Kreativ in der Krise Gutes Brot braucht Wasser, Mehl, Salz und Zeit

Homburg · Backzutaten wie Mehl und Hefe sind günstig, und derzeit immer noch schwer zu bekommen im Supermarkt. Viele entdecken gerade jetzt in der Corona-Zeit das Brotbacken für sich. Vom Leben mit dem Sauerteig und der Freude am Teigkneten.

 Auf einmal kaufen alle Hefe und backen ihr eigenes Brot.

Auf einmal kaufen alle Hefe und backen ihr eigenes Brot.

Foto: dpa/Jens Kalaene

Die Corona-Krise verändert vieles, auch wie wir einkaufen, kochen und essen:  Restaurants sind zu oder haben auf Lieferservice umgestellt, eingekauft wird statt täglich nur noch einmal in der Woche, wer im Homeoffice ist und Kinder betreut, braucht Rezepte für Gerichte, die schnell gehen und allen gut schmecken. Essen selbst zubereiten war schon vor den Zeiten von „Stay home“ auch ein Lifestyle-Faktor, wie der Blick in Facebook- und Instagram-Posts zeigt.

Viele entdecken gerade  das (Brot-)Backen für sich. Und so ist nicht nur Mehl in den letzten Wochen oft Mangelware im Supermarkt, sondern auch Hefe und Sauerteig. Inzwischen gibt es immer mal wieder, aber schnell ausverkauft sind die Backzutaten immer noch. In Krisenzeiten steht den meisten der Sinn vielleicht nicht unbedingt nach üppigen Torten, sondern eher nach etwas einfacherem. Brot gab es schon in der Antike bei Griechen und Römern, wo Getreidebrei zu Fladen gebacken wurde.  Heute gibt es unzählige Varianten. Und zum Beispiel Hefeteig lässt sich  herzhaft oder süß zubereiten, außerdem kann man ihn gut einfrieren und aufbacken. Brot und Kuchen kann man auch im Glas backen und einige Tage aufbewahren. Oder sie nach dem Backen unter Beachtung einiger Regeln – beispielsweise ohne Milch und ohne Topping – einkochen und damit noch länger haltbar machen.

Einen enormen Zuspruch merken auch Rainer und Sylvia Schumacher in ihrer Facebook-Gruppe „Einkochen und leckere Küche mit Sylvia“. Über 20 000 Mitglieder sind mittlerweile dabei. Die Themen seien weit gefächert, sagt Rainer Schumacher. Die „Kernkompetenz“ der Gruppe  liegt natürlich nach wie vor auf Einkochen, von Marmelade über Gemüse bis zu Frikadellen. Auch da begeistern sich gerade jetzt in der Krisenzeit immer mehr Menschen dafür, weil sie mehr Zeit haben, aber auch gezielt ein paar Vorräte anlegen wollen, sagt Rainer Schumacher - wer weiß schon, ob er nicht auch bald in Quarantäne sitzt?

„Generell haben wir eine sehr breite Themenvielfalt“, sagt Rainer Schumacher – dass sich jetzt so viele Menschen  im Brotbacken versuchen, liege wohl auch an mehreren Faktoren: Die Leute haben mehr Zeit, einige wollen auch nicht mehr so oft das Haus verlassen zum Einkaufen, manche haben wegen Kurzarbeitergeld oder Jobverlust schlicht weniger Geld – so backt man eben selbst. Zumal die Grundzutaten wie Mehl oder Hefe, relativ günstig sind. Gerade mit Kindern ist gemeinsames Backen eine besonders schöne Aktion. Für alle, die’s eilig haben und wenn die Hefe mal wieder aus ist, gibt es inzwischen auch viele Rezepte für „schnelle“ Brote mit Backpulver.

Mehl, Wasser, Salz und Zeit lautet die Erfolgsformel beim Brotbacken mit Hefe- oder Sauerteig.  So manche Legende rankt sich um den Sauerteig, der als Triebmittel wunderbare Brote ergibt. Dafür muss ihn jedoch hegen und pflegen – wer erinnert sich noch an „Hermann“ – ein Sauerteig aus Weizenmehl, der vor Jahren gemeinsam mit einem Begleitbrief kursierte? Er „lebte“ einige Zeit glücklich in seinem Deckelglas, wurde täglich gehegt und gepflegt und mit Mehl und Wasser „gefüttert“. Es war Sommer damals und ziemlich warm, die Wohnung noch nicht voll gedämmt, was wohl mit dazu beitrug, dass das Experiment klappte und der Ansatz schließlich reif war, so dass er tatsächlich zu einem „Hermann-Kuchen“ verbacken wurde.

Der Grundansatz für Sauerteig ist einfach – 100 Milliliter Wasser, 100 Milliliter Mehl, je nach Geschmack Roggen-, Weizen- oder Dinkelmehl, in einem Glas oder einer Schüssel mit Deckel ansetzen. Die Sauerteighefepilze, Milchsäure- und Essigsäurebakterien zieht sich der Sauerteig aus der Luft („natursauer“), man kann sie aber auch als Starterkultur zusetzen. Dann wird der Teig jeden Tag „gefüttert“ mit Wasser und Mehl, bis er nach 4 bis 5 Tagen und guter Pflege (bei Temperaturen um die 30 Grad gefällt es ihm am besten) reif ist zum Backen.

Für alle Brotteige mit Hefe und Sauerteig gilt: Kneten! Von Hand schafft man es kaum, einen Teig zu überkneten. Und hat zudem ein kostenloses „Workout“ für die Arm- und Schultermuskulatur: Drücken, schieben, knautschen, falten – und das Erfolgserlebnis, wenn nach mehreren Arbeitsgängen das klebrige Zeug zu einem homogenen, elastischen Teig wird. Umso größer ist die Freude über das köstlich duftende Ergebnis am Ende.

So mancher hat allerdings auch nach den ersten eigenen Brotback-Versuchen die tägliche Arbeit des Bäckers in der Bäckerei um die Ecke neu schätzen gelernt…

Am Dienstag, 5. Mai, ist Tag des deutschen Brotes. Die deutsche Bäckerinnung ruft alljährlich diesen Tag aus. In keinem Land gibt es so viele Brotsorten wie in Deutschland– 3200 sind im Brotregister des Bäckerhandwerks eingetragen.   2014 wurde die Deutsche Brotkultur in die Unesco-Liste der immateriellen Kulturgüter aufgenommen. Das Roggen-Vollkornbrot ist das Brot des Jahres 2020.

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