Einst ein Drei-Männer-Haus

Limbach. Es gibt ein altes Foto, da sitzen Rolf Weinrich und sein Bruder Axel brav nebeneinander auf einem nagelneuen Wohnzimmersofa und lächeln in die Kamera. "Das dürfte so gegen Ende der 50er Jahre gewesen sein", schätzt Rolf Weinrich. "Bald nach diesem Foto brach ein Riesendonnerwetter los, denn ich wollte wissen, was denn so alles in einem Sofa drin ist

Limbach. Es gibt ein altes Foto, da sitzen Rolf Weinrich und sein Bruder Axel brav nebeneinander auf einem nagelneuen Wohnzimmersofa und lächeln in die Kamera. "Das dürfte so gegen Ende der 50er Jahre gewesen sein", schätzt Rolf Weinrich. "Bald nach diesem Foto brach ein Riesendonnerwetter los, denn ich wollte wissen, was denn so alles in einem Sofa drin ist. Und da habe ich es mit dem Messer aufgeschlitzt." Heute lacht der Limbacher darüber. Damals fand das niemand lustig, denn in den 50er Jahren musste man lange sparen, um sich eine neue Wohnzimmergarnitur leisten zu können. Noch dazu, wenn ein Haus abzubezahlen war, wie bei Weinrichs in der Limbacher Schubertstraße am Bliesbergerhof."Meine Eltern haben 1950 gebaut", erzählt Rolf Weinrich, der noch heute in dem Haus wohnt, "damals stand hier nichts, es war eine große Wiese, die ab 1950 bebaut wurde. Alle Nachbarhäuser stammen mehr oder weniger aus derselben Zeit." Aber nur noch wenige der damaligen Besitzer wohnen heute noch dort. "Die meisten sind weggezogen", so Weinrich, "ich bin geblieben." Und mit ihm seine beiden Söhne Oliver und Michael - einer wohnt mit Frau und Kind direkt nebenan, der andere gegenüber. Zuvor wohnten sie mit dem Vater unter einem Dach: "Da waren wir ein Drei-Männer-Haus."

Das Elternhaus von Rolf Weinrich bot im Laufe der Jahre mehreren Familienangehörigen ein Zuhause, "zunächst natürlich meinen Eltern und mir, dann zog ich mit Frau und Kindern unten ein, meine Eltern nach oben. Als meine Eltern tot waren, nahm ich meine hochbetagte und demenzkranke Tante hier auf und pflegte sie bis zum Tod." Schließlich kamen seine Söhne, die zuvor bei seiner geschiedenen Frau gewohnt hatten, wieder nach Limbach zurück, als sie 16 Jahre alt waren. Vater Rolf ließ den beiden handwerklich begabten Jungen freie Hand, "die haben sich die obere Etage gemütlich gemacht und sogar den Speicher ausgebaut".

Doch trotz vieler Veränderungen sieht man dem Haus an, dass es aus den 50er Jahren stammt: die Vorliebe des Architekten für runde Bögen im Eingangsbereich sind unverkennbar. Das gibt dem Hauseingang eine sehr klassische und elegante Note. Letzter Schrei war 1950 das große, leicht vorragende Wohnzimmerfenster, das als schickes Blumenfenster gedacht war. "Das Ding habe ich als erstes abgerissen und neu gemacht", lacht der Besitzer.

Was ist seine schönste Erinnerung an das Haus? "Ich wüsste nichts Spezielles. Aber meine Kindheit in diesem Haus war super. In allen Nachbarhäusern gab's Kinder in meinem Alter, wir spielten auf den Wiesen am Bliesbergerhof und bolzten auf dem Fußballplatz herum." Bei allen Nachbarn sei man als Kind "dehemm" gewesen, durfte mittags mitessen und kannte alle Eltern der Freunde. "Das war eine schöne Zeit, so was gibt es heute nicht mehr."

Rolf Weinrich erinnert sich gerne, sein Problem ist, dass er deshalb nichts wegwerfen kann: "In meinem Elternhaus haben alle ehemaligen Bewohner ihre Sachen hinterlassen." Ein altes Radio, ein Spinnrad, eine schwarze Singer-Nähmaschine mit Tisch, Backformen, Töpfe, Fernseher, Waffeleisen gehören dazu. Doch Rolf Weinrich steht zu seiner Marotte: Ein Elternhaus sollte voller Erinnerungen sein, "nur dann ist es authentisch".

Auf einen Blick

Wer wohnt noch in seinem Elternhaus? Oder hat schöne Erinnerungen und alte Fotos von einem besonderen Elternhaus, das womöglich sogar verloren gegangen ist? Wer möchte uns etwas über sein Elternhaus erzählen? Einige Leser stehen bereits auf unserer Warteliste, aber wir haben noch viel Platz für weitere schöne Elternhäuser. Wir freuen uns auf Ihre Anrufe und E-Mails: Tel. (0 68 41) 9 34 88 50, per E-Mail: redhom@sz-sb.de. maa

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