Moderne Galerie Saarbrücken „Ein Museum ist keine Verwahranstalt“

Saarbrücken · Ein halbes Jahr nach der Wiedereröffnung wirkt die Moderne Galerie ins Land und nach außen. SZ-Serie „Museen im Land“, Teil 2.

 Roland Mönig mittendrin und recht zufrieden: Die Saarländerinnen und Saarländer entdecken die Moderne Galerie wieder für sich.

Roland Mönig mittendrin und recht zufrieden: Die Saarländerinnen und Saarländer entdecken die Moderne Galerie wieder für sich.

Foto: Oliver Dietze

Im Obergeschoss des Erweiterungsbaues hat Michael Riedel seine Präsentation gerade neu gestaltet. Hier kann man sehen, was der Mann künstlerisch Neues zu sagen hat, der auch die Fassaden und die Freiflächen vor dem Museum zum Kunstort machte. Viel beachtet. Und viel diskutiert.

Doch die Zeit der politischen Diskussionen und Bürgerproteste zur Erweiterung der Modernen Galerie des Saarlandmuseums ist vorüber. Das Museum darf wieder ausschließlich Museum sein. Da ist keine Baustelle mehr, die Management, Marketing und gute Nerven nötig macht.

Vier Jahre hat Museumsdirektor Roland Mönig mit der Baustelle gelebt. Konnte das Museum, das als eines der wichtigsten in Südwestdeutschland gilt, zeitweise gar nicht nutzen. War für eine Weile mit einem Teil der Bestände nach Metz ins Centre Pompidou gezogen. Doch längst ist der „dicke Brocken“, wie er Neubau und Neugestaltung der Modernen Galerie gerne nennt, bezwungen. Auch dank seines Teams, wie er betont. Im Jahr fünf seiner Tätigkeit im Saarland kann er sich auf die reine Museumsarbeit konzentrieren.

Und er weiß schon jetzt, dass er das fünf weitere Jahre wird tun können. Sein Vertrag, der im November – ein Jahr nach Wiedereröffnung des Museums - ausläuft, ist bereits verlängert.

Im November wird er zudem geehrt. Mönig bekommt die „Goldene Ente“ der saarländischen Landespressekonferenz. Die Parlamentsjournalisten würdigen damit „seinen klaren Kommunikationsstil und seine ausdauernde Vermittlungsarbeit“. In der Begründung heißt es, Mönig habe es geschafft, sein Haus in einem geradezu demokratischen Akt zu öffnen und dabei die unrühmliche Entstehungsgeschichte vergessen zu lassen. Mönig habe den Saarländern nicht nur „ihr Museum wieder zurückgegeben“, sondern auch bundesweit für positive Schlagzeilen aus dem Saarland gesorgt.

Die sind um so wichtiger, als die Entstehungsgeschichte des Erweiterungsbaues im Grunde genommen ein mehrjähriger Skandal war. Langwierig und unrühmlich. Seit November nun dürfen Besucher das Museum erleben, wie es in Gänze funktioniert, ohne Baustelle davor, ohne komplizierte Eingänge, größer.

Mehr als 60 000 waren bisher da. Davon alleine 40 000 in der ersten, der eintrittsfreien Zeit. Die hat die ME-Stiftung des Verbandes der Metall- und Elektroindustrie des Saarlandes möglich gemacht

„Ein Museum ist langlebiger als alle Krisen“, sagt Mönig. Jetzt, da alle Steine aus dem Weg geräumt sind, kann er entspannt aus dem Vollen schöpfen. Das Museum hat eine der schönsten Sammlungen der klassischen Moderne. Für die gibt es jetzt mehr Platz, wenngleich von den insgesamt 26 000 Kunstwerken die meisten zumeist im Verborgenen bleiben. 5000 Quadratmeter Ausstellungsfläche stehen seit der Erweiterung zur Verfügung. Besonders beachtlich der so genannte Kathedralenraum mit 14 Metern Höhe. Hier hat die Kalifornierin Pae White ihr künstlerisches Netz gesponnen, in dem sich gerade junge Besucher begeistert verfangen.

Schon früh wurde in Saarbrücken auch Fotografie gesammelt. Ein „mutiger Schritt“, sagt Mönig. Und einer der Schritte, die es ihm nun ermöglichen, das „Museum in seinen Genen zu entwickeln.“ Gerade ist eine Ausstellung des international bekannten Fortografen Hans-Christian Schink zu sehen. Darin auch Bilder aus seiner jüngsten Serie „Hinterland“. Schink war schon einmal da. Hat 2014 auf der Museumsbaustelle fotografiert und 2015 mit anderen Künstlern die Ausstellung „Mapping the Museum“ gestaltet. Der künstlerische Blick auf das Unvollkommene.

So lassen sich denn immer wieder Bögen schlagen vom Museums-Außen in sein Inneres. „Mapping the Museum“ nutzt in mehrfacher Hinsicht die Baustelle, half beim Durchhalten, machte die ersten Besucher neugierig auf das, was da kommen sollte.

Die Saarländer scheinen bereit, „ihr“ Museum wieder für sich zu entdecken. 50 Jahre alt ist es in diesem Jahr. Und die Zahl der Förderer wächst seit der Wiedereröffnung. 170 neue Mitglieder sind hinzugekommen. Für Mönig bedeutet das, dass die „Menschen in der Stadt und im Land uns ihr Vertrauen schenken.“ .

Bleibt die Frage nach den jungen Menschen, denen man nachsagt, dass sie schwer zu gewinnen sind für die Museen. Hier hilft mit Sicherheit Pae Whites Installation - der Hingucker zur Eröffnung. Sie bleibt noch bis ins nächste Frühjahr. Und löste diesen Eintrag ins Gästebuch aus: „Das Museum war eine gute Chillung“ Was wohl heißem soll, dass es einem jungen Menschen gut gefallen hat. Doch Mönig weiß: „Die Jugend wird man nicht mit allen Themen erreichen.“ Und manchmal muss man dazu neue Wege gehen. Das Museum ist auf Instagram, hat sich also einen Zugang geschaffen zur Bilderwelt der jungen Menschen. Das Fotografierverbot, lange eiserner Grundsatz von Museen weltweit, wird aufgehoben. Das wird nicht nur junge Menschen freuen, die es sich längst angewöhnt haben, mittels Bildern zu kommunizieren.

Museen müssen sich anpassen, müssen sich verändern- Das braucht Zeit, oder wie Mönig es ausdrückt: „Ein Museum muss immer einen Langstreckenlauf absolvieren.“ Fest steht: Die Moderne Galerie spielt wieder eine gesellschaftliche Rolle im Land. Wird wertgeschätzt. Die Wirkung nach außen wächst ebenfalls. Andere Einrichtungen im Land suchen die Kooperation. Etwa die Universität. Gerade war eine Gruppe von Theologen da, die an der Universität des Saarlands tagte. Auch das ist Museumswandel: von der jahrelangen Baustelle zum Ort, den man gesehen haben muss. Um möglichst wiederzukommen.

Nicht unbedingt nur von weit her. Die Wege in der Großregion sind nicht arg lang. Knapp hundert Kilometer bis nach Metz und Luxemburg. In diesem Dreieck finden sich drei ganz unterschiedliche Häuser: Saarbrücken mit der festen Sammlung, das Centre Pompidou in Metz als reine Kunsthalle, aber mit internationaler Ausstrahlung und das Musem für Moderne Kunst (Mudam) in Luxemburg mit einer sich entwickelnden Sammlung.

So stellt sich die Frage: Wie kann man sich in der Großregion gemeinsam aufstellen? Konkurrenzdenken ist nicht nötig, dazu sind die Einrichtungen im besten Sinn zu unterschiedlich, kaum zu befürchten, dass sie sich gegenseitig das Wasser abgraben

Ein gutes Beispiel der Zusammenarbeit haben Moderne Galerie und Centre Pompidou während der Bauphase in Saarbrücken bereits geliefert: Die gemeinsame Ausstellung „Entre deux horizonts“ in Metz. Damit haben sich die beiden Einrichtungen geradezu vorbildlich aufeinanderzubewegt. Und einen von Mönigs einprägsamen Sätzen bestätigt: „Ein Museum ist keine Verwahranstalt für Bilder, sondern ein offenes Feld der Möglichkeiten.“

Serie Museen im Saarland: Die SZ stellt in den nächsten Monaten jeweils wöchentlich ein saarländisches Museum vor. Teil 1: Interview mit Meinrad Maria Grewenig, Generaltdirektor des Weltkulturerbes Völklinger Hütte und Präsident des Saarländischen Museumsverbandes (6. Juni). Teil 2: Roland Mönig und die Moderne Galerie. 13. Juni). Teil 3. Museum Haus Ludwig Saarlouis 20.Juni.

 14 Meter hoch ist der so genannte Kathedralensaal, in dem Pae White ihre Installation gespannt hat.

14 Meter hoch ist der so genannte Kathedralensaal, in dem Pae White ihre Installation gespannt hat.

Foto: Iris Maria Maurer
 Der Erweiterungsbau der Modernen Galerie des Saarlandmuseums lockte von Beginn an viele Menschen an. Dieses Foto entstand bei den Tagen der offenen Tür.

Der Erweiterungsbau der Modernen Galerie des Saarlandmuseums lockte von Beginn an viele Menschen an. Dieses Foto entstand bei den Tagen der offenen Tür.

Foto: Iris Maria Maurer
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