Ein Abend voller Wunder

Homburg

Homburg. Wer gestern ab 17 Uhr auf dem Campus des Uniklinikums unterwegs war, hatte die Qual der Wahl: Vortrag oder Experiment? Erst mal Glühwein mit Waffeln futtern und dann den Nerv im eingeschlafenen Fuß messen lassen?"Das Schöne ist, dass die Besucher Zugang zu Bereichen haben, die sonst verschlossen sind" erklärte Professor Michael Menger, Dekan der medizinischen Fakultät, "heute Abend kann man sich ein bisschen vorstellen, was da passiert." Was sind Stammzellen? Wie sehen Krebszellen aus? "Das alles kann man ohne Hemmschwelle betrachten", betonte Menger, der diese beliebte und jedes Jahr sehr gut besuchte "Lange Nacht der Wissenschaft", die von seinem Vorgänger Mathias Montenarh ins Leben gerufen worden war, nun schon im fünften Jahr betreut.

Er stellte sich gestern gut gelaunt den Fragen der Besucher im großen Forschungsgebäude. Auch Professor Markus Hoth war dort präsent, er warb für den neuen Studiengang Biophysik. Dass man für die komplizierte Schnittstelle zwischen Physik, Medizin und Biologie engagierte und talentierte junge Leute braucht, machte Hoth deutlich: "Die Ansprüche sind hoch, aber dafür sind wir auch international gut aufgestellt hier in Homburg."

Überhaupt war erstaunlich, wie viele Jugendliche gesten auf dem Campus präsent waren. Anke Petri und Helena Seidel hatten zusammen mit zwei anderen Mädchen aus ihrer Klasse eine Fahrgemeinschaft gebildet. Sie kommen aus Kaiserslautern und wollen in Homburg Medizin studieren. "Die lange Nacht der Wissenschaft ist bei uns an der Schule bekannt gemacht worden", sagte Anke, "unser Biolehrer kommt aus dem Saarland und hat uns diese Veranstaltung empfohlen."

Aus Homburg stammt die achtjährige Jana, die unbedingt mit ihrer Mama ins Jose-Carreras-Zentrum möchte. "Da wird DNA rausgeholt", erklärte sie stolz, "das ist Erbgut. Meine Freundin war schon drin, jetzt will ich auch mal probieren." Rund fünf Doktoranden, die im Carreras-Zentrum forschen, arbeiteten gestern gemeinsam mit den Kindern an einem langen Tisch, um aus Bananen, Kiwis und Tomaten das Erbgut zu isolieren.

"Wir sind heute Abend gerne gekommen", sagte Jan Parrucker, "wir freuen uns, wenn's den Kindern Spaß macht." Kurz darauf begann nebenan der Vortrag, ob Menschen hunderte von Jahren alt werden können. Die Besucher standen vorsorglich schon mal in der Schlange. Aber auch ein Gebäude weiter war der Hörsaal brechend voll: "Placebo, die unverstandene Kraft zu heilen" lautete der Titel, den Professor Volker Köllner ausgesucht hatte. Und warum? "Ich wollte mich immer schon mal mit diesem Phänomen beschäftigen", erklärte er, "und da bot die Lange Nacht eine prima Gelegenheit, diesen Vortrag auszuarbeiten." Er war also auch im eigenen Interesse gekommen.

Ebenso die Virologie-Professorin Sigrun Smola, Fachärztin für Mikrobiologie, Virologie und Infektions-Epidemiologie. Sie wollte angesichts des Informations-Chaos' endlich mal wissenschaftlich fundiert, verständlich und wohltuend neutral über das Schweinegrippe-Virus informieren. Dass die Nacht der Wissenschaft kostenlos ist, sollte man würdigen. Für viele der Top-Vorträge würden andernorts Tausende von Euro bezahlt werden. In Homburg ist es Bürgerservice.

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