Beifall für ein gewaltiges Werk

Homburg · Der junge Percussionist Martin Hennecke sorgte für Riesenapplaus. Und die Gastgeber spielten faszinierend auf: Das Herbstkonzert des Homburger Sinfonieorchesters unter Jonathan Kaell begeisterte.

 Schlagwerker Martin Hennecke mit dem Sinfonieorchester Homburg bei seinem Auftritt im Kulturzentrum Saalbau. Foto: Thorsten Wolf

Schlagwerker Martin Hennecke mit dem Sinfonieorchester Homburg bei seinem Auftritt im Kulturzentrum Saalbau. Foto: Thorsten Wolf

Foto: Thorsten Wolf

Mit "Zwielicht" war das Herbstkonzert des Homburger Sinfonieorchesters am Sonntagabend im Kulturzentrum Homburger Saalbau überschrieben. Und im Zwielicht zwischen Tag und Dunkel, im wärmend diffusen Feuerschein an Herbst- und Wintertagen wie diesen mögen in früheren Zeiten solche Sagen und Märchen entstanden sein, wie sie der zeitgenössische amerikanische Komponist Christopher Rouse (geboren 1949) in seiner sinfonischen Fantasie "Der gerettete Alberich" für Soloschlagzeug und großes Orchester oder der russische Spätromantiker und Klangmagier Nikolai Rimsky-Korsakov (1844-1908) in den vier sinfonischen Bildern seiner "Scheherazade" nacherzählten. Mit beiden Werken hat Dirigent Jonathan Kaell seine Sinfoniker in bislang ungewohnte Klangwelten und bis an die Grenzen ihrer Möglichkeiten entführt.

Eine zwielichtige Figur ist in der Nibelungensage der graubärtige Zwerg Alberich; so auch in Richard Wagners berühmter Operntetralogie. An sie erinnert Christopher Rouse in vielen Zitaten und spinnt ihren Erzählfaden auf seine Weise fort. Wenn Alberich nach der Märchenfloskel mit den Göttern "nicht gestorben ist, so lebt er noch heute". Aber als was? Der junge, überragende Perkussionist Martin Hennecke vom Staatstheater in Saarbrücken und das faszinierend aufspielende Homburger Sinfonieorchester gaben im dritten Teil der Fantasie eine Antwort darauf: Alberich ist Drummer in einer Rockband. Nachdem sich der Zwerg im ersten Teil mit krächzend geschäftigem Schaben und Hämmern in Szene gesetzt hat und sich danach über ruhig fließenden Klangflächen des Orchesters auf Xylofon und Marimbaphon an sein zurückgewiesenes Liebeswerben um die Rheintöchter erinnerte, stachelt er im Finale die Sinfoniker am Drum-Set zu orgiastischen Rockrhythmen und geschärften Klangkaskaden an. Rouse, der als Lehrer an der namhaften Juilliard-School eine dickleibige Geschichte der Rockmusik verfasst hat, hatte seinen Spaß daran, Martin Hennecke und die Homburger Sinfoniker ebenso und nicht zuletzt das große, überwiegend jugendliche Publikum mit seinem frenetischen Beifall. Ein virtuos wirbelnder "Tornado" auf der kleinen Trommel war Martin Henneckes Dankeschön dafür.

Die anrührende Geschichte von Scheherazade ist bekannt, die ihrem grausamen Gatten Schahrâya "Tausend-und-eine-Nacht"-Märchen erzählte, um ihn davon abzubringen, sie am Morgen umzubringen. In seinen vier sinfonischen Bildern "Das Meer und Sindbads Schiff", "Die Erzählung von Prinz Kalender", "Der junge Prinz und die Prinzessin" und "Fest in Bagdad - Das Schiff zerschellt an der Klippe mit dem ehernen Reiter" kleidete Rimsky-Korsakow einige der Erzählungen in betörend spätromantisches Kolorit.

An der einen oder anderen Stelle im Solohorn oder im Solocello, in Unisonostellen der Geigen oder bei Überleitungen und Tempoänderungen war nicht zu überhören, dass der listige Alberich wohl die meiste Probeenergie unter seiner Tarnkappe verschwinden ließ, um dem Konzertmotto partout eine zwielichtige Deutung aufzuzwingen. Aber es waren Kleinigkeiten gegenüber der gewaltigen Leistung, die Jonathan Kaell und sein Orchester zu bewältigen hatten. Darin gebührt dem Konzertmeister mit seinem von der Harfe begleiteten Scheherazade-Thema in lieblichen Violingirlanden, den exakten Trompetensignalen und der präzisen Perkussionsgruppe ein Sonderlob. Nachdem sich Scheherazade und Schahrâya im Epilog liebevoll umschlungen hielten, war auch hier der Beifall riesengroß.

Das Konzert wird am 11. Februar im SR gesendet.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort