Ein sportliches Stück Dorfgeschichte

Altstadt. "Jedes aktive Mitglied ist verpflichtet, zu allen Übungsstunden und Turnfahrten regelmäßig und rechtzeitig zu erscheinen und an denselben von Anfang bis Ende teilzunehmen. Jede Störung des Turnens ist unstatthaft und vom Turnwart oder dessen Stellvertreter sofort zu rügen

Altstadt. "Jedes aktive Mitglied ist verpflichtet, zu allen Übungsstunden und Turnfahrten regelmäßig und rechtzeitig zu erscheinen und an denselben von Anfang bis Ende teilzunehmen. Jede Störung des Turnens ist unstatthaft und vom Turnwart oder dessen Stellvertreter sofort zu rügen. Als Entschuldigung beim Fernbleiben von einer Turnfahrt gelten: Krankheit, Ortsabwesenheit und dienstliche Verhinderung. Wer unentschuldigt fernbleibt, wird mit fünf Mark bestraft." Recht rüde und rigide wurden Ordnung und Disziplin gehandhabt, als vor nunmehr genau 90 Jahren der Altstadter Turnverein aus der Taufe gehoben wurde. Und die Gründerväter haben sich angesichts dieser Bestimmungen sicherlich nicht vorstellen können, wie es einmal kommen sollte: Dass nämlich Hunderte von aktiven Sportlern mit scheinbar unendlichem Enthusiasmus bei einer Sache engagiert sind wie etwa dem Projekt "In 80 Tagen um die Welt". Damit hatte der TVA vor zwei Jahren bundesweit Schlagzeilen gemacht und aus den Händen des damaligen Bundespräsidenten Horst Köhler den "Goldenen Stern des Sports" erhalten. Den heutigen Übungsleitern ringen die Sanktionen aus der Anfangsphase des Vereins deswegen allenfalls ein Lächeln ab. Aber als sich der TV Altstadt anno 1920 erstmals eine Satzung gab, wurden diese Passagen von den Gründungsmitgliedern ohne Widerrede gebilligt. Abschreckende Wirkung scheinen die Strafandrohungen indes nicht gezeigt zu haben, denn schon ein Jahr später standen in der Mitgliederkartei annähernd 100 Namen. Das offizielle Gründungsdatum des heute mitgliederstärksten Vereins in dem Kirkeler Ortsteil ist der 1. August 1920. Karl Binkle wurde zum Vorsitzenden gewählt, und Georg Weisbrodt übernahm die wichtige Funktion des Turnwarts. "Zeugwart" wurde August Baus, Jakob Knerr "Schriftwart" und Eugen Dahl Kassierer. Freilich ist die Geschichte des Turnens in Altstadt älter als der Turnverein selbst. Schon im Herbst 1907 fanden sich junge Leute mit Turnbrüdern von Limbach zusammen und gründeten einen Turnverein Altstadt. Richtig feiern konnte der neue TVA erstmals 1929. Ein "Gauvolksturnfest" fand damals in Altstadt statt. Anlass war die Einweihung der Mustersportanlage "Auf der Heide". 300 Maßkrüge wurden vorsorglich geordert, 2000 Festabzeichen bestellt - das Stück zu 1,50 Franc. Geschichten und Geschichte des Turnvereins aus dessen nunmehr neun Jahrzehnten, aber auch die aktuelle Situation sind der Inhalt der bunten Festillustrierten, die zum Jubiläum jetzt vorgelegt und kostenlos verteilt wird. "Leistungssport steht längst nicht mehr im Vordergrund unseres lebendigen Vereinslebens, sondern Freizeit- und Gesundheitssport. Breitensportliche Ausrichtung, besonders die Vermittlung der Grundlagen von Bewegung, Koordination und Geschicklichkeit bei Kindern und vor allen Dingen die Jugendarbeit spielen eine vorrangige Rolle. Wir bringen jung und alt zusammen und bieten vielfältige Gelegenheit, durch körperliche und geistige Aktivität etwas für die Gesundheit zu tun", fasst Stephanie Deutscher zusammen, wie sich der TVA gewandelt und der aktuellen gesellschaftlichen Situation angepasst hat. Seit 2004 steht sie übrigens als erste Frau an der Spitze des Vereins.

Auf einen BlickUnter dem Motto "90 Jahre in Bewegung" feiert der TV Altstadt sein 90-jähriges Bestehen am Samstag, 28. August, ab 19.30 Uhr mit einem großen Fest in der Hugo-Strobel-Halle. Als Moderator durch das bunte Programm aus Sport, Musik, Kultur und Tanz führt der "Witzbold der Nation", Adolf Müller aus Ludwigsthal. Sketche und ein Quiz zur Vergangenheit und Gegenwart sorgen für weitere Unterhaltung. Der Eintritt ist frei.bam

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