Gedenken an die Missbrauchsopfer am Johanneum Ein Gedenkort für die Missbrauchsopfer

Homburg  · Ehemalige Schüler wollen auf dem Gelände des Homburger Johanneums an die Taten im früheren Internat erinnern.

 Im früheren Internat des Gymnasiums Johanneum (Bildhintergrund) gab es in den 70-er und 80-er Jahren zahlreiche Fälle von sexuellen Missbrauchs. Das Internat ist lange Geschichte, an die Straftaten soll künftig auf dem Schulgelände gedacht werden.

Im früheren Internat des Gymnasiums Johanneum (Bildhintergrund) gab es in den 70-er und 80-er Jahren zahlreiche Fälle von sexuellen Missbrauchs. Das Internat ist lange Geschichte, an die Straftaten soll künftig auf dem Schulgelände gedacht werden.

Foto: Foto: Heitz/SZ

Ehemalige Schüler des Gymnasiums Johanneum in Homburg wollen an der katholischen Privatschule einen Gedenkort für Missbrauchsopfer errichten. Vor nunmehr acht Jahren wurde bekannt, das Jungen im seit rund 20 Jahren geschlossenen Internat  der Herz-Jesu-Missionare von Patres missbraucht wurden. Die Taten liegen lange zurück, vornehmlich Ende der 70-er bis Mitte der 80-er Jahre. Es gab zahlreiche Opfer. Zwei Täter legten ein umfassendes Geständnis ab, einer von ihnen ist inzwischen gestorben. Das frühere Internat des Johanneums ist längst geschlossen.

Nach Februar 2010, als die Taten in Homburg öffentlich wurden, gab es monatelang eine heftige Diskussion in der Öffentlichkeit, auch innerhalb der Schulgemeinschaft. Der Bischof schaltete sich ein, selbst der Vatikan war mit den Straftaten befasst. Der Orden der Herz-Jesu-Missionare mit Sitz in Münster, der auch heute noch über die Stiftung am Johanneum beteiligt ist, bedauerte öffentlich die Taten einiger ihrer Mitbrüder. Doch die mit einem Teil der damaligen Opfer geführten Gespräche blieben allerdings ohne durchgreifende Ergebnisse. Seit dieser Zeit wird das missliebige Thema unter der Oberfläche gehalten.

Ein Grund für Ehemalige, die Geschehnisse aus den 70er und 80er Jahre wieder in Erinnerung zu rufen. Mitinitiator der Initiative ist der frühere Schüler Michael Hackert, der heute in Berlin lebt. Er setzt sich gemeinsam mit einer Gruppe von zehn Personen für einen Gedenkort am Johanneum ein. Gegenüber unserer Zeitung sagte er: „Die Hälfte unseres Teams arbeitet heute als Therapeut oder Arzt, da hat man zwangsläufig mit solchen Themen zu tun.“ Ausschlag gebend für die Initiative sei aber ein anderer Grund gewesen. „Ich bin Abiturjahrgang 1992. Als wir im vergangenen Jahr anlässlich unseres 25. Jubiläums zum Ehemaligentreffen eingeladen waren, habe ich festgestellt, dass viele nicht kamen mit der Begründung: Mit dieser Schule wollen wir nichts mehr zu tun haben. Ich persönlich finde das schade, weil ich immer wieder gern an meine Schule zurückkomme.“ Allerdings hat Hackert für die ablehnender Haltung seiner früheren Klassenkameraden ob der zurückhaltenden Aufklärungswilligkeit rund um das Johanneum Verständnis.

Die Frage also blieb: Was kann man tun?  Einiges sei seit 2010 zwar geschehen: Aufarbeitungsversuche, Runde Tische, Berichterstattung, Präventionskonzepte, Sozialarbeit. Auch gesellschaftlich seien die Bedingungen besser geworden, über sexualisierte Gewalt zu sprechen. Und dennoch: „Das Thema verunsichert. Reden darüber ist ungewohnt und unangenehm. Scham und Schuldgefühle breiten sich schnell aus und ebenso die Abwehr dagegen.“ Auch sei die Angst von vielen am Johanneum greifbar, dass das Thema Missbrauch der heutigen Schule schaden könne. Das Ergebnis sei – Schweigen. Und Unsichtbarkeit der Betroffenen wie der Täter. Hackert weiter: „Ein Gedenkort am Johanneum könnte genau diesen Teufelskreis durchbrechen.“ Ziel sei es, die Missbrauchsfälle im früheren Internat anzuerkennen als einen Teil der Schulgeschichte. Es geht der Initiative um „begreifbares Erinnern jenseits von Schuldzuweisungen“. Dieses Erinnern könne auch als zeitgemäße Vorbeugung, Prävention, funktionieren, als Ansatz weit über die Schule hinaus, um solche Taten künftig auszuschließen.

Konkret ist laut Michael Hackert Folgendes geplant: „Wir wollen dem Schweigen und Abwiegeln ein Ende bereiten und uns für eine Kultur der Anerkennung einsetzen.“ Der Initiativkreis „Gedenkort am Johanneum“ will der Schule ein Sitzmöbel für den Außenbereich schenken. Darauf wird ein Text zu lesen sein, der in einem gemeinsamen Prozess entstehen und verschiedene Perspektiven sichtbar machen soll. Ein Workshop dazu findet am Samstag, 25. August, am Johanneum statt. Hierzu haben sich bereits mehr als zehn Personen angemeldet, darunter auch einige aus den Reihen der Missbrauchsopfer.

Der ausdrückliche Wunsch ist es, dass auch Vertreter der Schule, des Ordens und auch der Diözese Speyer bei diesem Workshop teilnehmen.  Die Sitzgruppe ist im Übrigen laut Hackert inzwischen fertig „und wartet auf den Transport nach Homburg“.

Über den geplanten Gedenkort am Gymnasium Johanneum in Homburg kann man sich im Internet auf der Webseite www.gedenkort.net/betterplace informieren — oder auf Facebook unter:  www.facebook.com/gedenkortjohanneum.

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