600 Stollen bis Weihnachten

Homburg · Einen guten Stollen zu backen, ist eine echte Kunst. Und die Vielfalt ist groß: Von der Variante mit Nuss- oder Mohnfüllung bis zur Kokos-Kirschkreation. Bei der Stollenprüfung der Bäckerinnung wurden viele gute und sehr gute Noten vergeben.

 Riechen, schmecken, schauen - und sich dann freuen, wenn es ein gelungenes Backwerk ist: Gerhard Ecker (links) und Karl-Ernst Schmalz bei der Stollenprüfung am Mittwoch in Homburg. Fotos: Ulrike Stumm/SZ-Redaktion

Riechen, schmecken, schauen - und sich dann freuen, wenn es ein gelungenes Backwerk ist: Gerhard Ecker (links) und Karl-Ernst Schmalz bei der Stollenprüfung am Mittwoch in Homburg. Fotos: Ulrike Stumm/SZ-Redaktion

Karl-Ernst Schmalz dreht und wendet den Mohnstollen in seinen Händen, schaut kritisch auf die Form, die Umhüllung:. "Nicht gleichmäßig bezuckert", befindet er in diesem Fall. Dann zückt er das große Messer, schneidet ihn einmal durch, drückt hier und da, fährt vorsichtig am Rand entlang: Die Kruste etwas zu dunkel, zwischen Mohnmasse und Teig sind kleine Hohlräume zu erkennen, so lauten seine Kritikpunkte. Doch insgesamt sieht die gewundene dunkle Mohnlinie schön, fast künstlerisch aus. Er riecht an einem kleinen Stück, dann probiert er - und hier kann dieser Stollen richtig überzeugen - die Mohnmasse nicht zu bitter, der Teig nicht trocken, lecker. "Durch die Punktabzüge gut, nicht sehr gut", so das Gesamturteil von Schmalz - denn, schließlich sei der Geschmack das Entscheidende. Er muss es wissen, er ist als Qualitätsprüfer vom Institut für die Qualitätssicherung von Backwaren, kurz IQ Back, unterwegs. Tags zuvor war er in Soest/Lippstand in Nordrhein-Westfalen, am nächsten Tag wird er Richtung Lübeck unterwegs sein. Bis Weihnachten wird er um die 500 bis 600 Stollen probiert und bewertet haben. Die Noten sehr gut und gut kann er vergeben, wer das nicht erreicht, bleibt ohne Zertifikat. Wer dreimal hintereinander ein "sehr gut" einfährt, der bekommt eine Gold-Urkunde.

Schmalz , der bei der IQ Back als hauptberuflicher Prüfer arbeitet, ist selbst Bäckermeister, hat sich durch Schulungen, auch solche für Sensorik, qualifiziert. Nun testet er, was andere backen: Brot, Brötchen - und jetzt vor Weihnachten eben Stollen. Unterstützung bekommt er am Mittwoch bei der Stollenprüfung der Bäckerinnung Saarland in den Räumen der Bäko in Homburg von Gerhard Ecker, Mitglied im Vorstand der Bäckerinnung Saar.

Mehrere Stollen von Bäckereien aus dem ganzen Saarland liegen vor ihnen auf dem Tisch, mit Zucker ummantelt manche, andere sind mit Schokolade überzogen. Obwohl der Raum richtig groß ist, riecht es ziemlich intensiv. Und: Das wird auch schnell klar, Stollen ist viel mehr als der als Christstollen bekannte Kuchen mit Rosinen, Zitronat und Orangeat, der Menschen in Geschmackslager spaltet: Die einen lieben ihn, andere schütteln sich. Ein Mohnstollen liegt hier neben einer Variation mit Nussfüllung, ein anderer hat eine Glühweinnote, der nächste enthält Cranberries oder kommt als Kokos-Kirsch-Kreation daher.

Keinen Stollen zu mögen, das gebe es eigentlich nicht mehr bei der Vielfalt, die existiere, sagt Schmalz . Dazu kommen lokale Varianten: In der Lausitz etwa werde der Stollen sehr flach gebacken, im rheinischen Stollen sei eine Marzipanrolle verarbeitet.

Aber was macht jetzt eigentlich einen Stollen zum Stollen? Wesentlich sei etwa das Fett, 30 Prozent müssen es laut Vorgabe beim normalen Stollen sein, dazu 60 Prozent Fruchtanteil, bei einem Butterstollen ist man mit 40 Prozent Butter und 70 Prozent Fruchtanteil dabei, erläutern Schmalz und Ecker. Beim Handwerksstollen liege der Fruchtanteil auch schon mal über 100 Prozent. Dabei beziehe man sich immer auf die Mehlmenge als Grundsubstanz. Kommen also auf zehn Kilogramm Mehl, zehn Kilogramm Früchte, dann liege der Fruchtanteil bei 100 Prozent.

Doch neben dem was reinkommt, ist auch die Herstellung eine echte Kunst´ - eine recht langwierige noch dazu. Mehrere Tage dauere es, einen solchen Stollen herzustellen. Dann müsse dieser gelagert werden, damit er richtig durchzieht. Und allein das Backen mit einer Kerntemperatur von etwa 92/93 Grad Celsius (normalerweise) erfordert viel Erfahrung, genauso wie hinterher, den richtigen Zeitpunkt zum Zuckern und Buttern zu erwischen. Handwarm müsse der Stollen sein, sonst klappt es nicht, dadurch, die Feuchtigkeit zu halten.

Ein Backwerk nach dem anderen wird angeschnitten und begutachtet - sehr viele sind richtig gut. Und wie ist das so als Tester, kann man privat so etwas eigentlich noch essen? Na klar, lacht Schmalz , aber nicht gerade dann, wenn er morgens 30 Stollen probiert hat, da braucht's für ihn dann auch erst mal eine Pause.

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 Konzentriert prüft Karl-Ernst Schmalz einen Stollen. Neben Aussehen und Geruch spielt natürlich der Geschmack die entscheidende Rolle.

Konzentriert prüft Karl-Ernst Schmalz einen Stollen. Neben Aussehen und Geruch spielt natürlich der Geschmack die entscheidende Rolle.

Hintergrund Insgesamt wurden bei der Stollenprüfung der Bäckerinnung Saarland 14 Stollen getestet: vom Mohn- über den Cranberry- bis zum Kokos-Kirschstollen. 35,71 Prozent davon seien mit sehr gut, 57,14 mit gut bewertet worden, hieß es von der Bäckerinnung Saarland. Folgende Bäckereien waren dabei: Bäckerei Roland Schäfer aus Illingen/Welschbach, Dorfbäckerei Ackermann aus Bliesmengen-Bolchen, Bäckerei Ziegler aus Schiffweiler-Heiligenwald, Gerhard Ecker aus Erbach, Bäckerei Backes aus Theley. Wer Genaueres auch über vergangene Brot-und Brötchentests wissen möchte, findet Infos und Bäckereien unter www.brot-test.de . ust

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