Aus der Heimathistorie in der Gemeinde Gersheim Ermordet – in einem dichten Waldstück

Niedergailbach · Zwei Wegekreuze erzählen eine schaurige Geschichte aus Niedergailbach.

 Diese Kreuze erinnern an ein grausiges Ereignis.

Diese Kreuze erinnern an ein grausiges Ereignis.

Foto: Otmar Gros

Wer von Niedergailbach auf dem Feldwirtschaftsweg über die „Sperr“ in Richtung des zur Gemarkung Niedergailbach gehörenden Drehbrunnerhofes wandert, kommt „Am Köpfel“ – etwa 700 m vor den Hofgebäuden –- an zwei nebeneinander stehenden Holzkreuzen vorbei. Was es mit diesen auf sich hat, weiß Heimathistoriker Otmar Gros. Und überlässt uns deren Geschichte:

„Beide Kreuze erinnern an ein schreckliches Verbrechen, das sich im Jahre 1798 zugetragen hat. Die ursprüngliche Vermutung, dass ein Kirchgänger auf dem Weg nach Medelsheim umgebracht worden sei, hat Joachim Motsch im seinem Buch ‚Meltis oder Medelsheim, Teil 1’, richtiggestellt.

Während der Besetzung der linksrheinischen Gebiete durch die französischen Revolutionstruppen (1793 bis1814) wurden auch die Verwaltungsstrukturen nach französischem Vorbild neu organisiert. Niedergailbach war ab Anfang 1798 dem Kanton Medelsheim (Departemant Donnersberg) zugeordnet. Die von der napoleonischen Besatzungsmacht eingesetzten Munizipal-Agenten (Verwalter) der zum Kanton Medelsheim gehörenden Dörfer trafen sich am 8. Juli 1798 zu einer Unterweisung in der Medelsheimer Pfarrkirche. Auf dem Heimweg wurde der Niedergailbacher Vertreter Peter Gottwalles in einem sehr dichten Waldstück, nicht weit von Medelsheim entfernt, mit Schlägen auf den Hinterkopf umgebracht. Es bestand die Vermutung, dass dieses Verbrechen durch Konterrevolutionäre angestiftet worden sei – also politisch motiviert war. Der Täter konnte jedoch nicht ermittelt werden. Der Ermordete war übrigens der Vater des Peter Gottwalles, bei dem der spätere Bischof Nikolaus von Weis in Kost und Logis war, als dieser in Niedergailbach von Pfarrer Axtmann in Latein unterrichtet wurde. Auf Vorschlag des Kommissars Mathis wurde der Niedergailbacher Bürger Caspar Anna zum Nachfolger des Ermordeten als neuer Agent Munizipal ernannt.

Nach mündlicher Überlieferung haben Niedergailbacher Bürger um 1830 zur Erinnerung an die Ermordung von Peter Gottwalles an dem damaligen Fußweg nach Medelsheim erstmals ein Kreuz errichtet. Laut Aussagen des gebürtigen Niedergailbacher und ehemaligen Saarbrücker Postpräsidenten Dr. Eduard Rauch hat der örtliche Schreiner August Gros I, das erste Holzkreuz um 1910 durch ein neues Kreuz ersetzt. Nachdem auch dieses zweite Kreuz in die Jahre gekommen war, errichtete der gebürtige Niedergailbacher Fred Wilbert im Frühjahr 1985 auf Anregung seines Vaters Alfons Wilbert und von Pfarrer Hugo Vogelgesang ein neues Kreuz aus stabilen Holzschwellen neben dem alten (zweiten) Holzkreuz. Dabei wurde er von Konrad Schöndorf, Herbert und Jürgen Matheis, Franz Wilbert sowie den Söhnen Peter und Michael Wilbert unterstützt.

Den Christus-Corpus für das Kreuz stellte Siegfried Rebmann zur Verfügung. Unter dem Corpus ist auf einer in der Schönstattwerkstatt Vallendar hergestellten Bronzetafel der alte Volksspruch zu lesen: ‚Allüberall in der Natur, siehst Du des großen Gottes Spur. Doch, willst du ihn noch größer sehn, so bleib vor einem Kreuze stehn!’

Im Herbst 2015 hat Fred Wilbert an dem Kreuz eine weitere Tafel mit den Daten des Ermordeten angebracht: Zur Erinnerung Peter Gottwales *21.12.1735, erschlagen 08.07.1798.

Ein schlichte Holzbank vor dem Kreuz lädt die Vorbeikommenden zur Rast und zur Besinnung ein.“

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