Homburger Musiksommer Ein Ausflug an den Rand des Jazz

Homburg · Auch wenn es am Samstag kein klassischer Jazzfrühschoppen war, das Publikum auf dem Marktplatz feierte den Auftritt von I Liguriani.

 I Liguriani sorgten am Samstagmorgen mit ihrer facettenreichen Folk-Musik für einen besonderen Moment beim Homburger Jazzfrühschoppen.

I Liguriani sorgten am Samstagmorgen mit ihrer facettenreichen Folk-Musik für einen besonderen Moment beim Homburger Jazzfrühschoppen.

Foto: Thorsten Wolf

Dass der Homburger Jazzfrühschoppen auch mal ganz andere Wege geht, das ist nun nichts wirklich Neues mehr. Immer wieder streut Raimund Konrad, Homburgs ehrenamtlicher Kulturbeigeordneter und Vorsitzender der Interessengemeinschaft Homburger Altstadt, als Programmverantwortlicher Konzerte ein, die sich an den Rändern des klassischen Jazz bewegen – auch in dieser Saison. So gab es Ende Juli den gefeierten Auftritt des Soul Cafés aus Karlsruhe, einen Monat zuvor lotete die Santana Cover Band die Grenzbereiche zum Jazz hin aus.

Am Samstag nun war es erneut soweit, mit der italienischen Formation I Liguriani hielt waschechte Folk-Musik Einzug auf der Bühne am historischen Marktplatz. Und das bedeutete wahrlich ungewohnte Töne in der Homburger Altstadt. In der Besetzung Fabio Biale (Gesang, Violine und Perkussion), Michel Balatti (Traversflöte), Fabio Renaudo (Dudelsack), Filippo Gambetta (Knopfakkordeon) und Claudio De Angeli (Gitarre) zauberte die Formation die Musik ihrer italienischen Heimat Ligurien auf den Platz, gepaart mit Rhythmus und keltischen Einflüssen – ein in jeder Hinsicht beeindruckendes Hörereignis.

Raimund Konrad begründete diesen sehr außergewöhnlichen Ausflug raus aus dem reinen Jazz auch mit dem nicht minder ungewöhnlichen Programm am vergangenen Homburger Musiksommer-Wochenende: Statt Querbeat gab‘s am Freitagabend das zehnte Homburger Klassik-Open-Air (siehe Seite 3), am Samstagabend brillierte das Quartett Strauch, Mertes, Donié‘s und Scharf mit „Jazz meets Classic“ auf der Bühne am Marktplatz (Bericht folgt).

„Ich habe I Liguriani deswegen ausgewählt, weil wir eben am Samstagabend Jazz haben. Und deswegen habe ich mir gedacht, dass wir das heute Morgen ein bisschen auflockern und in die Folk-Richtung gehen.“ Norbert Zimmer, auch er fürs Musiksommer-Programm verantwortlich und hier in erster Linie für die Veranstaltungsreihe „Querbeat“ am Freitagabend, zeigte sich sicher, dass sich die Musik von I Liguriani tatsächlich soweit aber gar nicht vom Jazz entferne, „man sollte einfach abwarten, ich bin sehr gespannt.“ Unabhängig von der Frage, ob I Liguriani mit ihrer Musik nun noch am Rande des Jazz reiben oder schon vollständig dem Folk fröhnen: Was die Musiker aus Ligurien präsentierten, das war einfach zauberhaft. Mit Dudelsack, Geige und Flöte gab es Melodien zu hören, die sich, ähnlich wie beim Irish Folk, tief ins Hirn schrauben und einen dann den ganzen Tag begleiten. Mal perkussiv gefasst, mal nur vom absolut sicheren Taktgefühl vorangetrieben, entfaltete sich eine Welt der Folk-Musik, die ganz unüblich, so gar nicht einer einzigen Region aufs erste Gehör zuzuordnen war. Grund dafür waren mit Sicherheit auch die keltischen Einflüsse in der Musik von I Liguriani – in jedem Fall ein überaus hörenswerter Samstagvormittag in der Homburger Altstadt, auch wenn die Fans eher klassischer Jazzmusik wohl eher nicht auf ihre Kosten kamen. Doch das tat dem erfolgreichen Experiment keinen Abbruch, das Publikum feierte den Auftritt der Band aus Ligurien teils frenetisch. Kein Wunder: Nicht mit dieser Musik mitzugehen, das wäre schon eine Herausforderung gewesen, vielleicht noch leistbar unter Beruhigungsmittel-Einfluss. Wer hingegen mit wachen Ohren unterwegs war, der wurde schlicht mitgerissen von der Kraft der Instrumente. Nicht minder beeindruckend die Stimme von Biale, die sich mit leichtem Rieb wunderbar ins Kollektiv einfügte, gleichsam zu einem weiteren Instrument wurde und das Klangbild zusätzlich abrundete, ebenso wie der Einsatz ganz unterschiedlicher Flöten als Wechsel-Farben.

Man mag nun trefflich mit dem Ausblick vom Elfenbeinturm aus darüber diskutieren, ob der vergangene Samstag jetzt so wirklich ins Programm des Jazzfrühschoppens gepasst hat – ein echter Gewinn war er auf jeden Fall.

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