Betriebsräte aus Homburg siegten beim Mitbestimmungspreis Vom erfolgreichen Einsatz für die Kollegen

UKS · Gleich zwei Homburger Gremien waren bei der Vergabe des ersten Mitbestimmungspreises der Arbeitskammer im letzten Jahr erfolgreich, holten den ersten und den dritten Platz. Wir haben sie befragt über Herausforderungen, Tücken und Erfolge ihrer Arbeit.

 Mitbestimmungspreis der Arbeitskammer. Foto: Pasquale d’Angiolillo

Mitbestimmungspreis der Arbeitskammer. Foto: Pasquale d’Angiolillo

Foto: Pasquale d’Angiolillo

Homburg Es war eine Premiere, dass die Arbeitskammer des Saarlandes Ende 2019 ihren Mitbestimmungspreis für Betriebsräte vergeben hat. Ausgezeichnet wurden von den 32 Teilnehmern der Saarbrücker Mitbestimmungsmesse Saar drei Betriebs- und Personalräte, die ein innovatives Thema in einem schwierigen Umfeld durchsetzen konnten. Mit dem Bosch-Betriebsrat (Platz drei) und dem des Uniklinikums als Sieger konnte Homburg gleich doppelt auftrumpfen. Wir haben die Gremien angefragt, wie sie diesen Erfolg und die Bedeutung der Betriebsarbeit generell bewerten. Für Bosch hat Betriebsratschef Axel Busch geantwortet, der 23-köpfige Personalrat der Uniklinik schickte nach gemeinsamer Beratung Antworten des Gesamtgremiums.

Wie kam die Idee zustande, sich um die Auszeichnung der Arbeitskammer zu bewerben?

Der Personalrat hat sich primär auf Anfrage der Arbeitskammer an der Mitbestimmungsmesse beteiligt, dass hiermit gegebenenfalls eine Auszeichnung verbunden ist, war uns nicht bekannt. Umso erfreulicher war der Gewinn des ersten Preises.

 Mitbestimmungspreis der Arbeitskammer. Foto: Pasquale d’Angiolillo

Mitbestimmungspreis der Arbeitskammer. Foto: Pasquale d’Angiolillo

Foto: Pasquale d’Angiolillo

Wir wollten an der Mitbestimmungsmesse teilnehmen, um anderen Betriebsratsgremien unseren Beitrag zur Mitbestimmung laut Betriebsverfassungsgesetz zur Verfügung zu stellen. Vielleicht haben andere Betriebe ähnliche Probleme und können dann unseren Lösungsansatz übernehmen. Als wir uns beworben haben, wussten wir gar nicht, dass man einen Preis gewinnen kann. Außerdem war unsere Motivation natürlich auch, von anderen Praxisbeispielen aus anderen Betrieben etwas für uns mitzunehmen.

Wie hat sich die Auszeichnung für Ihren Betriebsrat ausgewirkt, im Unternehmen und außerhalb?

Durch den Preis hat sich im Innenverhältnis nichts Wesentliches verändert. In der Außenwirkung wurden der Personalrat und sein Engagement insgesamt und insbesondere für die Entlastung der Mitarbeiter durch die Medienberichterstattung kurzfristig besser wahrgenommen, zwischenzeitlich ist auch in dieser Beziehung wieder Normalität eingezogen.

Zum einen waren wir sehr stolz darauf, dass unsere Arbeit auf so großen Zuspruch traf. Dass wir noch einen Preis dafür bekamen, war umso schöner, stand aber nicht im Fokus. Es war ein Preis für das ganze Gremium. Dies wurde sowohl von der Belegschaft als auch von unseren Werkleitern sehr geschätzt.

Auf welche Aspekte/Erfolge Ihrer Arbeit sind Sie am meisten stolz?

Die Arbeit als Personalrat ist so vielfältig und facettenreich, dass wir hier keinen einzelnen Aspekt oder Erfolg herausstellen möchten. In Bezug auf die im Rahmen der Mitbestimmungsmesse vorgestellten „Schuldrechtlichen Vereinbarung“, der „Vereinbarung über die Entlastung und Stärkung der Beschäftigten des Universitätsklinikums des Saarlandes vom 18.09.2018“ gebührt das Lob den Vertragspartnern, dem Universitätsklinikum des Saarlandes und der Gewerkschaft Verdi, unterstützt durch Saar-Gesundheitsministerin Monika Bachmann, die diese unterzeichneten. Der Personalrat übernimmt aus seiner Sicht lediglich die ihm zufallende Aufgabe aus dem Saarländischen Personalvertretungsgesetz, darüber zu wachen, dass die geltenden Gesetze, Verordnungen, Tarifverträge, Unfallverhütungsvorschriften, Dienstvereinbarungen und Verwaltungsanordnungen durchgeführt werden. Insofern ehrt der Preis alle Personal- und Betriebsräte und Mitarbeitervertretungen, die sich für die Belange der Beschäftigten ihrer Dienststellen oder Betriebe einsetzen.

Wir sind darauf stolz, dass wir zu keinem Zeitpunkt aufgegeben haben. Wir haben nie den Glauben an eine für alle faire Lösung geglaubt. Außerdem haben wir alle Möglichkeiten, die uns das Betriebsverfassungsgesetz, die Öffentlichkeit und die Politik zur Verfügung stellt, auch genutzt. Nur so konnte dieser große Erfolg für alle umgesetzt werden.

Was tun Sie, um den konstruktiven Dialog mit der Geschäftsführung zu pflegen?

Neben den vom Saarländischen Personalvertretungsgesetz vorgeschriebenen Jours Fixes und den Vierteljahresgesprächen mit dem Dienststellenleiter führen wir mit Vertretern des Arbeitgebers, wie zum Beispiel dem Leiter der Personalabteilung, regelmäßige Jours Fixes durch und verabreden im Bedarfsfall kurzfristige Termine, um konkrete Fälle und Maßnahmen zu besprechen und Lösungen zu erörtern.

Es gibt in unserem Betrieb Dauertermine mit Führungskräften, Hauptabteilungsleitern und der Werkleitung.  Außerdem gibt es Ausschüsse, die sich intensiv mit den Arbeitgebervertretern zu diversen Themen austauschen können. Nur so können wir frühzeitig die Belange der Belegschaft in die Planung von Projekten mit einbringen und eventuell Betriebsvereinbarungen dazu abschließen.

Gleich zwei der ersten drei Plätze gingen an Unternehmen aus Homburg: Reiner Zufall?

Es liegt vermutlich daran, dass das Thema Pflegenotstand derzeit im öffentlichen Fokus steht und das öffentliche Gesundheitswesen sich in den letzten Jahren zu einer gewinnorientierten Gesundheitswirtschaft mit all ihren negativen Nebenerscheinungen entwickelt hat. Die hieraus resultierende überdimensionale Belastung aller Beschäftigten in den Krankenhäusern nimmt die Interessenvertretungen in den Krankenhäusern in die Pflicht, für die Entlastung ihrer Kollegen einzutreten. Im Falle des Betriebsrates von Bosch Homburg wird bereits seit mehreren Jahren buchstäblich um den Erhalt eines jeden einzelnen Arbeitsplatzes gerungen, wir erinnern hier unter anderem an die Kampagne „Bosch muss bleiben“. Hierzu passt auch die Verleihung des Nikolaus-Warken-Preises an den Betriebsrat der Ford-Werke aus Saarlouis im Rahmen des Neujahrsempfangs der CDU Anfang des Jahres. Auch hier sorgten die äußeren Umstände dafür, dass das Engagement des Betriebsrats in der Öffentlichkeit wahrgenommen wurde.

Wir haben hier in Homburg mit unserer IG Metall eine Super-Unterstützung. Deshalb können wir gute Arbeit in allen Gremien machen. Manchmal gibt es Themen, die besonders im Fokus sind. In der aktuellen Zeit waren die Themen der Gewinner am Puls der Zeit und der Erfolg, entweder mehr als 200 Arbeitsplätze zu retten oder neue Technologie ins Saarland zu bringen, sind für die Beurteilung eines Preises natürlich ein Pfund. Ich glaube, jeder der Betriebs- und Personalräte, die ein Projekt vorgestellt haben, hätten einen Preis verdient, weil das tägliche sich den schwierigen Herausforderungen eines Betriebsrates im Arbeitsleben mit den Arbeitgebervertretern zu stellen, oft gute Nerven verlangt und eine gewisse Zähigkeit im Prozess. Mein Respekt geht an alle, die das jeden Tag mit einer gewissen Hingabe erfüllen.

Inwiefern gibt es einen Austausch/Zusammenarbeit zwischen Betriebsräten in Homburg?

Einen regelhaften Austausch zwischen uns und den Betriebsräten in Homburg im eigentlichen Sinne gibt es nicht, wir treffen uns lose bei Veranstaltungen, wie zum Beispiel beim Personal-/Betriebsräteempfang des Oberbürgermeisters zum 1. Mai. Im Rahmen der Kampagne „Bosch muss bleiben“ nahmen Mitglieder des Personalrates an einer Solidaritätsveranstaltung teil.

Es gibt einen Austausch der Betriebsräte aus verschiedenen Firmen zusammen mit der IG Metall zu aktuellen Themen. Außerdem sind immer mal wieder Aktionstage geplant, bei denen es Zusammenschlüsse von Firmen gibt, die für gemeinsame Ziele kämpfen. Immer mit der Organisation der IG Metall im Rücken.

Wie ernst genommen fühlen Sie sich mit Ihren Forderungen letztlich bei der Geschäftsführung?

Dies lässt sich nicht pauschal beantworten, das hängt im Einzelnen zunächst auch von der Themenstellung und den daraus resultierenden Konsequenzen ab. Im Rahmen der vertrauensvollen Zusammenarbeit stellt sich sowohl für den Personalrat als auch für die Dienststelle naturgemäß die Herausforderung, die gegenläufigen Interessen, also die Erfüllung der dienstlichen Aufgaben einerseits und das Wohl der Beschäftigten andererseits, in höchstmöglicher und angemessener Weise zu berücksichtigen. Hier sehen wir im Hinblick auf das vom Gesetzgeber beschriebene „fruchtbare und gesunde Mit- und Gegeneinander“ zwischen Dienststelle und Personalvertretung durchaus Verbesserungsbedarf. Gerade wird das Saarländische Personalvertretungsrecht novelliert und wir erwarten uns hier eine weitere Stärkung unserer Mitbestimmungsrechte sowie ein eindeutiges Bekenntnis der Landesregierung zu den dort verankerten Grundsätzen. Diese Erwartung stützt sich unter anderem auf die Aussage der stellvertretenden Ministerpräsidentin des Saarlandes, Anke Rehlinger, die im Rahmen ihrer Rede zur Preisverleihung das Saarland als Mitbestimmungsland bezeichnete.

Es gibt Themen, die relativ zügig bearbeitet, aber auch Themen, die verschleppt werden. Letztendlich müssen wir für jedes einzelne Thema oder Projekt kämpfen. Aber auch darin besteht die tägliche Arbeit der Arbeitnehmervertreter. Wir können den Grundwiderspruch zwischen Kapital und Arbeit nicht auflösen.

Wie zufrieden sind Sie mit dem Stand der Umsetzung Ihrer Forderungen?

 Unter den drei ausgezeichneten Preisträgern des Mitbestimmungspreises der Arbeitskammer fanden sich der Betriebsrat von Bosch (links) und der Personalrat der Universitätskliniken des Saarlandes (rechts).

Unter den drei ausgezeichneten Preisträgern des Mitbestimmungspreises der Arbeitskammer fanden sich der Betriebsrat von Bosch (links) und der Personalrat der Universitätskliniken des Saarlandes (rechts).

Foto: Pasquale d’Angiolillo
 Mitbestimmungspreis der Arbeitskammer. Foto: Pasquale d’Angiolillo

Mitbestimmungspreis der Arbeitskammer. Foto: Pasquale d’Angiolillo

Foto: Pasquale d’Angiolillo
 Mitbestimmungspreis der Arbeitskammer. Foto: Pasquale d’Angiolillo

Mitbestimmungspreis der Arbeitskammer. Foto: Pasquale d’Angiolillo

Foto: Pasquale d’Angiolillo

Bezogen auf die Schuldrechtliche Vereinbarung sollten hier zunächst einmal die Vertragspartner gehört werden, in dem Fall Verdi. Der Personalrat ist hier per Gesetz der „Wächter“ und nicht „Gestalter“ und möchte sich nicht anmaßen, für einen der Unterzeichner zu sprechen. Natürlich vermittelt der Rat im Rahmen seines gesetzlichen Auftrages zwischen den Vertrags-/Betriebsparteien und unterstützt Verhandlungen zur Nachbesserung sowie die Umsetzung einzelner Maßnahmen. Im Hinblick auf die Allgemeinen Aufgaben nach § 71 des Saarländischen Personalvertretungsgesetzes und den daraus resultierenden Forderungen im betrieblichen Alltag, konnten wir in den zurückliegenden Jahren vieles erreichen, mussten aber auch einige Enttäuschungen hinnehmen. Es liegt aber auch in der Natur der Sache, dass sich bei Verhandlungen nicht eine Seite in Gänze durchsetzt.

Wir können erst dann zufrieden sein, wenn die Folgen der anstehenden Transformation nicht alleine von den Arbeitnehmern finanziert werden müssen. Faires umgehen miteinander und Einhaltung von Verabredungen sind da zwingend notwendig.

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