Folge der Corona-Krise Spenderzahlen bei Blutspendedienst halbiert

Homburg · Experten warnen: Das gefährdet die Versorgung von Patienten nach Operationen. Die Bürger müssten dringend spenden.

Weil immer weniger Spender vorbeikommen, werden auch beim Blutspendedienst Homburg ob der Corona-Krise Blutkonserven knapp.

Weil immer weniger Spender vorbeikommen, werden auch beim Blutspendedienst Homburg ob der Corona-Krise Blutkonserven knapp.

Foto: dpa/Bernd von Jutrczenka

Das Saarland steuert im Zuge der Corona-Krise auf einen dramatischen Mangel an Blutkonserven zu und appelliert an die Spendenbereitschaft der Bürger. Wie Professor Hermann Eichler, Chef des Instituts für Klinische Hämostaseologie und Transfusionsmedizin am Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg (UKS), erklärt, seien beim Blutspendedienst am UKS die Zahlen der Vollblutspender in den vergangenen Tagen um die Hälfte eingebrochen. Aber ähnlich massive Einbrüche habe Eichler etwa an den an Kliniken angesiedelten Diensten in Hamburg-Eppendorf oder Aachen mitbekommen. Deutschlandweit seien die Rückgänge sehr unterschiedlich. Der flächendeckende DRK-Blutspendedienst West, der das Saarland, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz versorgt, habe an diesem Montagmorgen einen Rückgang von 20 Prozent gemeldet. Bei 800 000 Spenden pro Jahr seien das pro Woche rund 3000 Spenden, die im Einzugsbereich der drei Bundesländer fehlten.

„So können wir die Blutversorgung nicht sicherstellen“, warnt Eichler. Denn gerade unser Bundesland ist ohnehin schon auf Zulieferung aus Rheinland-Pfalz angewiesen. „Das Saarland als Region ist Blutmangelgebiet.“ Heißt: Schon seit Jahren werde hier weniger Vollblut gespendet als Vollblutprodukte verbraucht würden. Bei einer Studie, die kürzlich dem Saar-Gesundheitsministerium vorgestellt worden sei, habe man herausgefunden, dass im Saarland über alle Altersgruppen hinweg unterdurchschnittlich Blut gespendet werde. Bisher habe die Zulieferung über die Bundesländergrenzen gut funktioniert. „Wenn aber bundesweit ein Problem auftaucht mit dem Blutaufkommen, dann kann die Region mit dem strukturellen Defizit nicht erwarten, dass sie bevorzugt beliefert ist“, stellt Eichler klar. Seine Mahnung: „Die Saarländer müssen sich klar werden, dass sie selbst für die Blutversorgung zuständig sind“. Es geht jetzt vor allem darum, Nichtspender zum Spender zu machen. Und Spender dazu zu bringen, noch häufiger Blut abzugeben. Gefragt seien hier übrigens sämtliche Blutgruppen. „Wir freuen uns über jeden Spender“, sagt Eichler.

Der Einbruch der Spenderzahlen hänge direkt mit der aktuellen Krise zusammen. „Spender halten sich von den Kliniken fern, wo Corona-Patienten sein könnten“, sagt Eichler. Eine Furcht, die aber niemand zu haben brauche. Der Besuch eines Spendetermins sei nicht mit einem erhöhten Ansteckungsrisiko verbunden, es gelten hier sehr hohe Hygienestandards, schrieben die DRK-Blutspendedienste Rheinland-Pfalz und Saarland sowie die Blutspendedienste des UKS und am Winterberg-Klinikum in Saarbrücken in einem Spendenaufruf schon am vergangenen Dienstag.

Doch rüsten sich die Krankenhäuser nicht gerade ohnehin für Corona-Patienten und verschieben nicht nötige Operationen? Ist der Blutbedarf also auch geringer? Mitnichten, stellt Eichler klar. Planbare Operationen, etwa wegen Leistenbruch, eine Brustverkleinerung, Hüft- und Kniegelenk-OPs, das seien nicht diejenigen, bei denen man Blutkonserven brauche. Ganz anders aber dringende Eingriffe bei Tumorpatienten, bei Früh- oder Neugeborenen, bei Herzlungen-Transplantationen. „Wer Leukämie hat, kann nicht sechs Monate warten, bis Corona vorbei ist. Tumorpatienten generell nicht. Bei Patienten, die in der Cardiochirurgie behandelt werden, kommt es auf die Stabilität des Patienten an. Eingriffe werden meistens gemacht, wenn die Zeit reif ist. Das kann man nicht verschieben“, erläutert der Spezialist. Auch bräuchten Intensivpatienten nach solchen Operationen dringend sofort Blut. Und die erstellten Blutpräparate ließen sich nicht beliebig lange lagern.

Um auf die aktuelle Situation zu reagieren, nimmt der Blutspendedienst am UKS auch freitags Vollblutspenden ab. Sonst ist das freitags nicht möglich. Eine Öffnung an den Wochenenden, wie Ministerpräsident Tobias Hans sie angekündigt hatte, sei aber in Homburg kein Thema. Die Spendezeiten seien auf die Produktionszeiten für die Blutpräparate abgestimmt. Eine Öffnung am Wochenende sei personell nicht leistbar. Damit konfrontiert, stellte Michael Klein, Sprecher des Saar-Gesundheitsministeriums klar, Ziel der Regierung sei es, die Öffnungszeiten wie von Hans genannt auszuweiten, möglichst schon ab dem kommenden Wochenende.

Für alle Spendenwillige gelte wie immer gilt: Menschen mit grippalen Infekten oder Erkältungs-Symptomen sollten sich erst gar nicht auf den Weg zu einem Blutspendedienst oder einer Blutspendeaktion machen, die anwesenden Ärzte auf den Blutspendeterminen würden sie in diesen Fällen nicht zur Spende zulassen. Das gelte auch für Spendewillige, die vor kurzem in den vom Coronavirus betroffenen Risikogebieten waren.

Blutspendedienst am Uniklinikum Homburg, Gebäude 1, Ringstraße 52, 66421 Homburg, Terminvereinbarung: Tel. (0 68 41) 1 62 25 40, E-Mail: blutspende @uks.eu, Spenden kann man in Homburg als Erstspender montags und dienstags, von 8 bis 11 und von 13 bis 14 Uhr, mittwochs und donnerstags von 13 bis 18.30 Uhr und freitags von 8 bis 11 Uhr. Und als Mehrfachspender montags und dienstags von 8 bi 11.45 Uhr und 13 bis 14.45 Uhr, mittwochs und donnerstags von 13 bis 20 Uhr und freitags von 8 bis 11.45 Uhr.

 Professor Dr. Hermann Eichler.

Professor Dr. Hermann Eichler.

Foto: Raºdiger Koop
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