Musik führte die Ulrichs ins Saarland In Homburg heimisch geworden

Homburg · Carola und Stefan Ulrich stammen eigentlich aus Brandenburg. Ihre Leidenschaft, die Musik, die gleichzeitig zum Beruf wurde, führte sie ins Saarland.

  Carola und Stefan Ulrich sind feste Größe in der Musiklandschaft des Saarpfalz-Kreises: Sie als Leiterin der Musikschule und er als Bezirkskantor.

 Carola und Stefan Ulrich sind feste Größe in der Musiklandschaft des Saarpfalz-Kreises: Sie als Leiterin der Musikschule und er als Bezirkskantor.

Foto: Sebastian Dingler

Es sind zwei musikalische Größen unserer Stadt und sie sind miteinander verheiratet: Carola Ulrich, Leiterin der Musikschule Homburg, und ihr Mann Stefan, Bezirkskantor im evangelischen Kirchenbezirk Homburg. Die beiden stammen aus der Gegend von Berlin, er aus Pankow im ehemaligen Ost-Berlin und sie aus dem brandenburgischen Ort Klausdorf nahe Berlin.

Zu Jugendzeiten, also vor dem Mauerfall, kannte Stefan Ulrich die Ost-Punkszene mit den besetzten Häusern im Stadtteil Prenzlauer Berg. „Zwei, dreimal war ich bei Proben dabei, aber da stand schnell die Volkspolizei auf der Matte, die haben oft Leute verhaftet.“ Feeling B war damals die führende Band dieser Szene, aus ihr ging später Rammstein hervor. „Alle waren scharf auf die Casio-Keyboards, Rammstein-Keyboarder Flake war der erste, der eines hatte.“ Die im Westen als Billig-Keyboards verschrieenen Casios waren noch halbwegs bezahlbar für DDR-Bürger (Ulrich: „Ich hab meins heute noch“), Hochwertigeres wie der Yamaha DX7 dagegen schier unbezahlbar. „Der hat bei uns 20 000 Ostmark gekostet.“

Die Ulrichs lernten sich kennen, als beide 1987 in Greifswald ein Studium der Kirchenmusik anfingen. Den Mauerfall erlebten sie schon als Paar. „Da saßen wir abends nach der Domchorprobe in der Kneipe. Ich habe auf dem Klo jemand getroffen, der hat erzählt, dass die Mauer aufgehen soll.“ Den Abend habe man dann am Radio verbracht, tags darauf seien beide nach Ost-Berlin gefahren, aber erst am 11. November in den Westen. Dort kam es zu einer unglaublichen Begegnung. Carola Ulrich erinnert sich: „Wir gingen da den Ku’damm entlang, da war plötzlich eine Menschentraube, die Leute haben getanzt und musiziert. Plötzlich sehe ich Karnevalsmasken – und da war dann mein Vater“. Der war nämlich nach der Prunksitzung seines Vereins einfach mit ein paar Leuten nach Berlin gefahren. „Ich bin zu ihm hin und hab ihn umarmt – da haben sich ältere Damen aufgeregt, warum da ‚so eine junge Schnepfe‘ dem älteren Herrn um den Hals fällt.“

Carola und Stefan blieben zunächst im Westen, weil sie der Sache noch nicht trauten. Nach einer Woche beschlossen sie aber, ihr Studium in Greifswald zu beenden. Das war 1991 so weit, in eben jenem Sommer heiratete das Paar. Das war auch insofern von Vorteil, als sie deswegen in den Westen gehen konnten. Eigentlich hätte die Landeskirche Brandenburg nämlich einen Anspruch darauf gehabt, dass beide ihr als Kirchenmusiker zur Verfügung stehen, schließlich hatte sie das Studium finanziert. Aber zwei Stellen auf einmal am selben Ort konnte die Kirche den Ulrichs nicht bieten. Es ging nach Hamburg, weil Stefan dort noch ein Orgelexamen ablegen wollte. Die Aufnahmeprüfung schaffte er auch, also bewarb sich Carola dort um eine Stelle als Kirchenmusikerin. Aber nur Letzteres klappte, denn: „Als wir schon in Hamburg waren, kam die Meldung, dass die nur einen pro Jahr nehmen für das Orgelexamen, und du warst an dritter Stelle“, erinnert sich Carola Ulrich.

Er arbeitete dann an einer Tankstelle und bildete sich bei der Music Station weiter. Diese Musikschule wurde von Udo Dahmen geleitet, dem heutigen Chef der Popakademie in Mannheim. „Da waren interessante Leute, etwa die spätere Sängerin von Texas Lightning, Jane Comerford.“ Auch spielte Stefan Keyboard in der Band Coloured Dreams, deren Sänger aus St. Ingbert stammte. „Da haben wir sogar mal auf dem Stadtfest gespielt, da kam ich zum ersten Mal ins Saarland“, erzählt der Kantor. 1993 wurden die beiden Eltern von Zwillingsmädchen. Der Vater kümmerte sich zunächst um die Kinder, während die Mutter arbeiten ging. 1995 sei aber die Stellensituation kritisch geworden. Also beschlossen die Ulrichs, dass Stefan sich bundesweit bewirbt, damit Carola sich um die Kinder kümmern kann. Nach Celle, Fürth, Nürnberg und Hannover hätte es die beiden verschlagen können. Letztlich ging es aber von Hamburg nach Homburg, da dort die neue Stelle des Bezirkskantors geschaffen worden war. „Wir haben dann gleich von Pfarrer Bonkhoff einen Brief bekommen, dass er uns bei der Wohnungssuche behilflich ist. Christel Geimer hat uns dann sofort eine Wohnung in Beeden vermittelt.“

Carola Ulrich fing zunächst mit einem Organistendienst in Schwarzenacker an, leitete alsbald einen Kinderchor und gab Klavier- sowie Flötenstunden. 1998 bekam sie den Anruf von Wilfried Kopp, dem damaligen Leiter der Musikschule Homburg. Eine Stelle als Klavierlehrerin sei frei geworden. 2001 wären die Ulrichs fast nach Bremen gegangen, dort hätten sie sich eine „große“ Kirchenmusikerstelle teilen können. Doch zeitgleich wurde hier die Leitung der Musikschule neu ausgeschrieben. „Innerhalb einer Woche haben wir zwei Zusagen bekommen. Wir haben uns fürs Saarland entschieden, weil wir uns sagten, dass wir eine solche Konstellation nie wieder kriegen.“ In der Tat überschneiden sich die Bereiche der beiden immer wieder: Etwa übernahm Carola Ulrich die Leitung des beim Kirchenbezirk angesiedelten Vokalensembles, „da kann ich noch mal richtig Musik machen“.

Oder ihr Mann greift auf Lehrer der Musikschule zurück, wenn er eine Band gründet wie Luther Experience, bei der er Lutherlieder neu vertont. Seine Zuneigung zu Pop und Jazz ist neben der Begeisterung für die Sakralmusik geblieben: 2007 beendete er ein Studium als Jazzpianist in Saarbrücken. Mit dem Jazz-Saxofonisten Thomas Girard spielt er Duokonzerte in Kirchen, mit den Homburg Harmonists, einem „Nebenzweig“ des Vokalensembles, singt er Schlager der Zwanzigerjahre. Außerdem leitet er, der auch Gitarre und Posaune spielt, den Posaunenchor der Kirchengemeinde.

2010 bezogen die Ulrichs ihr Haus in Jägersburg, es sieht so aus, als würden sie das Saarland nicht mehr verlassen. Gründe dafür gibt es genug: „Es ist hier so schön nah an Frankreich, die Leute hier sind wirklich nett und zugänglich, nicht so reserviert wie in Norddeutschland. Und das Essen hier ist toll.“

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