Dekan Eric Klein im SZ-Gespräch Zahl der Kirchen steht auf dem Prüfstand

Interview | St Ingbert/Blieskastel · Der katholische Dekan im Saarpfalz-Kreis zur Glaubens- und Finanzkrise im Bistum und den Pfarreien.

 Pfarrer Eric Klein am Taufbecken der Pfarrkirche St. Mauritius in Lautzkirchen.

Pfarrer Eric Klein am Taufbecken der Pfarrkirche St. Mauritius in Lautzkirchen.

Foto: Hans Hurth

Bei einer Pressekonferenz des Bischofs und im Umfeld der Diözesanversammlung wurde unter anderem auch die ziemlich angespannte finanzielle Lage des Bistumshaushalts angesprochen. Danach war klar, dass im Bistum Speyer für den Haushalt 2021 eine Kürzung aller Zuweisungen an die Kirchengemeinden und an andere kirchliche Körperschaften um fünf Prozent gilt. Auch für 2022 und 2023 sind solche strukturellen Einsparungen angekündigt. Die SZ befragte Eric Klein, den Pfarrer der Pfarrei Heilige Familie in Blieskastel, zu den Folgen solcher Ankündigungen. Klein ist auch Dekan im katholischen Dekanat Saarpfalz.

Was bedeuten solche Kürzungen für die katholischen Gemeinden vor Ort?

Eric Klein: Die Einschnitte für den Haushalt der Pfarrei ist sogar noch höher als fünf Prozent. Die sogenannte Schlüsselzuweisung, also der Geldbetrag, den die Pfarrei zur Deckung der Kosten von der Diözese erhält, ist für 2021 nur noch die Hälfte im Vergleich zum Vorjahr. Gleichzeitig fehlen den Gemeinden die Einnahmen durch die Kollekte, Intentionen und auch Spenden sind ebenfalls rückläufig. Auch in den zurückliegenden Jahren war die Haushaltssituation oft angespannt, da beispielsweise die Kosten für Energie oder Arbeitssicherheit gestiegen sind. Die gute Konjunktur, die für eine zusätzliche Finanzhilfe (außerordentliche Schlüsselzuweisung), gesorgt hat, ist durch Corona viel früher weggebrochen. Eigentlich hatten wir vor Ort erst in zwei, drei Jahren damit gerechnet. Konkret heißt dies, dass wir vor Ort massiv sparen müssen. Bereits eine erste Hochrechnung der Fixkosten – Gehälter von Hausmeistern, Sakristaninnen und Organisten, Werksgebühren für Glocken- und Orgelwartung, Energiekosten, laufende Kosten für Telefon oder Internet – übersteigt den oben genannten Finanzrahmen. Es wird 2021 nicht ohne eine Entnahme aus den Rücklagen gehen und die kommenden Monate muss der Verwaltungsrat und der Pfarreirat genau hinsehen, wo Einsparungen möglich und sinnvoll sind. Ein verstärktes ehrenamtliches Engagement oder ein Zuwachs an Spenden ist leider nicht ersichtlich.

Sind Instandhaltungsmaßnahmen an Kirchen, Pfarrhäusern, Pfarrheimen und Kindertagesstätten in Ihrer Pfarrei schon in diesem oder in den Folgejahren betroffen?

Klein: Dies ist eine schwierige Frage, um sie in wenigen Sätzen zu beantworten, da die genannten Bereiche unabhängig voneinander betrachtet werden müssen. Selbstverständlich müssen wir überlegen, ob alle Gebäude in Zukunft unterhalten werden können. Da die Gebäude in eigenen Stiftungen verwaltet werden, muss geschaut werden, ob aus der Vergangenheit in der jeweiligen Stiftung noch Vermögen vorhanden ist, das für die Sanierung verwendet wird. Das kann dazu führen, dass beispielsweise an einem Mietshaus investiert werden kann, da eine Mietrücklage gebildet wurde, aber dieses Geld nicht für das Pfarrheim oder die Kirche verwendet werden kann. Ein anderer Effekt ist, dass der eine Ort über Geld verfügt, während der andere Ort dieses dringend bräuchte. Doch beim Geld hört bekanntlich die Freundschaft oder das Christsein auf. Es gilt also genau zu überlegen, wo saniert und wo eventuell ein Gebäude abgegeben oder verkauft werden kann. Auch eine gemeinsame Nutzung mit der politischen Gemeinde, Vereinen oder in ökumenischer Verbundenheit sind dabei zu berücksichtigen.

Sind die Rückgänge der finanziellen Möglichkeiten auch in den Gremien Ihrer Gemeinde ein Thema?

Klein: Selbstverständlich sind sie das. Schon in den zurückliegenden Jahren haben wir in den Gremien hierüber gesprochen, da von diözesaner Seite auf die erwartende Entwicklung wiederholt aufmerksam gemacht wurde. Der Rückgang kommt also nicht unerwartet, aber schneller als gedacht. Bereits in vergangenen Jahren wurde hier Gelände für Bauplätze zur Verfügung gestellt oder Gebäude verkauft. Hier ist wenig Spielraum. Jetzt sind wir an dem Punkt, dass zu prüfen ist, ob wir alle sechs Kirchen in der Kirchengemeinde Heilige Familie unterhalten können.

 Pfarrer Eric Klein, Pfarrei Heilige Familie Blieskastel.

Pfarrer Eric Klein, Pfarrei Heilige Familie Blieskastel.

Foto: Hans Hurth

Nicht nur im Zusammenhang mit den Finanzen, aber auch dort, hat Generalvikar Andreas Sturm von der Corona-Pandemie als „Brandbeschleuniger“ für viele aktuelle Probleme der Kirche gesprochen. Wie treffend ist diese Beschreibung?

Klein: Durch die Corona-Pandemie hat sich die Situation schneller als erwartet zugespitzt. Auch auf Diözesanebene sind momentan verschiedene Einsparungen im Gespräch. Dies wird uns, egal wie die Entscheidung aussehen wird, vor Ort wehtun. Wer will beurteilen, was wir dringend beibehalten müssen und was wir aufgeben können. Kindertagesstätten, öffentliche Büchereien, Erwachsenenbildung, Pfarrheime, die Kirche im Wohnort - an all diese Annehmlichkeiten und Angebote haben wir uns gewöhnt. Manches ist auch Überbleibsel einer inzwischen veränderten Volkskirche. Hier ist also vieles in Bewegung. Wir wissen, dass sich die Situation verändert hat und ändern muss, aber niemand will die Entscheidung verantworten. Diese Veränderungen machen auch Planungen und Absprachen schwierig. Vielleicht bringen die nächsten Monate in manchen Bereichen etwas Klarheit.

Welche „Brände“ lodern in ihren Gemeinden?

Klein: Es ist eine bewegte Zeit. Kirche hat ihr Gesicht verändert. In den zurückliegenden zehn Jahren ist zum Beispiel die Pfarrei Heilige Familie von 9500 auf 7900 Katholiken geschrumpft. Rein statistisch müsste eine der Kirchen und eine der sechs Kindertagesstätten abgegeben werden, da sie nicht mehr durch die Mitglieder refinanziert sind. Auch der Gottesdienstbesuch ist rückläufig, wofür es verschiedene Gründe gibt. Für manche halten wir eine immense Infrastruktur an Angeboten und Räumen aufrecht, die nur wenige Male im Jahr genutzt wird. Auch das ist ein trauriger Aspekt, der nicht nur etwas mit Corona zu tun hat.

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