Von Frucht und Hundsfressern

Rubenheim. Etwas mehr als zwei Jahre hat der Rubenheimer Volkskundler Gunter Altenkirch gebraucht, um Teil sechs seiner Schriftenreihe fertig zu stellen. Entsprechend umfangreich ist das Werk geworden

Rubenheim. Etwas mehr als zwei Jahre hat der Rubenheimer Volkskundler Gunter Altenkirch gebraucht, um Teil sechs seiner Schriftenreihe fertig zu stellen. Entsprechend umfangreich ist das Werk geworden. Auf 189 Seiten inklusive Tabellen, Quellen- und Sachwortverzeichnis beschäftigt sich Altenkirch, gestützt vor allem auf seine seit Jahrzehnten gesammelten Zeitzeugen-Protokolle, mit den Essgewohnheiten unserer Vorfahren. Dabei geht es aber nicht nur um die Mahlzeiten allein, sondern auch um Anbau, Pflege, Ernte und die weitere Nutzung der Grundnahrungsmittel der ländlichen Bevölkerung vergangener Jahrhunderte, etwa in der Medizin oder bei religiösen Bräuchen. Die Leser erfahren, seit wann und in welcher Form Weizen, Roggen, Dinkel, Hafer oder Buchweizen angebaut oder gesammelt, in welcher Form sie bearbeitet, und in welchen Rezepturen sie zu welchen Jahreszeiten eine Rolle im "Ernährungsplan" der Landbevölkerung spielten. Einen vergleichsweise kleinen, aber sehr interessanten Teil nimmt der Konsum von Fleisch in der Untersuchung Altenkirchs ein. Nur wenige Nahrungsmittel verraten mehr über gesellschaftliche und religiöse Phänomene vergangener Zeiten wie tierische Produkte. So erfahren die Leser, dass die Schweinezucht erst recht spät in die mitteleuropäische Landwirtschaft Einzug hielt, war sie doch mit dem beginnenden Feldanbau von Kartoffeln verbunden. Ein begleitendes gesellschaftliches Phänomen war der endgültige Absturz der ehemals hoch geachteten Berufsgruppe der Schweinehirten auf eine der untersten sozialen Stufen. Schweine konnte jetzt fast jeder Landwirt füttern und damit selbst auf seinem Gehöft halten. Auch die heute eher abstoßenden Geschichten von den "Hundsfressern" - nichtsesshaften "Vaganten", die streunende Hunde einfingen und deren ansonsten verpöntes Fleisch verzehrten - hat Altenkirch gesammelt. Basis der Erkenntnisse Altenkirchs sind immer wieder Protokolle seiner Gespräche mit älteren Dorfbewohnern, die sich zum Teil wieder an Erzählungen ihrer Großeltern erinnern können. Da die gesellschaftliche und technische Entwicklung erst im vergangenen Jahrhundert rasante Fahrt aufnahm, bleiben diese Gesprächsprotokolle ernsthafte Quellen für viele Bereiche des Alltagslebens vor Jahrhunderten. Gunter Altenkirch hat sie längst noch nicht vollständig ausgewertet. Etwa 20 Bände wird die Schriftenreihe zur "Saarländischen Volkskunde" haben, sollte Altenkirch sie jemals zu Ende bringen. "Gleich wie die Bonen und Wicken grob geblühtSchwäre Trewm (Träume)Und den Magen aufbläheAlso thun auch die Linsen "Hieronimus Bock, 1577

HintergrundIn der Reihe "Saarländische Volkskunde" sind bisher erschienen: Winterbrauchtum I, Sommerbrauchtum I, Familienbrauchtum, Volkskunde des Kindes, Volksheilkunde sowie jetzt Erwirtschaftung von Nahrungsmitteln. Ein Teil der Bände ist vergriffen oder wartet auf eine Neuauflage. Die aktuelle Schrift ist erhältlich beim Museum für dörfliche Alltagskultur, Erfweilerstraße 3, 66453 Gersheim-Rubenheim, Tel. (0 68 43) 9 10 81, E-Mail: gunter.altenkirch@web.de. cas

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