Erbach Kishon-Abend mit der besten Ehefrau

Erbach · Das deutsch-jüdische Theater aus Berlin brachte die immer noch aktuellen und beliebten Kishon-Geschichten auf die Bühne: Der normale  Alltags-Wahnsinn und die beste Ehefrau von allen.

 Alexandra Julius Fröhlich und Joachim Kelsch vom deutsch-jüdischen Theater Berlin gestalteten einen amüsanten Abend mit Texten von Ephraim Kishon. Die Wiedererkennungsquote der amüsanten Geschichten war hoch, manche Formulierungen sind längst Klassiker geworden.

Alexandra Julius Fröhlich und Joachim Kelsch vom deutsch-jüdischen Theater Berlin gestalteten einen amüsanten Abend mit Texten von Ephraim Kishon. Die Wiedererkennungsquote der amüsanten Geschichten war hoch, manche Formulierungen sind längst Klassiker geworden.

Foto: Sebastian Dingler

Da musste Gertrud Fickinger nicht lange zögern: Als bei der Veranstaltungsreihe „1700 Jahre jüdisches Leben in Deutschland“ ein Ephraim Kishon-Abend zur Auswahl stand, habe sie laut „Hier!“ gerufen. Die Leiterin der Katholischen Erwachsenenbildung Saarpfalz ist großer Fan des jüdisch-ungarischen Autors, dessen Verwandtschaft größtenteils in Auschwitz ermordet wurde.

Die Veranstaltungsreihe läuft seit Januar, damals natürlich noch rein online, und dauert bis in den Oktober. Ausrichter sind die Evangelische Kirche der Pfalz und das Bistum Speyer. Im Jahr 321 nach Christus erließ Kaiser Konstantin in Köln ein Gesetz, dass Juden zu städtischen Ämtern zugelassen werden - dies ist der historisch erste Nachweis von Juden in Mitteleuropa. Die katholische und die evangelische Kirche möchte sich mit den Studienfahrten, Konzerten, Lesungen und Vorträgen gegen Antisemitismus einsetzen.

Der Ephraim Kishon-Abend fand im Erbacher Thomas Morus-Haus als szenische Lesung statt. Zwei Darsteller des deutsch-jüdischen Theaters Berlin schlüpften in die Rollen von Kishon und dessen Ehefrau. Während Joachim Kelsch das Alter Ego des humoristischen Autors gab, spielte Alexandra Julius Fröhlich „die beste Ehefrau von allen“, so einer der Running Gags des Abends.

Typische Paarprobleme wurden mit viel Humor verarbeitet, aber auch solche, die Paare mit anderen Paaren haben. So fürchtet das Ehepaar Kishon die Besuche des Ehepaars Spiegel so sehr, dass sie abwechselnd Wache halten um Alarm zu geben, wenn die Spiegels anrücken. Diese klingeln dann zwar Sturm, scheinen aber auch nur vom sozialen Druck getrieben. „Gott sei Dank, sie sind nicht zuhause“, sagte Frau Spiegel, als nicht geöffnet wird.

Genau diese gesellschaftlichen Zwängen spielen auch in der Anekdote eine Rolle, als Kishons bei anderen Leuten eingeladen sind und sich genötigt sehen, sämtliche Speisen über den grünen Klee hinaus zu loben. Nur als er beim Fruchtsalat angelangt ist, meint er, es würde doch auffallen, wenn er immerzu nur Superlative verwendet. Somit meint er, dieser schmecke etwas säuerlich - was natürlich zur Katastrophe führt, handelt es sich beim Fruchtsalat doch um die einzige Speise, die die Gastgeberin selbst zubereitet hat.

Fröhlich und Kelsch wechselten aber auch in andere Rollen, etwa in jene von Kleinkind und Babysitterin. Weil das Kleine nicht schlafen will, erzählt die Babysitterin das Märchen von Rotkäppchen - allerdings in einer heftig brutalen Version. „Das Blut spritzt in einer Riesenfontäne aus dem Wolf heraus“, hieß es da etwa. Das Publikum amüsierte sich hier besonders, auch, als das Kind das Ende des Märchens mit „Krass, Alter!“ kommentierte.

In der Pause erzählten die beiden Darsteller, dass das deutsch-jüdische Theater in diesem Jahr Jubiläum feiert: Es wurde vor 20 Jahren vom 2016 verstorbenen Dan Lahav ins Leben gerufen. Dieser war 1946 in Haifa geboren worden, nachdem seine Eltern Deutschland rechtzeitig vor dem Holocaust verlassen hatten.

 Joachim Kelsch (mit Perücke) spielte eine etwas seltsame Babysitterin mit Hang zu blutrünstigen Geschichten.

Joachim Kelsch (mit Perücke) spielte eine etwas seltsame Babysitterin mit Hang zu blutrünstigen Geschichten.

Foto: Sebastian Dingler

Fröhlich und Kelsch selbst sind keine Juden, sagten aber: „Wir wollen die jüdische Kultur jedem nahebringen, da ist es doch egal, ob wir christlich oder jüdisch sind.“ Das Kishon-Programm spielten die beiden seit Oktober zum ersten Mal wieder - bei den über 30 Zuschauern kam das bestens an. Kishons satirische Alltagsbetrachtungen sind eben heute noch immer so aktuell wie zur Zeit ihrer Entstehung.

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