Aus Angst vor Hitler flohen sie ins Exil

Limbach/Wörschweiler · Die Nazis übernahmen am 1. März 1935 die Regierungsgewalt an der Saar. Schon kurz nach Bekanntwerden des Ergebnisses der Abstimmung am 13. Januar 1935 waren viele Anhänger der Status-Quo-Bewegung in die Emigration gegangen. Aus Limbach, Niederbexbach und Wörschweiler flohen Sozialdemokraten und Kommunisten über die Grenze.

 Mit diesen Plakaten warben die Nazi-Gegner bei der Abstimmung im Jahr 1935. Fotos: John Hartfield (Kari)/Repro. A.H.v. Kraus/Lessel/SZ

Mit diesen Plakaten warben die Nazi-Gegner bei der Abstimmung im Jahr 1935. Fotos: John Hartfield (Kari)/Repro. A.H.v. Kraus/Lessel/SZ

Bei der Abstimmung am 13. Januar 1935 hatten sich 90,7 Prozent der Saarländer für die Rückgliederung nach Deutschland und damit für Nazi-Deutschland entschieden. Das "Dritte Reich" übernahm am 1. März 1935 die Regierungsgewalt an der Saar. Schon im Vorfeld der Abstimmung, aber vor allem nach Bekanntwerden des Ergebnisses, waren viele Anhänger der Status-Quo-Bewegung ins Exil gegangen, denn sie wussten, was ihnen nun blühte. Es emigrierten rund 8000 Saarländer, darunter einige hundert aus der Saarpfalz.

Viele gerieten später doch noch in die Fänge der Nazis, vor allem nach der Besetzung Frankreichs. Saarländer kämpften in Spanien für die Republik und organisierten von Forbach aus den Widerstand - vor allem Gewerkschafter, Sozialdemokraten und Kommunisten. Auch auf christlicher Seite gab es Widerstand gegen den Nationalsozialismus - vor allem gegen die Entfernung der Kruzifixe aus den Schulsälen und die Abschaffung der Bekenntnisschulen. Tausende von Saarländern gerieten in die Gewalt der Gestapo . Hunderte kamen in Konzentrationslager. Viele kehrten nicht mehr zurück.

Die Flucht vieler Antifaschisten nach Frankreich im Frühjahr 1935 bedeutete etwa in Homburg nicht das Ende des Widerstandes gegen die Nazis. Zum einen setzten die Emigranten auch in Frankreich ihren Kampf fort - als Kämpfer im spanischen Bürgerkrieg wie Albert Kurt Junkes und Edmund Stolz aus der Stadtmitte, Franz Kordes, August Volz und Josef Bettinger (er fiel in Spanien) aus Erbach, oder in den Reihen der französischen Armee wie der Sozialdemokrat Heinrich Ecker. Zum anderen weisen etliche Spuren auf die illegale Tätigkeit der in Homburg Gebliebenen.

So wurde der Maurer Friedrich Panter, Mitglied der KP, der heimlich Anti-Nazi-Parolen an Häuser aufmalte und Flugblätter verteilte, am 30. März 1935 verhaftet. Er saß in Homburg und später in Saarbrückern im Gefängnis. Danach kam er in die KZ nach Esterwegen und Oranienburg, wo er an den Folgen von Misshandlungen starb. In Homburg gab es einen "Kleingärtnerverein". Dort trafen sich heimlich Sozialdemokraten wie Karl Berg, Georg Werner und Heinrich Ecker. Sie hatten Kontakt nach Schwarzenbach zu den Kommunisten um Peter Karl Neumann und Georg Reinbold. In Neumanns Haus befand sich eine Verteilerzentrale für "rotes Schriftgut", vor allem für die "Rote Fahne" und den "Neuen Vorwärts".

Aus Wörschweiler flohen die Gebrüder Stauner und die Brüder Buchmann ins Exil . Einer der Stauner-Brüder ging zur französischen Fremdenlegion. Julius Garbe und Herrman Thibaut (beide SPD aus Einöd) flohen, ebenso wie Johann Rödel aus Niederbexbach - ein überzeugter Kommunist. Er ging nach Frankreich und kehrte später zurück. Josef Peter Rauber (SPD ), Franz Ruffing, Franz Ecker und Friedrich Didion (alle KPD ) aus Bexbach flohen ebenfalls heimlich und kehrten wieder zurück.

 Adolf Hitler 1935 an der Saar: Nach dem Wahlsieg wussten die Regimegegner, dass ab sofort ihr Leben in Gefahr war. Foto: SZ-Archiv

Adolf Hitler 1935 an der Saar: Nach dem Wahlsieg wussten die Regimegegner, dass ab sofort ihr Leben in Gefahr war. Foto: SZ-Archiv

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 Aus der Saarpfalz flohen einige hundert Nazi-Gegner nach Frankreich, darunter Ernst Holzhauser aus Limbach (oben, ganz rechts). In einem Dorf in der Haute Garonne stellten sich einige Flüchtlinge zu einem Erinnerungsbild. Foto: Privatarchiv Gerd Imbsweiler

Aus der Saarpfalz flohen einige hundert Nazi-Gegner nach Frankreich, darunter Ernst Holzhauser aus Limbach (oben, ganz rechts). In einem Dorf in der Haute Garonne stellten sich einige Flüchtlinge zu einem Erinnerungsbild. Foto: Privatarchiv Gerd Imbsweiler

Foto: Privatarchiv Gerd Imbsweiler

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HintergrundNach der Saar-Abstimmung galten ab März 1935 auch im Saarland die Gesetze des nationalistischen Deutschland. Das Ermächtigungsgesetz vom 23. März 1933 gab der Regierung uneingeschränkte Gesetzgebungsbefugnisse. Zuvor war die KPD bereits verboten worden. Es entmachtete die noch bestehenden anderen Parteien, die außer der SPD im Reichstag alle selbst dafür gestimmt hatten. Im Juli wurden auch sie verboten, die anderen Parteien hatten sich aufgelöst, und mit dem Gesetz gegen die Neubildung von Parteien (14. Juli 1933) war die NSDAP die einzige zugelassene Partei. Mit dem Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 wurden missliebige Beamte ("Arier-Paragraph") aus dem Staatsdienst entfernt. jkn

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