Bliesgau ist mehr als Naturkost

Homburg. Was fällt den Leuten ein, wenn sie ans Biosphärenreservat Bliesgau denken? "Honig, Marmelade, Schnäpse und vielleicht auch noch Schafe", sagt Rudolf Schwarz im Gespräch mit unserer Zeitung. Es gehe aber nicht in erster Linie ums Essen, "sondern um eine ästhetische Annäherung an die besondere Bliesgau-Landschaft"

Homburg. Was fällt den Leuten ein, wenn sie ans Biosphärenreservat Bliesgau denken? "Honig, Marmelade, Schnäpse und vielleicht auch noch Schafe", sagt Rudolf Schwarz im Gespräch mit unserer Zeitung. Es gehe aber nicht in erster Linie ums Essen, "sondern um eine ästhetische Annäherung an die besondere Bliesgau-Landschaft". Seine Absicht teilt auch Peter Lupp, der den Jakobsweg vom Stadtverband Saarbrücken aus betreut und der ebenfalls den ästhetischen Wert der Biosphärenregion einem breiteren Besucherkreis vermitteln möchte. Allerdings in einem Gesamtkonzept, das sich nicht nur auf historische oder kulturelle Spuren bezieht, sondern auch auf tradierte Lebensformen, die schon Kelten und Römer betrieben haben. Schön abzulesen an der Landwirtschaft, den uralten Wegen und den Quellen, die man im Bliesgau findet. Nach der Antike zogen verschiedene Völker durchs Land, besiedelten es, verließen es wieder. "Irgendwo sind ihre Abdrücke noch spürbar, im Stein, im Licht und auf den Wegen", sagt Peter Lupp. Sein Lieblingsobjekt ist die Wintringer Kapelle, ein mittelalterliches Kirchlein aus weißlich-beigem Bliesgaustein, das einst viel größer war, eine richtige Abteikirche, die zu den Wadgasser Prämonstratensern gehörte. Was man heute sieht, ist nur noch der Chor. Er ist nicht prächtig, aber er stahlt jene solide, die Jahrhunderte überdauernde Atmosphäre aus, die die Biosphärenregion auszeichnet. Daneben, im Wintringer Hof, wird derzeit noch Apfelsaft gekeltert. Der ökologische Landbau, für den der Hof bekannt ist, wird von der Lebenshilfe Obere Saar betrieben. Die Leitung hat Gabriele Allwicher, eine resolute, sympathische Dame, die dafür sorgt, dass die Menschen mit Behinderungen ihren Fähigkeiten gemäß sinnvolle Arbeit tun können. Im Moment flechten sie Adventskränze, die am Sonntag beim Weihnachtsmarkt auf dem Hof verkauft werden. Zu diesem Anlass gibt es frischen Birnenaft, heißen Pilgerwein oder Apfelsekt. Sehr stimmungsvoll wird es dann rund um das kleine Kapellchen, dessen einstige Größe noch anhand der Fundamente ersichtlich ist. Übrigens wird jetzt sogar wieder Wein auf einem sanften Hügel gegenüber angebaut. Peter Lupp freut sich darüber, denn nichts wirkt hier künstlich, sondern die Landschaft, die sich vor 240 Millionen Jahren geformt hat, verschmilzt auf natürliche Weise mit den Bewohnern und den weichen Formen der Natur. In der Kapelle hat der Künstler Andreas Kuhnlein eine Rauminstallation mit Holzfiguren angefertigt, die sowohl den spirituellen Ort widerspiegeln als auch seine Rolle als Pilgerstation. Im Chorraum steht eine Frau, eine zerrissene Holzfigur, die einen Rucksack trägt und sich die Augen beschattet. Sie ist unterwegs - zu Gott, zu einem Sinn im Leben oder einfach nur auf den schmalen, harten Kalksteinwegen durch den Bliesgau. Der Sinn, sagen Peter Lupp und Rudolf Schwarz, erschließe sich erst, wenn man sich auf die Landschaft einlasse. Ein Beispiel für das Fühlen und Erkennen der Besonderheit der Biosphärenregion ist der Bliesgauhocker, ein Objekt, das Schwarz im Jugenddorf in Schwarzenbach aus luftgetrocknetem Holz von den Streuobstwiesen herstellen lässt - aus sieben verschiedenen Hölzern. Wer den Hocker haben möchte, muss zwingend einen Baum pflanzen. Ein bisschen wie Josef Beuys? Rudolf Schwarz bewundert den großen Künstler, der schon lange vor der heutigen Zeit den Ansatz zwischen Kunst, Geschichte und Landschaft erkannt hat. Den meisten Menschen erschien es vor 30 Jahren völlig verrückt, in uralte, italienische Olivenölwannen aus grauem Stein wieder Olivenöl hineinzufüllen, damit das Öl mit dem Stein zusammen altern und vergehen möge. Das Kunstwerk steht im Züricher Kunsthaus. Wer vorher im Bliesgau war, versteht genau, was gemeint ist.Adventsmarkt auf dem Wintringer Hof am Sonntag, 21. November. Ab 16 Uhr Führung durch Peter Lupp durch die Kunstausstellung. Im Hof ein großes wärmendes Feuer, Kunsthandwerk aus Naturmaterialien, heiße Getränke. Infos gibt es unter der Telefonnummer: (0 68 05) 10 45.

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