Mitgliedstaaten zur neuen offiziellen Währung, wobei die alten Währungen in zwei Stufen ausgetauscht wurden. Das erklärt die Europäische Kommission auf ihrer Internetseite. Zunächst sei der Euro als virtuelle Währung für bargeldlose Zahlungen und Buchhaltungszwecke eingeführt worden, während die alten Währungen weiterhin für Barzahlungen verwendet und als Untereinheiten des Euro betrachtet wurden. Am 1. Januar 2002 wurde der Euro dann schließlich in physischer Form als Banknoten und Münzen eingeführt. Der Euro diene (momentan) in 19 der Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die gemeinsam die Euro-Zone bilden, als gemeinsame Währung. Mehr im Internet: ec.europa.eu. ust

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