Geschichte des Bliesgaus Ein einfaches, hartes Leben auf dem Land

Blies- und Mandelbachtal · „Der Bliesgau. Natur – Menschen – Geschichte“. Ein Buch erzählt von den Lebensbedingungen im frühen 20. Jahrhundert

 Unser Bild zeigt eine Kirmes-Gesellschaft in Bliesdalheim in den 1920er Jahren. Rechts ist der Kerwestrauß zu sehen.

Unser Bild zeigt eine Kirmes-Gesellschaft in Bliesdalheim in den 1920er Jahren. Rechts ist der Kerwestrauß zu sehen.

Foto: Andreas Stinsky

Die viel beachtete Ausstellung im Europäischen Kulturpark Bliesbruck-Reinheim unter der Überschrift „Der Bliesgau. Natur – Menschen – Geschichte“ ist gerade zu Ende gegangen. Sie wird aber im kommenden Jahr wieder aufleben, wie Organisator und Museumsleiter Andreas Stinsky unserer Zeitung mitteilte.

Er und andere Autoren haben ein Buch gleichen Namens erstellt und würdigen unsere Heimat in allen denkbaren Facetten. Zwei Mal hat sich unsere Zeitung bereits diversen Darstellungen des interessanten Werks mit seinen vielen Details gewidmet. Diesmal geht es um das Kapitel „Lebensbedingungen in den Bliesgaudörfern im frühen 20. Jahrhundert“. Darin geht Stinsky vor allem auf das einfache, harte Landleben ein. Nachfolgend einige Auszüge.

So konstatiert der Autor, dass die Männer in den Bliesgau-Dörfern entweder Bauern waren oder als Handwerker arbeiteten. Viele fanden auch Arbeit in den Gruben und Eisenwerken der Nachbarregionen, wohin sie entweder jeden Morgen früh pendelten, oder während der Woche in Schlafhäusern unterkamen. Ein paar Familien hatten sich aufs Kaufmannswesen spezialisiert und betrieben kleine Läden für Lebensmittel, Textilien oder Kolonialwaren. Daneben gab es in fast jedem Ort eine Mühle, deren Familien oft zu den wohlhabendsten im Dorf gehörten, sowie von Wirtsfamilien geführte Gaststätten. Hinzu kamen ein paar wenige Beamte in Bürgermeistereien und Zollhäusern.

Auch die Familien der Handwerker, Bergleute, Kaufleute und Wirte waren nebenbei landwirtschaftlich aktiv, um sich so gut wie möglich selbst mit Nahrungsmitteln zu versorgen und bei Überschussproduktion eine weitere Einnahmequelle zu haben. Fast jedes Haus verfügte über einen Stall, in dem die Familien ein paar Nutztiere hielten. Andreas Stinsky führt hier als Beispiel eine Schuhmacherfamilie aus Bliesdalheim um 1925 ins Feld. Zwei Rindviecher, zwei Schweine, eine Ziege, zwei Hasen und 20 Hühner: damit lebten sie.

Den Frauen, so erfährt man, kam eine besonders arbeitsreiche Rolle zu. Sie hatten sich, neben dem Haushalt und der Versorgung der Kinder, zusammen mit diesen um den Garten sowie um die Tiere im Stall zu kümmern. Auch bei der harten Feldarbeit, bei der ebenfalls schon früh die Kinder mithalfen, spielten die Frauen eine wesentliche Rolle.

Dem harten Leben der Menschen standen Feste und Feiertage gegenüber, die teils aufwendig vorbereitete Höhepunkte im sozialen Dorfleben darstellten. In vielen Orten wohnten zu dieser Zeit Katholiken und Protestanten oft noch als mehr oder minder geschlossene Gruppen in eigenen Vierteln.

Es gab zwar schon Straßennamen zu besagter Zeit, doch waren die meisten Dörfer im Sprachgebrauch nach Ecken unterteilt. Wie das Hinner (Hinter), Kleene (Kleine), Owwer- (Ober) oder Unner-Eck (Unter). Die einzelnen Anwesen wurden in der Regel nach ihren Besitzern oder ehemaligen Bewohnern mit ortsspezifischen Spitznamen bezeichnet, wie beispielsweise näwa Schilwes Lissje (neben Elisabeth Schilb), oder Schuhmachasch, beim Schumacher.

In den 1920er Jahren kam in den meisten Dörfern die Versorgung mit Strom sowie fließendem Wasser aus Leitungen auf. Die Dorfstraßen waren geschottert, mit aus Kalkstein gepflasterten Rinnen flankiert und wurden erst im darauf folgenden Jahrzehnt allmählich mit Asphalt überzogen.

In vielen Orten im Bliesgau gab es neben öffentlichen Brunnen auch Waschhäuser, wo die Frauen die Schmutzwäsche ihrer Familien säuberten. Eine ungemein beschwerliche Arbeit, um die sich niemand wirklich riss. In den meisten Bliesdörfern gab es die entsprechenden Waschplätze direkt am Fluss.

Im Übrigen zieht Andreas Stinsky – trotz all der unangenehmen Einschränkungen dieses Jahr – eine bemerkenswerte Bilanz im Gespräch mit unserer Zeitung. Er spricht von einer „sehr zufriedenstellenden Saison“ – sowohl was generell die Besucherzahlen hinsichtlich der Ausstellung in Reinheim, als auch das Kaufinteresse am Bliesgau-Buch angeht.

 Die Dörfer, die an der Blies lagen, verfügten früher über einen Waschplatz am Fluss. Dort waren Tröge und große Sandsteine zum Schrubben der Kleidung aufgestellt. Unser Bild zeigt den Waschplatz bei Herbitzheim.

Die Dörfer, die an der Blies lagen, verfügten früher über einen Waschplatz am Fluss. Dort waren Tröge und große Sandsteine zum Schrubben der Kleidung aufgestellt. Unser Bild zeigt den Waschplatz bei Herbitzheim.

Foto: Ortsrat Herbitzheim

Andreas Stinsky: „Der Bliesgau. Natur – Menschen – Geschichte“. Das Buch ist erschienen im Nünnerich-Asmus-Verlag; 240 Seiten, 200 Abbildungen; 25 Euro, ISBN 978-3-96176-106-7. Kontakt: info@europaeischer-kulturpark.de.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort