Ein Ausflug in Gefühle und Erinnerungen

Homburg · Wer seine Fantasie auf eine Expedition führen möchte, der kann dies in der Ausstellung von Jutta Bettinger in der Saalbau-Galerie in Homburg tun. Heute Abend wird sie eröffnet. Wer sich einlässt auf die Arbeiten, spaziert durch eine Welt seiner Erinnerungen und Gefühle.

 Jutta Bettinger steht vor einigen ihrer Arbeiten, die jetzt in der Saalbau-Galerie zu sehen sind. Sie gibt ihren Bildern bewusst keine Titel. Fotos: SZ-Redaktion/Stumm

Jutta Bettinger steht vor einigen ihrer Arbeiten, die jetzt in der Saalbau-Galerie zu sehen sind. Sie gibt ihren Bildern bewusst keine Titel. Fotos: SZ-Redaktion/Stumm

An Wasser denkt man, an eine schroff abfallende Küstenlinie, grauen Himmel. Doch dann, je länger man hinschaut, sich auf die Landschaften einlässt, kommen die Fragen: Ist das Meer oder doch eher ein moosbezogener Boden? Ist das Eis oder Schaum auf sich brechenden Wellen? Ist der Himmel wirklich düster oder ist eine frühmorgendliche Stimmung eingefangen? Blitzen hinten nicht kleine Lichtreflexe durchs Dunkel? Hab' ich nicht etwas Ähnliches schon einmal gesehen, damals auf meiner Reise oder im verwunschenen Garten der Kindheit? Ruhig sehen sie aus, die Bilder, nach puren Landschaften irgendwo auf der Welt. Figuren gibt es nicht: keine Bäume, keine Personen, keine Tiere. Aber ums Abbilden einer Wirklichkeit geht es gerade nicht.

"Seelenlandschaften" nennt Jutta Bettinger ihre Bilder, die ab heute Abend in der Galerie des Homburger Saalbaus zu sehen sind. Die Arbeiten seien ein Eindruck, kein Motiv, Impression und nicht nach einem Bestimmten Abbild gemalt, erklärt die Künstlerin, die aus Homburg stammt, auch hier lebt und arbeitet. Es seien "nicht naturgegebene, sondern konstruierte Landschaften", beschreibt es die Kuratorin der Ausstellung, Françoise J. Mathis-Sandmaier. Sie stehen an der Schwelle von gegenständlicher Vorstellung zum nicht Gegenständlichen.

Erinnerungen, Gefühle, Ängste - alles spiegele sich wider. "Ich schließe meine Augen vor der wirklichen Welt und gehe in meine innere", sagt Jutta Bettinger zu ihrer Arbeitsweise. Da ist es durchaus gewollt, dass Betrachter Unterschiedliches wahrnehmen, jeder soll sein persönliches Erleben, seine Erinnerungen integrieren, sagt sie. Der Betrachter kann sich zurücklehnen, in sich selber einkehren, Gefühle wahrnehmen, positive oder negative. Titel tragen die Bilder dann auch konsequenterweise nicht. Entstanden sind alle, die ausgestellt sind, zwischen 2013 und 2015.

In mehreren Schichten arbeitet Bettinger, für ihre Mischtechnik verwendet sie ganz Unterschiedliches auf MdF-Platten. Aus gepressten Holzfasern: Acryl, Baustoffe, Terpentin Ersatz, Holzbeize, Collage, zum Beispiel. Die i-Tüpfelchen setze sie mit Ölfarbe, erläutert sie. Die Arbeiten entstünden überwiegend am Tisch liegend und über längere Zeit. Wenn sie etwas aufträgt, dann warte sie ab, wie es reagiert. Zwei Tage später sehe sie dann unter Umständen, dass es etwas ganz anderes geworden sei. "Dann bin ich zufrieden oder nicht, greife wieder ein", erklärt sie. Sie reagiere auf das, was entstanden ist. "Ich fange nicht an und habe eine Landschaft so vor Augen", fügt sie hinzu. Bewusst habe sie sich in der Farbgebung eingeschränkt, überwiegend Grautöne setzt sie ein. Trotzdem sind viele Schattierungen zu sehen: etwa braun, beinahe Goldtöne. Vieles entstehe durch Reaktionen der Stoffe, die sie verwendet. Bitumen, als Dichtstoff geläufig, mache etwa Brauntöne in unterschiedlichen Nuancen. Mal löse sie es in Terpentin ersatz auf, mal verwende sie es fester. Meistens arbeite sie an mehreren Bildern gleichzeitig, schlicht auch deshalb, weil diese lange Trocknungszeiten haben. Blau ist ebenfalls in ihren Bildern präsent - als Himmel oder Meer - das, was der Betrachter darin für sich findet. Wasser spiele für sie sowieso eine große Rolle - mal als Eis, mal aufgelöst, auch als Dunstglocke oder dann, wenn sich scheinbar etwas darin spiegelt.

Vier etwas kleinformatigere Bilder aus der Serie Durchblick fallen in der Ausstellung etwas aus der Reihe: Hier finden sich Figuren oder eher Fragmente von Personen - ohne Gesichter, ohne Hände, ohne Beine. "Sie haben Haltung", sagt Mathis-Sandmaier. Daran ließen sich seelische Qualitäten ablesen. Skizzenhaft wirken sie, wie angedeutet und mehr symbolisch in ihrer Handlungsunfähigkeit.

Was aber jeder für sich in Jutta Bettingers Arbeiten findet, liegt im Auge oder vielmehr der Fantasie und in den Erinnerungen des Betrachters.

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HintergrundDie Ausstellung "Seelenlandschaften" mit Bildern von Jutta Bettinger in der Galerie im Homburger Saalbau wird heute, am Montag, 27. April, um 18.30 Uhr eröffnet. Die Begrüßung übernimmt der Kulturbeigeordnete Raimund Konrad; Kuratorin Françoise J. Mathis-Sandmaier führt in die Schau ein. Die Arbeiten sind hier bis zum 17. Mai zu sehen. Öffnungszeiten: Mittwoch bis Freitag, 11 bis 17 Uhr, Samstag und Sonntag von 14 bis 17 Uhr sowie vor dem Theatergastspiel am Donnerstag, 7. Mai, von 19 bis 20 Uhr. Der Eintritt zur Ausstellung ist frei. Die Künstlerin führt an drei Terminen persönlich durch die Ausstellung "Seelenlandschaften": Sonntag, 3. Mai, Samstag, 9. Mai, sowie Sonntag, 17. Mai, jeweils ab 15 Uhr. Auch dazu ist der Eintritt frei. ust

 Ein hell-dunkles Doppel von Jutta Bettinger.

Ein hell-dunkles Doppel von Jutta Bettinger.

 In mehreren Schichten arbeitet die Künstlerin Jutta Bettinger – dadurch entstehen besondere Effekte.

In mehreren Schichten arbeitet die Künstlerin Jutta Bettinger – dadurch entstehen besondere Effekte.

 An einen Mangrovenwald erinnert diese Arbeit von Jutta Bettinger, man kann natürlich auch etwas ganz anderes darin sehen.

An einen Mangrovenwald erinnert diese Arbeit von Jutta Bettinger, man kann natürlich auch etwas ganz anderes darin sehen.

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Zur PersonJutta Bettinger studierte Freie Kunst an der Hochschule der Bildenden Künste/Saar bei Professor Bodo Baumgarten. Ihr Diplom machte sie mit Auszeichnung. Sie wurde Meisterschülerin. Ihre Arbeiten waren in vielen Ausstellungen im Land zu sehen, auch in der Jahresausstellung Homburger Künstler. Internet: www.jutta-bettinger.de ust

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