Bayern ist in Kirrberg sichtbar

Homburg · Die AG Geschichte des Homburger Saarpfalz-Gymnasiums auf Spurensuche der Wittelsbacher Herrschaft im Saarpfalz-Kreis: Auch in Kirrberg ist sie fündig geworden. Von der bayerischen Zeit berichtet Johannes Göddel.

 Die Kirrberger Luitpoldlinde an der Einmündung der Collingstraße in die Eckstraße in herbstlicher Blätterpracht. Die AG Geschichte des Saarpfalz-Gymnasiums hat sich bereits seit einiger Zeit mit den weiß-blauen bayerischen Zeiten (1816-1919) befasst. Schließlich gehört die Entstehung des Saarpfalz-Gymnasiums auch in diese Zeit. Fotos: Eberhard Jung

Die Kirrberger Luitpoldlinde an der Einmündung der Collingstraße in die Eckstraße in herbstlicher Blätterpracht. Die AG Geschichte des Saarpfalz-Gymnasiums hat sich bereits seit einiger Zeit mit den weiß-blauen bayerischen Zeiten (1816-1919) befasst. Schließlich gehört die Entstehung des Saarpfalz-Gymnasiums auch in diese Zeit. Fotos: Eberhard Jung

Sie steht in Kirrberg in der Ortsmitte, an der Einmündung der Collingstraße in die Eckstraße: die Luitpoldlinde. Aber viele Einheimische kennen weder ihren Namen noch ahnen sie ihre geschichtliche Bedeutung. Luitpoldlinden wurden im späten 19. und frühen 20. Jahrhundert in zahlreichen Orten des bayerischen Territoriums angepflanzt. Sie sind nach dem im Volk sehr beliebten Prinzregenten Luitpold von Bayern benannt. Jetzt fragt man sich natürlich, was Kirrberg mit Bayern zu tun hat. Die Antwort ist ganz einfach: Von 1816 bis 1919 gehörte unsere saarpfälzische Heimat zum Königreich Bayern. 1825 wurde Ludwig I. bayerischer König. Er förderte den Eisenbahnbau und war Namensgeber für "die Ludwigsbahn" zwischen Nürnberg und Fürth (1835) sowie "die Pfälzische Ludwigsbahn" zwischen Bexbach und Ludwigshafen, das ebenfalls nach ihm benannt wurde. Er regierte jedoch autoritär.

Das bekam zum Beispiel der erste Landrat ("Landcommissär") in Homburg deutlich zu spüren: Philipp Jakob Siebenpfeiffer. Er wurde von Ludwig I., seinem obersten Dienstherrn, wegen seiner liberalen Reformversuche entlassen, und auch die freiheitlichen Bestrebungen nach dem Hambacher Fest 1832 wurden gnadenlos unterdrückt.

Aufgrund seines selbstherrlichen Verhaltens und seiner Affäre mit der skandalumwitterten Mätresse Lola Montez machte sich Ludwig I. so unbeliebt, dass er in der Märzrevolution von 1848 gestürzt wurde. Ihm folgten sein Sohn Maximilian II. Joseph (1848-64) und sein Enkel Ludwig II. (1864-86) auf den Thron, der als exzentrischer Märchenkönig in die Geschichte einging.

Das Dörfchen Plantage, im Volksmund "Blandaasch" bezeichnet, zwischen Kohlhof und Neunkirchen unmittelbar an der preußisch-bayerischen Grenze, wurde 1884 als Zeichen der Loyalität zu König Ludwig II. in Ludwigsthal umbenannt. Der König brüskierte aber seine bayerischen Untertanen mit seiner Verschwendungssucht, da er mehrere Prachtschlösser errichten ließ, unter anderem das herrlich gelegene Neuschwanstein. Wegen des riesigen Schuldenbergs wurde er als "König seiner Träume" für geistig umnachtet erklärt und kam auf mysteriöse Weise ums Leben.

Die Machtübernahme des 65-jährigen Luitpold als Prinzregent begann im Juni 1886 mit Protesten und fliegenden Steinen gegen seine Kutsche, weil er des Mordkomplotts an Ludwig II. verdächtigt wurde. Zeit seines restlichen Lebens bemühte er sich darum, die Gunst der Bayern wiederzuerlangen. Und er hatte Erfolg: Mit seiner Naturverbundenheit, Volkstümlichkeit , Bescheidenheit und greisenhaften Milde wurde er bald quer durch alle Bevölkerungsschichten der zu Lebzeiten beliebteste bayerische Landesvater. Er ließ die Krise des Hauses Wittelsbach fast vergessen. Als er im biblischen Alter von 91 Jahren an einer Lungenentzündung starb, ging sein Todestag, der 12.12.12, als bayerisches Schicksalsdatum in die Geschichte ein. Es war das Ende der "guten alten Zeit" und ganz Bayern fügte sich mit echter Anteilnahme in die staatlich angeordnete Trauer. Noch während seiner Amtszeit wurden Schulen (zum Beispiel in Erbach), Plätze, Straßen, Theater, Krankenhäuser, Hotels, Gasthäuser, Biersorten und eben auch Bäume nach ihm benannt. Diese Bäume waren meistens Linden, manchmal Eichen. Sie stehen in einer uralten germanischen Tradition als Heiligtümer von Gottheiten.

 Das königlich-bayerische Amtswappen am alten Homburger Rathaus am historischen Marktplatz.

Das königlich-bayerische Amtswappen am alten Homburger Rathaus am historischen Marktplatz.

 Das Konterfei des bayerischen Prinzregenten Luitpold, im Jahre 1914 wurde es aus Stein gehauen, an der Fassade einer Homburger Jugendstilvilla in der Kaiserstraße 38.

Das Konterfei des bayerischen Prinzregenten Luitpold, im Jahre 1914 wurde es aus Stein gehauen, an der Fassade einer Homburger Jugendstilvilla in der Kaiserstraße 38.

Die Kirrberger Luitpoldlinde ist mit großer Sicherheit zum 70. Geburtstag des Prinzregenten am 12. März 1891 gepflanzt worden - ähnlich wie in Blieskastel und vielen anderen bayerischen Orten. Auf einer kleinen Tafel, die am Stamm des stattlichen Baumes befestigt ist, wird die Winterlinde als Naturdenkmal mit der Nummer 76 der "100 schönsten und ältesten Homburger Bäume" gewürdigt. Eine 84-jährige Anwohnerin mit dem Namen Gislind Dejon war die Einzige im Ort, die uns nähere Informationen über die Kirrberger Luitpoldlinde geben konnte. Sie weiß interessante Episoden aus der jahrzehntelangen Familiengeschichte mit dem Baum zu erzählen. Die Linde habe in ihrer Kindheit direkt vor ihrem Elternhaus gestanden, das inzwischen abgerissen ist. Ihre Familie sei immer sehr stolz auf dieses Prachtexemplar gewesen, das sie eifrig gepflegt habe. Es sei im Herbst viel Laub wegzukehren gewesen und manchmal habe man auch verdorrte Äste absägen müssen. Johannes Göddel (9d) und die AG Geschichte des Saarpfalz-Gymnasiums (Leiter: Eberhard Jung)

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