Studenten aus aller Welt kommen nach Reinheim zum Forschen
Reinheim · Mit der nötigen Vorsicht bei großer Entschlossenheit haben sich 17 Studenten aus aller Welt im Reinheimer Grabungscamp auf die Spur regionaler Frühgeschichte begeben. Manche von ihnen nehmen schon seit Jahren teil.
. Das letzte unerforschte Nebengebäude, genannt B 10, wurde beim diesjährigen internationalen Grabungscamp im Europäischen Kulturpark auf Reinheimer Seite in Angriff genommen. Zum 20. Mal hatten sich für drei Wochen 17 Studenten aus den Niederlanden, Frankreich, der Schweiz, den USA, Aserbaidschan und Ägypten sowie allen Teilen Deutschlands, die an Universitäten wie in Bern, Bochum, Groningen oder Mainz eingeschrieben sind, zusammen gefunden, um gemeinsam weiter Geschichte an die Oberfläche zu befördern. Auf eine Stippvisite schaute auch Florian Müller vorbei. Er war 20 Jahre, bis 2011, Grabungsleiter.
Sein Nachfolger Michael Ecker, der schon als 16-jähriger Teilnehmer am Grabungscamp war, erläuterte ihm die Ergebnisse der intensiven Arbeit, die mit dem Zeichnen der Versturzschicht begonnen hatte. Danach sei eine Mörtelschicht entdeckt worden, unter der viel Fundmaterial, wozu auch Münzen, viel Keramik oder Dachziegel gehörten, zu Tage getreten sei. Auch die im letzten Jahr bei Sondagearbeiten entdeckte Wegpflasterung wurde Stück um Stück frei gelegt, skizziert und die kleinen und größeren Bodenteile feinsäuberlich verpackt. Nach den rund 2000 Arbeitsstunden ist nun die Ein- und Ausfahrt des Gebäudes, dessen Funktion innerhalb seiner 300-jährigen Existenz, vom ersten bis vierten nachchristlichen Jahrhundert, wohl mehrmals wechselte, deutlich zu erkennen. Die Besonderheit bei diesem Gebäude erläuterte Ecker so: "Eine französische Bombe, die in den letzten Kriegsmonaten 1945 von deutschen Soldaten auf amerikanische abgeschossen worden war, bohrte ein tiefes Loch ins Zentrum des 88 Quadratmeter großen Fläche".
Die Bombenreste seien vor vier Jahren entfernt worden. Mittendrin im elf mal acht Meter großen Grundriss kniete der 26-jährige Archäologiestudent Jürgen Rap von der holländischen Ryks-Uni von Groningen. In seinem Hauptfach befasst er sich zwar mit der Mittelsteinzeit im europäischen Raum, doch fasziniert ihn auch die gallo-römische Zeit, in die die Villa von Reinheim datiert wird. Er war schon zum dritten Mal in Reinheim . "Mir hat es vor zwei Jahren so gut gefallen, die Atmosphäre war besonders und der Erfahrungsaustausch lief so gut, dass ich mich auch danach wieder meldete". Er war auch schon in Mazedonien, im Elbe-Weser-Delta und bei der jungsteinzeitlichen Ausgrabung in Dalfsen in der holländischen Provinz Overijssel dabei. "Die gute Möglichkeit, auszuprobieren und zu lernen, wie das Ausgraben funktioniert" ist die Motivation von Helen Neutzler, die von der Bochumer Uni ins Bliestal gekommen war. Sie studiert im vierten Semester Archäologie und klassische Philologie, verfeinerte ihre Kenntnisse am Vermessungsgerät, intensivierte ihre Zeichenkünste und war zum zweiten Mal dabei. Auch die Verbindung von Wissenschaft und Kultur im Park sei ein außerordentliches Attribut, das auch das Camp zu etwas Besonderem mache. Eine weitere Grabung mit 13 Teilnehmern fand zeitgleich in Blickweiler statt. Sie wurde vom Park-Archäologen Andreas Stinsky geleitet.