Gesprächsrunde „Aufstehen gegen rechtsextremen Hass!“ Flashmob und klare Worte gegen rechte Hetze

Homburg/Bexbach/Kirkel · Etwa 100 Interessierte haben in Kirkel über rechte Hetze, deren Verortung in der Gesellschaft und die Folgen gesprochen. Zu Gast waren Polizei-Gewerkschafts-Chef David Maaß und Verfassungsschützer Helmut Albert.

 Rund einhundert Zuhörer und Zuhörerinnen nahmen am Freitag aktiv an der Diskussionsrunde mit David Maaß, Esra Limbacher und Helmut Albert im Ratssaal der Gemeinde Kirkel teil.

Rund einhundert Zuhörer und Zuhörerinnen nahmen am Freitag aktiv an der Diskussionsrunde mit David Maaß, Esra Limbacher und Helmut Albert im Ratssaal der Gemeinde Kirkel teil.

Foto: Thorsten Wolf

Vor zwei Wochen hatte ein Facebook-Post von David Maaß, dem Vorsitzenden der Gewerkschaft der Polizei im Saarland, bundesweit für Furore gesorgt. In seinem Social-Media-Auftritt hatte Maaß über die AfD geschrieben: „Die AfD ist eine der geistigen Brandstifterinnen des Rechtsextremismus; sie ist keine Alternative, sondern eine Schande für Deutschland!“ Am vergangenen Freitag nun bekräftige Maaß seine Position noch einmal. Schauplatz dafür war eine gemeinsame Veranstaltung der SPD-Fraktionen im Kirkeler Gemeinderat und im Kreistag des Saarpfalz-Kreises. Da diskutierte Maaß zusammen mit Esra Limbacher, dem Fraktionssprecher beider SPD-Fraktionen, und Helmut Albert, dem Leiter des saarländischen Verfassungsschutzes unter dem Titel „Von rechter Hetze und Drohbriefen bis zum Terroranschlag - Aufstehen gegen rechtsextremen Hass!“ im Schatten der Morde und Anschläge von Kassel, Halle und Hanau die aktuelle Situation.

Noch bevor sich die rund 100 Gäste im Ratssaal der Gemeinde sehr aktiv an der angebotenen Diskussion beteiligten, hatte ein Flashmob vor dem Rathaus in einer politisch aufgeheizten und polarisierten Zeit das Wesentliche in den Mittelpunkt gerückt: den Menschen, und das gleich in mehreren Sprachen.

Danach hatte Esra Limbacher als Gastgeber das erste Wort. Und das war deutlich. „Der Mord an Walter Lübcke in Kassel, die Morde von Halle und jetzt der unfassbare Massenmord in Hanau – all das hat gezeigt, dass der rechte Terror in Deutschland zurückgekehrt ist. Und der rechte Terroranschlag von Hanau ist mehr als die abscheuliche Tat eines Einzelnen. Er steht in einer langen Reihe faschistischer und rassistischer Taten.“ Dabei beginne, so Limbacher, all das mit sozialer Ausgrenzung, verbalem Hass und Drohbriefen.

Doch wie sieht es aus in der rechten Szene? Darüber gab Helmut Albert aus Sicht des saarländischen Verfassungsschutzes in einem bemerkenswerten Vortrag in Zahlen und Fakten recht detaillierte Einblicke. Den Kreis von gewaltbereiten und gewalttätigen Akteuren aus dem rechten Spektrum beleuchtete Albert dabei genauso wie die Szene der so genannten Reichsbürger und die Entwicklung der „Identitären Bewegung“. Beunruhigend diese Feststellung Alberts: „80 Prozent der rechten Gewalttäter kommen aus dem normalen Bürgertum, sind normale Bürger, die aber ein rassistisches, antisemitisches Weltbild haben.“ Aus der vom Verfassungsschutz beobachteten rechtsextremen Szene heraus gebe es hingegen kaum Täter, „die Täter kommen aus der Mitte der Bevölkerung“. Auch aufgrund des oft spontanen Charakters solcher Taten sei es für die Sicherheitsbehörden schwierig, diese zu verhindern. In diesem Kontext zeichnete der Verfassungsschutzchef auch das Bild eines rechtsextremen Spektrums, dessen Erscheinen sich in den vergangenen zwei Jahren massiv gewandelt habe. So würden rechtsextremistische Strukturen wie Parteien, Kameradschaften und festgefügte Skinhead-Gruppen immer seltener. An deren Stelle seien Plattformen im Internet getreten, auf denen sich Rechtsextremisten nun organisierten. Dazu kämen, so Albert, Einzelpersonen, die sich im Netz schnell radikalisierten und für den Verfassungsschutz so nicht erkennbar seien.

Was den Abend in Limbach auszeichnete, das war das Fehlen von Polemik und zugleich die Sachlichkeit, die alle Beiträge kennzeichneten. Das zeigte auch die Diskussion mit den Gästen. In der wiederholte David Maaß seine Forderung, dass man mit Protestwählern, die nun in den Reihen der AfD zu finden seien, das Gespräch suchen müsse. „Ob man wirklich Neo-Nazis von der Demokratie überzeugen kann, das wage ich zu bezweifeln. Aber in der AfD gibt es ganz, ganz viele Protestwähler. Mit diesen Menschen müssen wir ins Gespräch kommen, hier müssen wir den Rechtspopulismus entzaubern.“

 Vor der Veranstaltung „Von rechter Hetze und Drohbriefen bis zum Terroranschlag - Aufstehen gegen rechtsextremen Hass!“ gab es einen Flashmob vor dem Rathaus in Limbach.

Vor der Veranstaltung „Von rechter Hetze und Drohbriefen bis zum Terroranschlag - Aufstehen gegen rechtsextremen Hass!“ gab es einen Flashmob vor dem Rathaus in Limbach.

Foto: Thorsten Wolf

Helmut Albert schließlich gab zum Ende der rund eineinhalbstündigen Veranstaltung der Politik noch einen deutlichen Handlungshinweis: So sei es nötiger, in Bildungs- und Präventionsprojekten und -programmen gegen Extremismus vor allem die Vorteile des politischen Systems in Deutschland zu vermitteln, zu erklären „warum es uns in Deutschland seit Ende des Krieges so gut geht. Das wird im Grunde genommen in den Schulen ziemlich vernachlässigt.“ Auch sei es wenig sinnvoll, so Albert, immer wieder Fördermittel in neue Projekte zu stecken. „Da gibt es eine Anstoßfinanzierung und dann werden die Gelder nachher wieder eingestellt und dann geht das Projekt kaputt.“ Wichtig sei ihm hingegen, erfolgreiche Projekte zu erkennen und diese dann langfristig zu fördern.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort