Begegnung mit einem Lyriker

Homburg. "Wenn man Gedichte schreibt, muss man ein Motiv und die passenden Worte haben. Und manchmal fällt einem eben nichts ein." Johannes Kühn, der bekannte saarländische Lyriker, erklärte in Homburg begeisterten Zuhörern den Schöpfungsprozess seiner Gedichte: Er wartet nicht auf Stimmungen, sondern holt sich ein weißes Blatt Papier und beginnt zu schreiben. Kühn wurde am 3

Homburg. "Wenn man Gedichte schreibt, muss man ein Motiv und die passenden Worte haben. Und manchmal fällt einem eben nichts ein." Johannes Kühn, der bekannte saarländische Lyriker, erklärte in Homburg begeisterten Zuhörern den Schöpfungsprozess seiner Gedichte: Er wartet nicht auf Stimmungen, sondern holt sich ein weißes Blatt Papier und beginnt zu schreiben. Kühn wurde am 3. Februar 1943 in Bergweiler am Schaumberg, heute Ortsteil der Gemeinde Tholey, als ältestes von neun Kindern einer Bergmannsfamilie geboren. Der Friedrich-Hölderin-Preisträger, der selbst ein begeisterter Leser von Hölderlins Werken ist, hielt am vergangenen Freitag eine Autorenlesung im Stadtcafé Homburg. Die von der Stadtbücherei Homburg und der katholischen Erwachsenenbildung Saarpfalz organisierte Veranstaltung wurde von etwa 30 Zuhörern begeistert verfolgt, die sichtlich angetan waren von den Gedichten und Prosawerken, die Johannes Kühn gemeinsam mit dem befreundeten Ehepaar Irmgard und Benno Rech präsentierte. Im Rahmen der Aktionswoche "Deutschland liest" wurden zahlreiche seiner Texte aus unterschiedlichen Themenbereichen vorgetragen: Sie drehten sich um sein Heimatdorf Hasborn, das Dorfleben und die Atmosphäre in dem Gasthaus Huth ("Entzückt am Glas"), das der Lyriker regelmäßig besucht, denn "im Dorf ist das Gasthaus ein wichtiger Ort." Es geht in seinen Gedichten aber auch um die Zerstörung der Natur durch die technische Welt. Besonders interessant sind seine zahlreichen Märchengedichte. Auch zwei seiner Mundartgedichte stellte er vor. Seine Gedichte wurden in verschiedene Sprachen übersetzt. Dabei kam die Komplexität seiner Ausdruckskraft deutlich zum Vorschein, wenn zum Beispiel für den Neologismus "Winkelgast" kein Pendant im Französischen gefunden werden konnte. Nach der Lesung hatten die anwesenden Schüler des Saarpfalz-Gymnasiums noch die Gelegenheit, mit Johannes Kühn zu reden und ihm Fragen zu stellen. Begleitet und unterstützt wurden sie dabei von ihrem Lehrer Eberhard Jung, der sie auf diese Veranstaltung aufmerksam gemacht hatte. Dabei kam man natürlich auch auf die Schulzeit zu sprechen, denn Kühn musste die Schule wegen einer Krankheit ohne Abschluss abbrechen. Dennoch meinte er: "Ich kann mich an schlimme Zeiten in der Schule nicht erinnern." Er habe viel gelernt und als sein Lieblingsfach nannte er Geschichte, fasziniert sei er von Friedrich dem Großen und Konrad Adenauer. Noch heute schreibt Kühn, der sich selbst als "naiven Typen ohne große Weltideale" bezeichnet, täglich oft drei Gedichte. Mit dem Alter haben sich die Themen seiner Lyrik gewandelt. Inzwischen schreibt er auch über Krieg und über das Alter, über Selbstbescheidung und Selbstmitleid, distanziert sich jedoch vom Schreiben über große politische Ereignisse. Allerdings stammt auch ein Gedicht über den Mauerfall aus seiner Feder. Johannes Kühn bezeichnet seine Gedichte selbstironisch als "Katzenlyrik" oder "Eckensteherlyrik" und bleibt dem Dorfleben des beschaulichen Hasborn, in dem er heute noch lebt, stets treu. Pascal Kihm und Alexander Jung, beide Klasse 11

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