Siebenpfeifferpreis Freiheitspreis für einen Kämpfer im Exil

Homburg · Erst gestern wurde bekannt, wer den Siebenpfeiffer-Preis bekommt: der türkische Journalist Can Dündar. Die Geheimhaltung hat einen guten Grund: Die Erdogan-Regierung sähe Dündar am liebsten im Gefängnis.

 Ein sichtlich ergriffener Can Dündar wurde gestern unter dem begeisterten Beifall der Gäste im großen Sitzungssaal des Homburger Forums für seinen Kampf um Meinungs- und Pressefreiheit für seine Heimat Türkei mit dem Siebenpfeiffer-Preis ausgezeichnet.

Ein sichtlich ergriffener Can Dündar wurde gestern unter dem begeisterten Beifall der Gäste im großen Sitzungssaal des Homburger Forums für seinen Kampf um Meinungs- und Pressefreiheit für seine Heimat Türkei mit dem Siebenpfeiffer-Preis ausgezeichnet.

Foto: Thorsten Wolf

Wer die Pressefreiheit verteidigen und hochhalten will, der darf gerade den Konflikt mit denen nicht scheuen, denen die freie Presse weitaus mehr als ein Dorn im Auge ist. So gesehen hat die Siebenpfeiffer-Stiftung gestern mit der Verleihung des Siebenpfeiffer-Preises an den inzwischen in Deutschland im Exil lebenden, türkischen Journalisten und Autor Can Dündar wahrlich keinen bequemen Weg gewählt, denn: Dündar gehört nachweislich zu den Journalisten, die die Erdogan-Regierung in Ankara am liebsten im Gefängnis sähe.

In der Feierstunde im Homburger Forum zeichnet Landrat Theophil Gallo, in seiner Funktion als Vorsitzender der Siebenpfeiffer-Stiftung, in Anlehnung an das Schicksal von Philipp Jakob Siebenpfeiffer und den Parallelen zur gegenwärtigen Situation von Can Dündar ein düsteres Bild der aktuellen Lage in der Türkei – ein Bild, zu dem später auch Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn in seiner ausführlichen Laudatio des Preisträgers zahlreiche Pinselstriche hinzufügte. „Für den türkischen Präsidenten ist unser Preisträger Can Dündar, Journalist und ehemaliger Chefredakteur einer regierungskritischen Zeitung, ein Verbrecher“, so Gallo. „So wie Siebenpfeiffer auch als ein solcher angesehen wurde.“ Vor diesem Hintergrund sei es nachvollziehbar, dass sich Can Dündar für ein Leben im Exil in Berlin entschieden habe, „eine Rückkehr in seine Heimat ist derzeit kaum realistisch. Er hat schwierige Monate hinter sich, er ist im Mai 2016 in der Türkei wegen Geheimnisverrats zu fünf Jahren und zehn Monaten Haft verurteilt worden.“ Zudem habe die Staatsanwaltschaft in Diyarbakir einen internationalen Haftbefehl von Interpol beantragt, „um den nach Deutschland geflüchteten Journalisten greifen zu können“. Was müsse, so Gallo, ein türkischer Präsident denken, wenn er Kritiker wie Can Dündar mit aller Gewalt mundtot machen wolle? „Ich kann die Frage nicht beantworten, ich will auch nicht spekulieren.“ Gallo war sich aber sicher, dass Can Dündar heute im Gefängnis sitzen würde, wäre er von einer zurückliegenden Europareise in seine Heimat zurückgekehrt. Doch auch die permanente Angst vor Verfolgung könne ein Kerker sein, war sich Theophil Gallo sicher.

Mit Blick auf die Entwicklungen nach dem Putsch in der Türkei 2016 erinnerte Gallo an die nachfolgenden Verfolgungen und Inhaftierungen von Regierungskritikern in der Türkei, oft mit fragwürdigen Bedingungen, „darunter Tausende Richter, Staatsanwälte, Rechtsanwälte, Beamte, Polizisten und, und, und“. Noch heute sei die Türkei nicht zur Ruhe gekommen. Noch deutlicher wurde später am Vormittag Laudator Jean Asselborn in seiner Kritik an den aktuellen Zuständen in der Türkei. Und Thomas Kleist, Intendant des Saarländischen Rundfunks und Sprecher der Siebenpfeiffer-Jury, mahnte an, dass auch in Staaten Europas zwischenzeitlich die Pressefreiheit stark bedroht sei, „leider auch in der Türkei“. Dies mache klar, dass Meinungs- und Pressefreiheit keineswegs selbstverständlich seien. Vielmehr müsse man für beides kämpfen – und Can Dündar sei ein solcher Kämpfer.

Dündar selbst fasste die aktuelle Situation in der Türkei für sich so zusammen: „Wenn wir dieses Land verlieren, dann haben wir viel verloren. Wir sind aber bereit zu kämpfen!“

Dass man sich bei der Siebenpfeiffer-Stiftung im Klaren darüber war, dass die Verleihung des Preises an Dündar durchaus Potential für Aufsehen weit über Homburg hinaus haben könnte, davon kündete die große Geheimhaltung im Vorfeld des gestrigen Tages. Kaum jemand wusste, wer den Preis erhalten würde – so wollte man Unvorhergesehenes und Unerwünschtes vermeiden. Vor Ort sprachen da auch Einlass-Kontrolle mit Personalausweis-Überprüfung und eine spürbare Polizeipräsenz eine deutliche Sprache.

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