Spohns Haus Wo Fremde zu Freunden werden

Gersheim · Jugendliche aus drei Nationen verbringen den Sommer gemeinsam in Spohns Haus. Workshops, Sprachunterricht und Freizeit sind geboten.

 Die Jugendlichen präsentieren ihre Graffiti-Werke gemeinsam mit Hans Bollinger (3. von links) und dem Graffiti-Künstler Patrick Jungfleisch (3. von rechts).

Die Jugendlichen präsentieren ihre Graffiti-Werke gemeinsam mit Hans Bollinger (3. von links) und dem Graffiti-Künstler Patrick Jungfleisch (3. von rechts).

Foto: Wolfgang Degott

Seit fast zehn Jahren begegnen sich in den Sommermonaten Deutsche, Ukrainer und Polen, alle zwischen zwölf und 18 Jahre, in Spohns Haus. Die Mischung aus Freizeit, Ferien und Bildung hat sich zu einem Magnet entwickelt, der dem ökologischen Schullandheim in Gersheim sechs Wochen lang voll belegte Zimmer beschert.

Hans Bollinger, der die Einrichtung zehn Jahre leitete und heute noch den Trägerverein für europäische Bildung (Veube) führt, hatte die Idee zu diesem trinationalen Projekt. Erste Kontakte wurden in Polen geknüpft. Dazu besuchte er Schulen, nahm an Elternabenden in Przemysl und Krakau teil, zeigte dort die Vorzüge dieses Modells auf.

Er stieß auf großes Interesse. Aber auch massive Werbung in Zeitungen und mit Flyern flankierte die persönlichen Aktivitäten. Eine wertvolle Stütze war Bollinger die im Generalkonsulat von Rzeszów arbeitende Magda Drozdowska. Sie übersetzte, sorgte für Ansprechpartner, ging in Schulen, warb für das Projekt. „Ihre Kinder sind im Ausland, treffen Gleichaltrige anderer Nationen und lernen dazu noch die Sprache der Gastgeber“, das gefiel vielen Eltern, freute sich der erfahrene Pädagoge und langjährige Leiter der Gersheimer Gesamtschule.

Sprachunterricht und Workshops waren und sind die Herzstücke der 14-tägigen Freizeiten. Bei insgesamt 40 Unterrichtsstunden pro Freizeit kann intensiv gelernt werden. Unterrichtet werden die Teilnehmer unter anderem von Marie-Christine Dussart, bei Spohns Haus angestellt, die auf eine Universitätsausbildung als Lehrerin für Deutsch als Fremdsprache bauen kann.

So lernen die jungen Polen und Ukrainer Grundzüge der deutschen Sprache, während sich ihre neuen deutschen Freunde in die Geschichte und Kultur Polens und der Ukraine vertiefen. Ein besonderes Highlight jeder der drei Freizeiten der Sommerferien ist der Tagesauflug nach Paris. Gefahren wird mit dem „Train à grande vitesse“ (TGV), dem Schnellzug von Saarbrücken aus. Ein weiterer wichtiger Partner neben dem seit Anfang an unterstützenden Deutsch-polnischen Jugendwerk (DPJW), ist seit Jahren die Peter- und Luise Hager-Stiftung.

Animiert davon, dass das Blieskasteler Unternehmen ein Werk in Tychy bei Krakau betreibt und dass auch Mitarbeiter des Unternehmens ihre Kinder nach Gersheim schicken können, unterstützt sie das Angebot. Neben Polen und Deutschen sind seit sieben Jahren auch ukrainische Teenager mit dabei, wenn es beispielsweise an die Kletterwand, ins Freibad nach Walsheim oder zu sportlichen Angeboten geht.

Sie sind auch begeistert, dass Zumba-Tanz ebenso im Programm ist wie Enkaustik, das sich immer größerer Beliebtheit erfreut. Patrick Jungfleisch, alias Reso, ein bekannter Graffiti-Künstler aus Saarbrücken, seit 1988 als Urban-Art-Künstler aktiv, Initiator und Kurator des Artwalks in der Saarbrücker Innenstadt, hat ebenfalls seinen Platz im Programm gefunden. Er zeigt, wie mit der Spraydose wirklich sehenswerte, künstlerisch anspruchsvolle Kunstobjekte geschaffen werden können.

Relaxt und die Landschaft erkundet wird auch bei der Draisinenfahrt im Pfälzer Bergland zwischen Altenglan und Staudernheim, die von der Kreisverwaltung in Kusel unterstützt wird. Über 190 Jugendliche aus den drei Ländern erleben somit gemeinsam mit Betreuern und Pädagogen in Gersheim die drei gemeinsamen Jugendfreizeiten und sorgen für rund 3000 Übernachtungen.

Aus dem jetzigen Teilnehmerkreis hätten sich bereits einige Jugendliche für die Sommerfreizeit im kommenden Jahr angemeldet, so Bollinger, der sich zuversichtlich zeigte, dass auch in Zukunft die trinationalen Jugendfreizeiten fortgeführt werden.

Der Nachfolger von Hans Bollinger, Jerzy Wegrzynowski, führt diese Projekte weiter und entwickelt auch das Programm immer wieder neu. „Unsere Gersheimer Bildungseinrichtung soll auch weiterhin als internationale Begegnungsstätte für europäische Jugendliche positioniert werden. Dabei werden wir unseren ökologischen Bildungsauftrag natürlich immer in den Vordergrund stellen“, skizziert Hans Bollinger die Zukunftspläne des Hauses.

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