Gedenkfeier des Saarpfalz-Kreises Homburg erinnert an jüdische Mitbürger

Homburg · Am 22. Oktober wurden 134 Juden aus dem gesamten Saarland ins Internierungslager Gurs nach Frankreich deportiert.

 Der Historiker Roland Paul schilderte am Donnerstag in Homburg detailliert die Deportation von Jüdinnen und Juden aus der Saarpfalz am 22. Oktober 1940 ins französische Gurs.

Der Historiker Roland Paul schilderte am Donnerstag in Homburg detailliert die Deportation von Jüdinnen und Juden aus der Saarpfalz am 22. Oktober 1940 ins französische Gurs.

Foto: Thorsten Wolf

Man schrieb den 22. Oktober 1940 – ein Datum, mit dem für jüdische Mitbürger aus der damaligen Saarpfalz (nicht zu verwechseln mit dem heutigen Saarpfalz-Kreis) und Baden ein langer Leidensweg begann. Dieser endete in vielen Fällen in den Vernichtungslagern der Nazi-Diktatur im Osten. Doch für die, die an besagtem 22. Oktober aus ihrer Heimat herausgerissen wurden, wurde das Internierungslager Gurs, tief im Süden des damaligen Vichy-Frankreichs, zuerst zum Schicksalsort. Dorthin wurden, in Zügen auf einer Strecke von über 1200 Kilometern, 6500 Jüdinnen und Juden deportiert, darunter 134 aus dem ganzen Saarland, zahlreiche auch aus Homburg. Ziel der so genannten „Wagner-Bürckel-Aktion“ (Robert Wagner war Gauleiter Baden, Josef Bürckel Gauleiter Saarpfalz) war es, diese beiden Regionen als „judenfrei“ an die hohe NS-Führung melden zu können. Dies geschah noch im Vorfeld der so genannten „Wannsee-Konferenz“, bei der 1942 die Vernichtung allen jüdischen Lebens im Einfluss-Bereich von Hitler-Deutschland beschlossen wurde.

Dieses Schicksal ereilte nach 1942 auch viele der ins französische Gurs Deportierten. Doch schon zuvor zeigte sich die Internierung dort als eine Zeit des Schreckens. An eben die und an die einzelnen Schicksale selbst sollte eigentlich ab diesem Donnerstag, 22. Oktober 2020, und damit 80 Jahre nach dem Schicksalstag 1940, die Wander-Ausstellung „Gurs 1940“ erinnern. Die Premiere war in Homburg geplant. Doch Corona machte diesem Ansinnen einen Strich durch die Rechnung. Und so gestalteten Sabine Graf von der saarländischen Landeszentrale für politische Bildung und der Historiker Roland Paul aus Kaiserslautern eine Gedenkveranstaltung – auch als Ausblick auf die nun auf den 8. April 2021 verschobene Ausstellungseröffnung.

Nach der würdigen und offiziellen Begrüßung durch Homburgs ehrenamtlichen Kulturbeigeordneten Raimund Konrad und den Kreisbeigeordneten Dieter Knicker und bevor Paul sehr detailliert auf die Schicksale der deportierten, jüdischen Bevölkerung aus dem Saarland einging, erläuterte Sabine Graf den Hintergrund des Gedenkprojektes. Das habe seinen Ursprung in einer Ländervereinbarung zwischen Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg und dem Saarland und in der Arbeit der Gedenkstätte „Haus der Wannseekonferenz“. Gegenstand der besagten Ländervereinbarung sei es zum einen, die Deportierten-Friedhöfe in Gurs und Umgebung aufzuarbeiten, zum anderen eben auch die Konzeption der Ausstellung „Gurs 1940“. Als Landeszentrale habe man sich dazu entschlossen, jedem Kreis im Saarland und dem Regionalverband Saarbrücken jeweils eine Ausfertigung dieser Ausstellung mit insgesamt 26 Info-Tafeln im Format Din-A-1 kostenlos und dauerhaft zur Verfügung zu stellen – sei doch das gesamte Saarland damals betroffen gewesen.

Die Grundlage für die regionalen Informationen zu den deportierten Jüdinnen und Juden habe Roland Paul geschaffen, er habe die entsprechenden Daten vor einem Jahr im Auftrag der Landeszentrale in Frankreich ausgelesen. „Die Ergebnisse dieser Arbeit haben wir in Form eines Faltblattes zusammengefasst.“ Dieses Faltblatt schlage auch die Brücke zur Website „http://gurs.saarland“.

Danach war es an Paul selbst, die Ereignisse vom 22. Oktober 1940 zu schildern, der ersten großen Deportation von jüdischen Mitbürgern aus dem damaligen Deutschen Reich. Der Historiker aus Kaiserslautern ging dabei auch immer wieder auf ganz persönliche Schicksale ein, verdeutlichte die Lebensumstände der Menschen im Internierungslager Gurs, ihr Bestreben, dem Schrecken dort zu entkommen. Dabei zeichnete Paul ganz unterschiedliche, weitere Lebens- und Leidenswege. So seien nicht wenige aufgrund der menschenverachtenden Umstände in Gurs schon da ums Leben gekommen. Wenigen Internierten sei es gelungen, sich dem Zugriff des Dritten Reichs durch Emigration zu entziehen. Paul ließ aber keinen Zweifel daran aufkommen, dass dies alles andere als einfach war. Immerhin: Aufgrund des Einsatzes von Hilfsorganisationen sei es gelungen, wie danach auch Sabine Graf schilderte, zumindest die Kinder und Jugendlichen aus dem Lager Gurs herauszubekommen.

 Quer durch Frankreich führte die Schreckensreise der Deportation.

Quer durch Frankreich führte die Schreckensreise der Deportation.

Foto: Thorsten Wolf

Im Faltblatt zur genannten Ausstellung sind die Zahlen des Schreckens nachzulesen: Im Jahr 1942 und nach der Wannseekonferenz wurden insgesamt 74 der in Gurs überlebenden, internierten saarländischen Jüdinnen und Juden nach Auschwitz deportiert. Nur 30 von ihnen sollten dieses Grauen überleben. Roland Paul dazu: „Es ist wichtig, dass wir uns an die schweren Lebenswege dieser Menschen erinnern, der Opfer gedenken und die Namen der nach Gurs Deportierten festhalten – damit sie nicht ganz vergessen werden.“

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