Der Krieg hinterlässt Spuren

Jägersburg · Eine besondere Form der Aufklärung von Kriegsgeschichte betreibt die Arbeitsgruppe Vermisstenforschung um Uwe Benkel. Ihr Ziel: Flugzeugabstürze im Zweiten Weltkrieg untersuchen, um Klarheit über die Identität der Toten zu bekommen.

 Vor seinem Vortrag in der Jägersburger Gustavsburg präsentierte Uwe Benkel von der „Arbeitsgruppe Vermisstenforschung“ die Spitze eines Rotorblattes des 1945 über Sanddorf abgestürzten, britischen Bombers. Foto: Thorsten Wolf

Vor seinem Vortrag in der Jägersburger Gustavsburg präsentierte Uwe Benkel von der „Arbeitsgruppe Vermisstenforschung“ die Spitze eines Rotorblattes des 1945 über Sanddorf abgestürzten, britischen Bombers. Foto: Thorsten Wolf

Foto: Thorsten Wolf

Es war die Nacht vom 14. auf den 15. März 1945, als Bomberverbände der Royal Air Force Homburg und Zweibrücken angriffen. Für Capitaine Clement Brunet, einen der Piloten der insgesamt 161 Kampfflugzeuge mit Ziel Homburg, und seine Besatzung aus weiteren Angehörigen der "Freien Französischen Luftwaffe" sollte dieser Einsatz tödlich enden. Die Maschine wurde abgeschossen und explodierte über Sanddorf. Ordentlich geborgen wurden die Trümmerteile der Maschine in den Jahren nach dem Krieg nie. Immerhin: Ein Teil der getöteten Besatzungsmitglieder wurden wohl nach dem Krieg auf dem französischen Soldatenfriedhof Pierrepont in einem Gemeinschaftsgrab beigesetzt. So zumindest ist es in der umfangreichen und detaillierten Dokumentation "Abgeschossen und gefallen ... im Raum Homburg/Saar" aus der Feder von Uwe Benkel zu lesen.

Doch mit diesen detailreichen Schilderungen aus der Nacht des 14. auf den 15. März 1945 und der Zeit danach ist es für Benkel und seine ehrenamtliche "Arbeitsgruppe Vermisstenforschung" im Fall der über Sanddorf abgestürzten Maschine nicht getan. Nun soll die Absturzstelle mit Genehmigung der zuständigen Stellen in Saarbrücken detailliert untersucht werden. Das und mehr erläuterte der aus dem pfälzischen Heltersberg stammende "Überzeugungstäter" am Mittwochabend bei einem Vortrag in der Jägersburger Gustavsburg. Auf Einladung des Stadtarchivs der Stadt Homburg gab Benkel dabei auch einen detailreichen Überblick über alle bekannten Weltkriegsabstürze im Raum Homburg, gleich welcher Nation.

Zuvor stellte er sich zusammen mit Michael Emser, dem zuständigen Abteilungsleiter für Denkmal- und Museumspflege der Stadt, den Fragen unserer Zeitung. Dabei wurde schnell klar: Das Hauptziel der Arbeit von Benkel und seinen Mitstreitern ist die Suche nach vermissten Soldaten. Gerade darauf hob Emser mit Blick auf den abgeschossenen Bomber von Sanddorf deutlich ab. "Das ist für mich besonders wichtig. Mir geht es darum, dass Verwandte wissen, was mit ihren Angehörigen damals passiert ist. Das ist meine Herzensangelegenheit. Und deswegen unterstütze ich Uwe Benkel bei seiner Arbeit in Sanddorf."

Diese Arbeit soll in Kürze beginnen, nachdem eine erste Untersuchung schon kleinere Funde ans Tageslicht brachte - unter anderem auch menschliche Überreste. Die seien gesichert worden, um sie zu einem späteren Zeitpunkt und zusammen mit möglichen weiteren Funden dieser Art am Homburger Universitätsklinikum untersuchen zu lassen.

Für Benkel bei diesem Engagement von entscheidender Bedeutung: Alle Fundstellen, gleich welcher Kriegspartei das Flugzeug auch war, würden untersucht, sofern die fundierte Vermutung bestünde, dass dem Piloten oder der Besatzung ein Ausstieg aus der abgeschossenen Maschine nicht mehr möglich war. Dies mache der Gruppe nicht nur Freunde, gerade wenn man Gefallene der Alliierten ihren Angehörigen zurückgebe. "Wir bekommen Drohbriefe mit dem Vorwurf, warum wir diese Piloten bergen. Wir sollten uns doch besser nur um die Deutschen kümmern." Doch genau das machen Benkel und seine Arbeitsgruppe nicht. Sie sehen ihren Einsatz auch als einen für die Völkerverständigung, 70 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs.

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Auf einen BlickSeit 1989 beschäftigt sich die "Arbeitsgruppe Vermisstenforschung" damit, Gefallene des Zweiten Weltkriegs auf der Basis von Zeitzeugen-Aussagen zu finden, zu identifizieren und die sterblichen Überreste oder private Fundstücke den Angehörigen zurückzugeben. Im Bereich von abgeschossenen Flugzeugen wurden insgesamt 140 Fundstellen in ganz Deutschland und Frankreich eingehend und aufwendig überprüft, die Fundstücke gesichert. 48 Gefallene unterschiedlicher Nationalität konnten geborgen werden. thw

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