Die Grippe hat Homburg im Griff

Homburg · Am Uniklinikum sind Pflegekräfte erkrankt, in Büros und in den Industrie-Betrieben flattern Krankmeldungen auf den Tisch. Nur in den Arztpraxen herrscht Hochbetrieb. Die Grippewelle fällt diesmal ungewöhnlich hoch aus. SZ-Redakteurin Christine Maack befragte Dr. Jürgen Rissland vom Institut für Virologie am Uniklinikum.

Die Kindergärten sind leer, die Büros verwaist - nur in den Apotheken herrscht Hochbetrieb. Seit Mitte Januar geht dort die typische Erkältungsmedizin über den Tresen. Alles werde nachgefragt, von Antibiotika auf Rezept bis zu Hausmittelchen zum Einreiben oder Inhalieren, so die Erfahrung der Apotheken in der Saarpfalz.

Kein Wunder, in Homburg und Umgebung grassiert neben diversen Atemwegserkrankungen wie Bronchitis oder Rachenentzündungen auch die richtige Grippe, Influenza genannt. Ein Blick auf die Deutschlandkarte des Robert-Koch-Institutes, auf der in verschiedenen Farben die Verteilung der Erkältungswelle abgebildet ist, zeigt, dass das Saarland eine "stark erhöhte" Häufigkeit der Atemwegserkrankungen aufweist.

Die Karte bilde nicht nur die Grippe-Fälle ab, sondern zusätzlich auch akute Atemwegserkrankungen wie Bronchitis , Rachen- und Lungenentzündungen. Die konkrete Zahl der Erkrankten lässt sich aber schwer sagen, man kann lediglich die Krankheitswelle definieren, was daran liegt, dass viele Erkrankte gar nicht zum Arzt gehen. Oder sie werden nicht in allen Fällen registriert.

Lediglich in einem Zipfel der Landkarte, der der Bliesgau sein könnte, ist die Erkrankungsrate nur "deutlich bis moderat" erhöht. Doch auch dort wird man nicht verschont bleiben, denn wie die am Robert Koch-Institut (RKI) angesiedelte Arbeitsgemeinschaft Influenza in ihrem Wochenbericht mitteilt, wird die Aktivität der akuten Atemwegserkrankungen in den kommenden Wochen noch steigen.

Schon seit Jahresbeginn haben Experten anhand der Erhebungen des Robert-Koch-Institutes beobachten können, "dass die Grippewelle auf uns zurollt". Vor allem an der Anzahl der erkrankten Kinder könne man dies zuerst ablesen - und dann hochrechnen, denn die Ansteckungswege seien bekannt.

Obendrein habe die Fastnacht mit ihren Menschenansammlungen auch einen gewissen Anteil an der Verbreitung der Viren, sagt Dr. Jürgen Rissland, Oberarzt am Institut für Virologie am Uniklinikum. Denn erfahrungsgemäß baue sich die Grippewelle zu Jahresbeginn langsam auf, nehme Mitte Januar Fahrt auf und strebe zwischen der sechsten und zehnten Kalenderwoche ihrem Höhepunkt zu. Und der fällt zeitlich dann meist gerade in die Fastnachtszeit. Immerhin sind derzeit noch Ferien. Dieser Umstand hat vermutlich viele Schulkinder vor Ansteckung bewahrt. Angesichts der vielen Krankheitsfälle fragen sich viele Leute, wie sinnvoll eine Grippeimpfung überhaupt ist.

Rissland: Die Impfung ist der zweitbeste Schutz vor Grippe. Der beste ist, jeden persönlichen Kontakt zu anderen Menschen zu vermeiden. Da sich dies nicht monatelang durchhalten lässt, bleibt die Impfung immer noch die beste aller Schutzmaßnahmen.

Wovor schützt eine Grippeimpfung tatsächlich?

Rissland: Diese Frage stelle ich meinen Studenten auch immer. Denn es ist wichtig zu wissen, dass eine Impfung nicht dafür sorgen kann, dass man überhaupt keine Infektion bekommt. Aber die Impfung erfüllt eine wichtige Schutzfunktion, nämlich, dass ein leichter grippaler Infekt sich nicht zu einer schweren Infektion ausweitet.

Wer legt fest, welche Zusammensetzung der Impfstoff haben soll?

Rissland: Das macht die Weltgesundheitsorganisation . Dort werten die Experten die Ergebnisse aus verschiedenen Beobachtungsstationen aus und rechnen anhand der Infektionen, die in der Vorsaison auftreten, die ideale Zusammensetzung aus. Das heißt, man muss die Zukunft also schon Monate voraussehen.

In diesem Jahr soll es im Impfstoff eine Art Lücke geben, er ist nicht so wirksam, wie er sein sollte. Stimmt das?

Rissland: Ja, es gibt diesmal einen so genannten Missmatch bei einer A-Komponente. Das ist so zu erklären: Ein Impfstoff enthält immer drei Antigene. Zwei Antigene gegen den A-Typus und ein Antigen gegen den B-Typus der Grippe-Erreger. Nun hat sich gezeigt, dass bei einer A-Komponente eine Veränderung des Erregers stattgefunden hat, das heißt, es hat sich ein neuer Stamm aufgebaut. Gegen diesen Stamm ist der Impfschutz nicht so wirksam, wie man sich erhofft hat.

Hat die Impfung deshalb nichts genutzt, wie manche Impfgegner sagen?

Rissland: Das ist Quatsch. Natürlich schützt auch diese Impfung vor einer schweren Erkrankung. Das Problem sind ja nicht diejenigen, die geimpft sind, sondern diejenigen, die es nicht sind. Leider ist die Zahl der Grippeimpfungen rückläufig. Eine Dosis Grippeimpfstoff kostet zwischen sieben und zehn Euro, ist also extrem günstig. Man geht fahrlässig mit seiner Gesundheit um, wenn man sich nicht schützt.

Nutzt es etwas, wenn man sich jetzt noch impfen lässt?

Rissland: Wenn man davon ausgeht, dass die Grippewelle sich noch bis Ende April hinzieht, macht es durchaus noch Sinn.

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