Ein Füllhorn mit regionalen Geschichten

Homburg · In der 125. Ausgabe der Saarpfalz-Zeitschrift gibt es wieder viele interessante Beiträge zu entdecken. So ist zum Beispiel eine Übersetzung des Webenheimer „Brauchbuchs“ nachzulesen. Zudem gibt es Wissenswertes zu den Ehrenmalen für die Opfer des Ersten Weltkriegs.

 Von dem Künstler Karl Riemann stammen die religiösen Szenen im Park des Kapuzinerklosters Blieskastel. Sie spielten auch bei Prozessionen eine Rolle. Fotos: Martin Baus

Von dem Künstler Karl Riemann stammen die religiösen Szenen im Park des Kapuzinerklosters Blieskastel. Sie spielten auch bei Prozessionen eine Rolle. Fotos: Martin Baus

"Ein köstlich Mittel für Manns-Persone, so ein Manns Person, einen bösen Sprunck thut, wie es oft der Fall ist oder geschehen kann, oder sich an das Gemäch stößt, daß es geschwöllt, daß es scheint, als wann es ein Bruch wäre, so nehmt vor 2 Kreuzer Peterling Waßer, gib es dem Patienten morgens nüchtern zu trinken, und so es ihn auf das Waßer treibt, so gib ihm den andern Morgen, für ein Batzen zu trinken. Laß ihn allemal etliche Stunden darauf fasten. Es hilft - gewißlich mit der Hülfe Gottes - und ist probirt worden an Gottfried Rupp von Webenheim": Aus Zeiten, in denen die Behandlungen von Krankheiten und Verletzungen noch nicht Sache von studierten Ärzten war, stammt diese Therapievariante. Sie ist handschriftlich festgehalten in einem uralten "Brauchbuch", das sich in Familienbesitz des Webenheimer Heimatforschers Horst Weingart befindet. Die Historikerin Doris Grieben hat das schwer lesbare Manuskript nun transkribiert, und ihre Übersetzung ist in der neuen Ausgabe der "Saarpfalz"-Zeitschrift nachzulesen.

Heilkundige Frauen, sogenannte "Brauchersch", waren noch bis ins erste Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts speziell in ländlichen Gegenden die Anlaufstelle bei Krankheiten von Mensch und Vieh. "Brauchen war das Hersagen von Segens- und Zaubersprüchen mit meist gleichzeitigem Auflegen der Hand auf die betroffene Stelle", kommentiert Horst Weingart das umfangreiche "Brauchbuch", das nun komplett in den "Blättern für Geschichte und Volkskunde " nachzulesen ist.

In dem vom Saarpfalz-Kreis herausgegebenen regionalhistorischen Heft, der 125. Nummer übrigens seit 1983, sind die Wallfahrtsanlagen des Blieskasteler Kapuzinerklosters ein weiteres Thema. Gregor Scherf vom Landesdenkmalamt zeichnet die Geschichte und religiösen Hintergründe jener Figurengruppen nach, die der Künstler Karl Riemann (1889-1945) geschaffen hat. Welche Rolle etwa Szenen wie "Predigt an die Tiere vom hl. Franziskus", der "Brunnen des hl. Konrad von Parzham" oder auch das "Pfeilenwunder von Gräfinthal" bei den Prozessionen der Pilger spielen und wie sich seit ihrer Platzierung nach 1930 gewandelt haben, erläutert der Denkmalpfleger.

Den Ersten Weltkrieg vor einem Jahrhundert nahm der Bundeswehrsoldat Jan Eberling zum Anlass, die Ehrenmale zu untersuchen, die sich in den saarpfälzischen Ortschaften für die Opfer der Kriege insgesamt erhalten haben. Zumeist an markanten Stellen wie Friedhöfen, Kirchen oder auf zentralen Plätzen errichtet, weisen sie nach seinen Beobachtungen ganz unterschiedliche Charakteristika auf. Heroisches Erinnern an die "Helden", die ihr Leben für "ihr Vaterland" ließen, stilles Gedenken und schlichte Trauer, religiöse Symbolik, aber auch Rachegelüste und Vergeltung sind die Motive, die auch durch Inschriften und Skulpturen zum Ausdruck kommen. Obwohl es definitiv kein Kriegerdenkmal werden sollte, beleuchtet Eberling auch das letztlich nicht realisierte Projekt, über der Stadt Homburg, oben auf dem Schlossberg, einen 33 Meter hohen "Saarbefreiungsturm" mit Aussichtsplattform zu errichten - anlässlich der Rückgliederung des "Saargebietes" 1935 an Nazi-Deutschland waren die Planungen angelaufen.

Rainer Lagall steuert der neuen "Saarpfalz" Nachrichten aus der "Parr" im 19. Jahrhundert bei; dass Utweiler 1863 beispielsweise 127 Einwohner und damit doppelt so viele wie heute zählte, dass in Peppenkum zur gleichen Zeit hauptsächlich von Seidenwebern und Tagelöhnern bewohnt war und dass Medelsheim 1897 Anschluss an das Telegrafennetz bekam, sind einige der informativen Daten. Wie der St. Ingberter Heimatforscher Wolfgang Krämer die Beerdigung des im Ersten Weltkrieg umgekommenen Künstlers Albert Weisgerber am 7. Juni 1915 "in einem der schönsten Gottesäcker Bayerns, dem großen Schwabinger Nördlichen Friedhofe" erlebte, zeichnet Kurt Schöndorf nach, und dem nahenden 500. Jahrestag des Reformationsbeginns im Jahr 2017 widmet sich Walter Burnikel mit Betrachtungen über den Verlauf der ersten Jahre dieses Umbruchs.

 Das Webenheimer Brauchbuch

Das Webenheimer Brauchbuch

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Auf einen BlickSaarpfalz - Blätter für Geschichte und Volkskunde - Ausgabe 125, 64 Seiten, sechs Beiträge, eine Buchbesprechung, 33 Abbildungen; Kalendarium "historischer Veranstaltungen im dritten Quartal 2016. Bezug: Amt für Heimat- und Denkmalpflege des Saarpfalz-Kreises, Zimmer 417, Landratsamt Homburg, Tel. (0 68 41) 1 04 84 09, E-Mail: ute.klosendorf@saarpfalz-kreis.de sowie im Buchhandel und bei den Kultur- und Verkehrsämtern der Städte und Gemeinden. Preis: 3,25 Euro. bam

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